Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues
Autoren: Gary Disher
Vom Netzwerk:
hatte, die ein schnelles Verschwinden ermöglichte, und lehnte sich schließlich nach hinten, um zu warten.
    Sieben Uhr. Springett wurde durchgerüttelt, als eine Reihe schwerer LKWs an ihm vorbeifegte. Es war ein Konvoi, Kräne, Kessel, riesige vorgefertigte Platten und Röhren aus Zement für eine Baustelle irgendwo am anderen Ende der Stadt. Das versperrte Springett die Sicht und möglicherweise wäre ihm der Koffer mit dem Schottenmuster nicht aufgefallen, der gegen ein Knie in blauer Uniformhose schlug, hätte er sich in zwanzig Jahren nicht angewöhnt, alles zu ignorieren, was nicht mit dem Job zu tun hatte.
    Zum Glück schaltete die Ampel um und der Verkehr auf der Spencer Street kam lange genug zum Stillstand, um Springett einen längeren Blick auf den Mann mit dem karierten Koffer zu ermöglichen. Er war etwa fünfunddreißig, mittelgroß, hatte ein Allerweltsgesicht mit weicher Haut, über die bisher vermutlich nie eine Rasierklinge geschrammt war. Das einzige Haar auf seinem Schädel war ein lächerlicher Rest Braun, der an den Rändern in rosafarbene Haut überging. Der blauen Mütze nach zu urteilen, die sich der Typ unter den Arm geklemmt hat, ein Pilot oder Flugbegleiter, mutmaßte Springett.
    Das hatte Hand und Fuß, sofern das Geld direkt zu De Lisle nach Sydney ging. Für Mitglieder einer Crew war es leicht, Gepäckkontrollen zu umgehen, und niemand wurde misstrauisch, wenn sie sich auf dem Flughafen oder in einem Flugzeug aufhielten.
    Der Mann ging auf der anderen Straßenseite, vis-à-vis von Niekirk, zurück. Springett beobachtete ihn genau, denn er erwartete, dass er mit Niekirk Kontakt aufnehmen werde, doch er rannte über die Straße und stieg in den Bus zum Flughafen.
    Auch das hatte Hand und Fuß. Der Kurier würde das Risiko, den eigenen Wagen zu benutzen, nicht eingehen, und er würde auch nicht riskieren, dass ein Taxifahrer die Fahrt eintrug, eines von vielen Daten, die festhalten, wer wir sind, wo wir uns aufgehalten haben, und die eines Tages gegen uns verwendet werden können. Der Fahrer des Flughafenbusses, der die Route mehrere Male die Woche fuhr, würde sich nicht an den Kurier erinnern.
    Das alles verhalf Springett zu einem schärferen Bild von De Lisle, von einem Mann, der alles daransetzte, dass jeder, der für ihn arbeitete, sich ins Zeug legte, sich bedeckt hielt und jegliche Spur verwischte, die zum Kopf des Ganzen führen könnte. Was vermutlich erklärte, weshalb Niekirk geblieben war und herausfinden wollte, wer das Geld abholte. Auch Springett arbeitete höchst ungern auf der Basis unzureichender Fakten. Wissen war Macht.
    Doch Springett erkannte auch, dass er immer noch nicht die Spur einer Ahnung hatte, wer nach dem Brighton-Bankraub im Februar die Tiffany-Brosche eingesackt haben könnte. Es wurde Zeit, die Dinge ein wenig voranzutreiben. Niekirk war in einem Motel in St. Kilda untergeschlüpft. Da wird er bleiben, dachte Springett. Zuerst muss ich von Lillecrapp wissen, ob Riggs und Mansell nach ihrem Verschwinden vom Platz eine linke Nummer abgezogen haben.

    SECHS

    Nachdem sie Niekirk und das Geld zurückgelassen hatten, waren Riggs und Mansell Richtung Norden gefahren. Während Mansell den Range Rover über die Straßen steuerte, die sich durch das Farmland jenseits der Hügel des Yarra Valleys schlängelten, suchte Riggs hektisch das FM-Band des Autoradios ab und produzierte so jede Menge Geräuschfetzen. Dort, wo 3UY hätte sein sollen, war nichts außer einem schwachen Rauschen. Er schaltete ab und lehnte sich im Sitz zurück. »Hab den Leuten heut Nacht richtig was Gutes getan. Endlich Schluss mit Golden Oldies.«
    Mansell verlangsamte vor einer Haarnadelkurve. »Was hast du mit ihm gemacht?«
    »Hab ihm eine übergebraten und ihn an seinen Stuhl gefesselt.«
    Mansell schüttelte den Kopf. »Mann, Riggsy.«
    »Was?«
    »Das macht ’nen schlechten Eindruck. Solche Sachen bringen die Leute hier auf die Palme.«
    Riggs spürte, wie Wut in ihm hochstieg. »Du warst nicht dabei, Mann. Er wollte ans Mikro.«
    »Und wenn du ihn nun umgebracht hättest?«
    »Wenn ich an den Mist denke, den er gespielt hat, hätte ich ihn eigentlich erledigen müssen«, erwiderte Riggs.
    Mansell konnte nicht anders, er musste kichern. Er zitierte Niekirk und imitierte dabei dessen emotionslose Stimme: »›Schnell und sauber, das ist unser Markenzeichen. Wir tauchen auf aus dem Nichts, ziehen den Job durch und verschwinden, ohne eine Spur zu hinterlassen.‹«
    Riggs lachte rau.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher