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Ploetzlich Mensch

Ploetzlich Mensch

Titel: Ploetzlich Mensch
Autoren: Mary-Anne Raven
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er die Umrisse der Frau, die noch immer den Ast in ihren Händen hielt. Ihr vor Anstrengung bebender Körper zeichnete sich deutlich vor dem hellen Blau des Himmels ab.
    Sie musste ihn aus dem Schatten hinaus in die Sonne getrieben h a ben, doch er hatte keine Kraft mehr, um zurück in den Schutz der Bäume zu kriechen. Sein Körper war offenbar so schwer verletzt, dass er nicht einmal die Verbrennungen der Sonnenstrahlen spürte. Aber das war vermutlich besser so.
    War’s das also? Würde das hier sein Ende sein? Von der Sonne ve r brannt, bis nur noch ein Häufchen Asche von ihm übrig blieb.
    „ Das … das soll dir eine Lehre sein … nachts über hilflose Frauen herzufallen“, erklang die keuchende Stimme seines ehemaligen Opfers. Er blinzelte schwach in ihre Richtung.
    „ Ich glaube, ich hab’s kapiert.“
    Einen Augenblick lang herrschte Stille. Nur ihr Atem war zu hören. Sonst geschah nichts. War sie endlich fertig mit ihm?
    „ Warum verbrennst du nicht, du verdammter Mistkerl?“
    Er blinzelte erneut und schon diese kleine Bewegung verursachte ein unangenehmes Dröhnen in seinem Kopf.
    „ Tue ich das nicht?“ Sein Körper war ein einziger Schmerz. Er hatte mittlerweile keine Ahnung mehr, ob seine Haut bereits Blasen schlug oder vielleicht in Flammen stand.
    „ Nein, verdammt.“ Sie war immer noch sauer. Er konnte mit Mühe erkennen, dass sie den Knüppel sinken ließ. „Du bist doch ein Vampir, oder?“
    „ Ja.“ Er hatte keinen Grund sie anzulügen. Nach seinem Biss letzte Nacht war klar, was er war.
    „ Warum verbrennst du dann nicht?“
    „ Keine Ahnung.“ Er hatte keine Lust, diese unsinnige Diskussion weiterzuführen. Konnte sie ihn nicht einfach in Ruhe hier liegen und sterben lassen?
    Es dauerte einen Moment, bevor sie mühsam beherrscht weiter sprach: „Du … du wolltest mich gestern Nacht töten, oder?“
    „ Nein! Ich wollte nur einen kleinen Mitternachts-Snack nehmen und hätte dich danach lebend wieder laufen lassen.“ Er bemühte sich um einen glaubwürdigen Tonfall.
    Damit du danach aller Welt erzählen kannst, dass ein Vampir im Park über dich hergefallen ist. Und eine Stunde später die Bullen mein Haus stürmen. Träum weiter, Kleine, fügte eine sarkastische Stimme in se i nem Kopf hinzu.
    „ Lüg mich nicht an. Du wolltest mich töten.“
    Konnte sie ihn nicht endlich in Ruhe lassen?
    „ Kluges Mädchen. Warst bestimmt die Beste beim Elfen-Abitur.“ Sein herablassendes Lachen verstärkte das Dröhnen in seinem Kopf nur noch. „Fragt sich nur, was schiefgelaufen ist, dass du jetzt hier st e hen und mich verprügeln kannst.“
    „ Scheißkerl!“ Ihre Fußspitze traf mit Wucht seine Magengrube und ließ ihn wie ein Taschenmesser zusammenklappen.
    Verdammt! Konnte er nicht ein Mal in seinem Leben die Klappe ha l ten?
    „ Warum hast du es nicht wenigstens zu Ende gebracht?“, fragte sie in einem Tonfall, den er nicht zu deuten wusste.
    Was sollte das jetzt? Hörte er da einen Hauch Todessehnsucht? Er versuchte sich wieder auf den Rücken zu drehen, um ihr Gesicht sehen zu können, doch seine Augen vermochten nach wie vor nur Umrisse zu erkennen. Sie stand noch immer über ihm, noch immer den Knü p pel in ihrer Hand, noch immer bereit, weiter auf ihn einzuschlagen.
    Plötzlich fuhr ihr Kopf herum. Hatte sie etwas gehört? War da ein Geräusch gewesen? Kam etwa jemand hierher?
    Ein Funke Hoffnung keimte in ihm auf. Für einen Passanten, der jetzt hinzukam, würde zweifellos er das hilflose Op f er sein und nicht die Frau mit dem Knüppel. Er hatte nichts zu verlieren. Er nahm all seine noch verbliebene Kraft zusammen. „Hilfe. Hilfe!“
    Die Bewegungen der Frau wurden hektisch. Nervös trippelte sie von einem Fuß auf den anderen, den Kopf immer wieder zur Seite we n dend. Schließlich schien sie einen Entschluss gefasst zu haben. „Bete, dass du mir nie wieder begegnest“, zischte sie und versetzte ihm einen weiteren Tritt. Dann lief sie davon.
    Er blickte ihr nach, bis sein verschwommener Blick sie nicht mehr von den Schatten der Bäume unterscheiden konnte. Frustriert und en t kräftet sank er zurück in das noch taunasse Gras und starrte beno m men hinauf in den blauen Himmel.
    „ Ich lebe noch“, stellte er erstaunt fest. „Warum, zum Teufel, lebe ich noch?“ Dann schwanden ihm die Sinne.
     
    *
     
    So schnell sie konnte, entfernte sich Clara von dem am Boden liege n den Mann. Die Wut brannte noch immer wie Feuer in ihrer Brust. Ein Feuer, das nur durch
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