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Peter Leingartners Kuechenwelt

Peter Leingartners Kuechenwelt

Titel: Peter Leingartners Kuechenwelt
Autoren: Ede Emm
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schon intensive Vorbereitungen erst organisatorischer, dann fachlicher Akt gepflogen – ‘wir’, das war die österreichische Koch-Nationalmannschaft, alles ausgesuchte und erfahrene Spezialisten. Der Schriftverkehr war erledigt, die Visa waren besorgt, das Team war aufeinander eingespielt, die Proben für den ‘Ernstfall’ wurden zunehmend intensiver, zwei Tage noch bis zum Abflug… Da erkrankte der vorgesehene Patissier plötzlich, an seine Teilnahme war nicht mehr zu denken. Seine gesamte langwierig-akribische Patisserie-Vorarbeit war dadurch nun für uns völlig nutzlos geworden. Was tun? Sollten wir alle dableiben – auch unsere anderweitigen Vorarbeiten umsonst gewesen sein – und alle Investitionen?

    Als Mannschaftsführer blieb mir nur, etwas gänzlich Unkonventionelles zu riskieren: einen Achtzehnjährigen in internationalen Wettbewerbs-Usancen noch völlig un-erfahrenen Jungkollegen als Blitz-Einspringer zu berufen – Reinhard Sailer.

    Freilich war Reinhard auch schon damals nicht “irgendwer”, sondern hatte es als eine Art “Jung-Star” trotz seines geringen Alters schon zum Chef-Patissier im Steigenberger-Hotel Alpenkönig, Seefeld, gebracht. Fachlich also war mein Risiko leicht zu tragen, nur: Bei solchen Spitzenwettbewerben kommt es – und das trifft in ganz besonders unverzichtbarem Maße gerade auf die Moderichtung “Kalte Schau-Patisserie” zu – zum über-wiegenden Teil auf die Abwicklungserfahrung an, auf das Wissen um die im Wettbewerbsleben gerade aktuellen, ja gar zukunftsweisenden up-to-date-Trends, auf das Kennen “gewohnter” Standards anderer internationaler Wett-bewerbe. Was die Konkurrenz vorgeben könnte, muss man selber schon im Vorhinein erahnt und darauf reagiert haben – die “Kalte Patisserie” bei Weltmeisterschaften ist nämlich eine reine Angelegenheit der Vorbereitung. Die entsprechenden Präsentations-Schauplatten werden von den Mannschafts-Patissiers daheim in Ruhe und nach allen Regeln der Kunst zur Gänze vorgefertigt und zum Wett-bewerb dann in Spezialcontainern mitgebracht. Diese Möglichkeit war durch die Kürze der Zeit nun für uns weggefallen.

    Wie dem auch sei, mithilfe unserer Botschaft war ein Blitz-Visum zur Stelle, Schnell wurde das notwendigste Handwerkszeug gepackt, und in wahrer Nacht-und-Nebel-Aktion trat Reinhard Sailer zur Wettbewerbsteilnahme in Chicago an.

    Unsere Vorbereitungsküche befand sich im “Bismarck-Hotel”, einem der feinsten Häuser in Chicago, mit dessen Küchenchef – übrigens ein gebürtiger Österreicher – ich gleich nach unserer Ankunft ‘Kriegsrat’ hielt: Ohne erfahrene Hilfe, darüber waren wir ‘alten Hasen’ uns einig, konnte Reinhard die zum Wettbewerb vorgeschriebenen Arbeiten niemals mehr rechtzeitig fertig bringen. Hochfeine Gebilde aus erlesenenstem Zuckerguss, schwierigsten Marzipan-Verästelungen und kunstvollstem Schokolade-Dekor waren sorgsam-professionell und nach bestem Können anzufertigen.

    Unmöglich konnten wir Reinhard mit seinen “Kalten Schauplatten” auf sich allein gestellt “im Regen stehen” lassen. Schnelle Hilfe tat not. Und wirklich war mit Unterstützung unseres Freundes aus dem Bismarck-Hotel willige Hilfe bald gefunden: ein Jamaicaner, gelernter Koch, und ein – ja, ein Franziskaner-Pater aus Nashville.

    Die kurze Zeit wurde von den Dreien in härtester Tag-und-Nacht-Arbeit genutzt. Jeder trug sein Bestes bei – der Franziskanerpater war zwar eigentlich Spezialist für die vegetarische Küche, aber in früheren Zeiten – vor dem Eintritt in den Orden, so erzählte er uns -, hatte er eine fachgemäße Lehre als Patissier hinter sich gebracht.

    Immerhin – Bäume waren in der kurzen Zeit keine auszureißen gewesen – das Ergebnis wurde von der WM-Jury im guten hinteren Drittel gereiht. Unter den gegebenen Umständen in diesem höchst professionellen Umfeld ein echter Achtungs-Erfolg – und ohne den uneigennützigen Beistand der jamaicanisch-klösterlichen Hilfsmannschaft wäre die Sache wohl schlecht aus-gegangen. Danke liebe Freunde! (Vielleicht gibt’s in irgend-einem Franziskanerkloster zur feinmundigen Kresse-Suppe künftig ab und zu auch kunstvoll-grüne Marzipan-Blätt-chen am Tellerrand drapiert… – gelernt ist gelernt!)

    Der Vollständigkeit halber, und um sein Licht ins rechte Fenster zu stellen, muss noch gesagt werden, dass Reinhard im Wettbewerbsteil Zwei, “Warme Patisserie”, indem jeder Patissier ohne Vorbereitungsmöglichkeit ganz auf
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