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Phantom

Phantom

Titel: Phantom
Autoren: Patricia Cornwell
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jemand hat ein Muster reingeritzt?«
    »Ich glaube, jemand hat versucht, etwas zu beseitigen, und als das nicht funktionierte, entfernte er Haut und Fleisch.«
    »Und was wollte er beseitigen?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete ich. »Der Junge hatte keine Tätowierungen, Narben oder Muttermale an diesen Stellen, und deshalb nehme ich an, daß ihm etwas beigebracht wurde, das anschließend entfernt werden mußte, weil es einen Hinweis auf den Täter hätte geben können.«
    »So was wie Zahnspuren?«
    »Ja.«
    Der Körper war noch nicht ganz ausgekühlt, als ich die Stellen zu säubern begann, die im Krankenhaus übersehen worden sein konnten oder aus Vorsichtsgründen unberücksichtigt geblieben waren. Ich überprüfte die Achselhöhlen, die Gesäßfalten, den Nabel, schaute in und hinter die Ohren, schnitt Schnipsel von den Fingernägeln, die ich in sterile Tütchen fallen ließ, und durchsuchte die Haare nach Fasern und anderen Fremdkörpern.
    »Suchen Sie was Bestimmtes?« fragte Susan schließlich. Ich spürte ihre Anspannung.
    »Getrocknete Samenflüssigkeit, zum Beispiel.«
    »In der Achselhöhle?«
    »Dort, in jeder Hautfalte, in jeder Körperöffnung – überall.«
    »Für gewöhnlich suchen Sie an diesen Stellen aber nicht.«
    »Dies ist ja auch kein gewöhnlicher Fall.«
    Ich machte mich daran, jeden Quadratzentimeter der Leiche mit der Lupe zu untersuchen. Als ich zu den Handgelenken kam, drehte ich die Hände so oft hin und her und studierte sie so lange, daß Susan fragte: »Ist da was?«
    Ich zog die Diagramme auf meinem Clipboard zu Rate und verglich jede Therapieverletzung mit denen, die ich aufgezeichnet hatte. »Wo sind seine Unterlagen?« fragte ich.
    »Da drüben.« Susan holte sie von einem Tisch. »Was ist denn los?«
    »Einen Moment noch«, vertröstete ich sie. Ich ging die Berichte durch. Besonders aufmerksam las ich den der Ambulanzbesatzung. Nirgends wurde erwähnt, daß Eddies Hände gefesselt waren. Ich versuchte, mich zu erinnern, was Detective Trent gesagt hatte, als er mir beschrieb, wo und in welcher Haltung der Junge gefunden worden war. Hatte er nicht gesagt, die Arme hätten seitlich herabgehangen?
    Susans Ungeduld wuchs. »Haben Sie was entdeckt?«
    »Sie müssen durch die Lupe schauen. Da! An den Unterseiten der Handgelenke, besonders hier am linken, links vom Handwurzelknochen! Erkennen Sie die Gummierungsreste, die Spuren eines Klebebandes? Sieht aus wie verschmierte Schmutzflecke.«
    Susan starrte, die Schulter gegen meine gedrückt, angestrengt durch das Vergrößerungsglas. »Ja, jetzt seh’ ich’s! Da kleben ein paar Fasern dran.«
    »Und die Haut ist glatt«, fuhr ich fort »An diesen Stellen sind weniger Körperhaare.«
    »Weil sie beim Entfernen des Klebebands ausgerissen wurden!«
    »Genau. Wir werden Haare vom Handgelenk als Muster nehmen. Die Gummierungsreste und die Fasern können dann mit dem Klebeband verglichen werden, mit dem er gefesselt war – falls man es je findet. Und wenn, kann man feststellen, von welcher Rolle es stammt.«
    Susan richtete sich auf und schaute mich überrascht an: »Sie glauben nicht, daß das Reste der Klebebänder sind, mit denen die Infusionsnadeln befestigt waren?«
    »Sie haben doch gesehen, wo die Nadeln steckten, als er gebracht wurde! Die Rückstände an diesen Stellen haben nichts damit zu tun.«
    Susan wurde rot. »Stimmt«, gab sie kleinlaut zu.
    »Machen wir Fotos!« sagte ich. »Und dann nehme ich die Kleberreste ab und gebe sie der Spurenauswertung.«
    »Der Junge lehnte an einem Müllcontainer. Das muß ja ein Alptraum für die Leute von der Spurenauswertung sein«, meinte Susan.
    »Das hängt davon ab, ob die Kleberreste an den Handgelenken in Kontakt mit dem Boden waren.« Ich begann die Rückstände mit einem Skalpell abzuschaben.
    »Ich glaube kaum, daß die dort staubgesaugt haben«, sagte Susan.
    »Das glaube ich auch nicht. Aber ich hoffe, daß wir wenigstens die zusammengefegten Reste kriegen, wenn wir ganz lieb darum bitten.«
    Ich examinierte Eddies dünne Unterarme und Handgelenke weiter, wobei ich vor allem nach Quetschungen und Abschürfungen suchte, die ich vorher vielleicht übersehen hatte. Ich fand keine mehr.
    »An den Knöcheln kann ich keine Stellen finden, wo Haare fehlen, auch keine Kleberreste«, sagte Susan vom anderen Ende des Tisches her. »Verletzungen auch nicht. Wie es scheint, sind seine Füße nicht gefesselt gewesen – nur die Hände.«
    Meine Untersuchungsergebnisse irritierten mich:
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