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Poor Economics

Poor Economics

Titel: Poor Economics
Autoren: Abhijit Banerjee , Esther Duflo
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organisiert. Ein Krankenhaus beispielsweise kann ganz verschieden ausgestattet und geführt werden.
     
    Alle, die über Entwicklungshilfe diskutieren, sind sich im Grundsatz einig, nämlich dass wir den Armen helfen sollten, wenn wir können. Das überrascht nicht wirklich. Der Philosoph Peter Singer leitet aus dem moralischen Imperativ die Pflicht ab, das Leben von Menschen zu retten, die wir nicht kennen. Er sagt, die meisten Leute seien bereit, 1000 Dollar zu opfern, um ein Kind zu retten, das vor ihren Augen in einem Teich ertrinkt, 9 und meint,
man dürfe keinen Unterschied machen zwischen dem ertrinkenden Kind und den neun Millionen Kindern, die alljährlich vor ihrem fünften Geburtstag sterben. Viele Menschen teilen die Auffassung von Amartya Sen, Wirtschaftsphilosoph und Nobelpreisträger, dass Armut zu einer unglaublichen Vergeudung von Talent führt. Nach seinen Worten ist Armut mehr als der Mangel an Geld, Armut bedeutet, nicht die Möglichkeit zu haben, alle seine Potenziale als Mensch zu entfalten. 10 Ein armes afrikanisches Mädchen wird höchstens ein paar Jahre zur Schule gehen, selbst wenn es hochintelligent ist, es wird nicht die Nahrung erhalten, die es bräuchte, um die Weltklasse-Athletin zu werden, die es sein könnte, und es wird nicht das notwendige Geld bekommen, um eine außergewöhnliche Geschäftsidee zu verwirklichen.
    Gewiss, dieses vergeudete Leben muss die Menschen in den entwickelten Ländern nicht unbedingt direkt betreffen, und doch ist es nicht auszuschließen: Die junge Frau könnte als HIV-positive Prostituierte enden, die einen amerikanischen Touristen infiziert, der diese Krankheit mit nach Hause nimmt, oder sie könnte einen antibiotikaresistenten Tuberkuloseerreger entwickeln, der irgendwie seinen Weg nach Europa findet. Hätte sie zur Schule gehen können, wäre sie vielleicht zur Entdeckerin eines Mittels gegen die Alzheimer-Krankheit geworden. Oder vielleicht wäre es ihr ergangen wie Dai Manju, einem chinesischen Mädchen, das dank des Fehlers eines Bankangestellten die Schule besuchen konnte und am Ende ein Wirtschaftstycoon wurde, der Tausende von Menschen beschäftigt (in ihrem Buch Die Hälfte des Himmels erzählen Nicholas Kristof und Sheryl WuDunn die Geschichte von Dai Manju). 11 Und selbst wenn das Mädchen nicht so viel erreichen würde, warum sollte es keine Chance bekommen?
    Die größten Unstimmigkeiten treten auf, wenn wir uns der Frage zuwenden: »Wie kann man den Armen wirksam helfen?« In seiner Aufforderung, anderen zu helfen, geht Peter Singer davon aus, dass klar ist, was getan werden muss. Der moralische Imperativ, sich den Anzug zu ruinieren, ist eindeutig weniger stark, wenn man gar nicht schwimmen kann. Singer macht sich deshalb
die Mühe und führt in seinem Buch Leben retten konkrete Beispiele dafür auf, was die Leser tun können; diese Liste wird auf seiner gleichnamigen Website regelmäßig aktualisiert. 12 Kristof und WuDunn machen dasselbe – aus dem gleichen Grund: Über die Probleme der Welt zu reden, ohne ein paar gangbare Wege zu ihrer Lösung aufzuzeigen, lähmt eher, als dass es hilft.
    Deshalb bringt es mehr, in konkreten Problemen mit spezifischen Lösungen zu denken als ganz pauschal in ausländischer Unterstützung – also mehr »Hilfe« statt »Entwicklungshilfe«. Ein Beispiel: Nach einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation WHO starb 2008 fast eine Million Menschen an Malaria, die meisten davon waren afrikanische Kinder. 13 Wir wissen, dass viele Leben gerettet werden könnten, wenn die Menschen unter mit Insektiziden behandelten Moskitonetzen schlafen würden. Wie Studien zeigen, sinkt die Neuerkrankungsrate in Malariagebieten auf die Hälfte, wenn die Menschen solche Netze benutzen. 14 Welches ist dann der beste Weg, um zu erreichen, dass Kinder unter Moskitonetzen schlafen?
    Es kostet etwa 10 US-Dollar, eine Familie mit einem mit Insektiziden behandelten Moskitonetz zu versorgen und ihr seinen Gebrauch zu erklären. Sollten Regierungen oder Nichtregierungsorganisationen nun kostenlos Moskitonetze verteilen? Oder sollte man die Familien auffordern, sich solche Netze anzuschaffen, und diese eventuell zu subventionierten Preisen anbieten? Oder sollte man die Netze zum Marktpreis verkaufen? Die Antworten auf diese Fragen liegen keineswegs auf der Hand. Trotzdem vertreten viele »Experten« stramme Positionen, für die es kaum Belege gibt.
    Malaria wird von Stechmücken übertragen. Interessanterweise gibt es so etwas wie
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