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Perlentod

Perlentod

Titel: Perlentod
Autoren: Juliane Breinl
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sollte. Noch konnte sie eine Ausrede erfinden und Miriam eine Abfuhr erteilen.
    Gerade, als sie sich fürs Mitgehen entschieden hatte, fiel ihr ein, dass die paar Euro, die sie für das Schulessen dabeihatte, niemals für eine Pizza reichen würden. Mist! Wenn sie bei Miriam mit einem popeligen Sandwich vom Schulkiosk antanzte, bot sie gleich wieder Stoff für doofe Kommentare. Andererseits fand die Clique es bestimmt auch nicht cool, wenn sie sie um Geld anpumpte. Die Glocke ertönte und Senta seufzte. Es war entschieden. Miriam stand, umringt von ihren Hofdamen, wie Senta Lolle, Kim und Rita nannte, im Spindraum. Betont lässig schob sich Miriam eine Zigarette hinter das Ohr. Die Geste erinnerte Senta an Riko und versetzte ihr einen Stich ins Herz.
    »Ich komme doch nicht mit. Trotzdem danke für dein Angebot«, sagte sie mit fester Stimme und sah Miriam direkt in die Augen. »Echt nicht?« Miriam klang aufrichtig verwundert. »Ich wohne hier gleich um die Ecke.« Die anderen drei musterten Senta neugierig. Offensichtlich konnten sie nicht fassen, wie die Neue so ein exklusives Angebot ausschlagen konnte.
    »Ich habe nicht genug Geld für Pizza und leihen will ich mir auch nichts von euch«, entschied sie sich für die Wahrheit.
    »Kein Problem«, Miriam lächelte. »Wir schmeißen sowieso immer unser Geld zusammen und bestellen zwei Megapizzen, die wir dann teilen. Wie viel Geld hast du dabei?«
    »Drei Euro«, antwortete Senta perplex. Nie hätte sie damit gerechnet, dass Miriam versuchen würde, sie umzustimmen. Lolle, Kim und Rita anscheinend auch nicht. Sie glotzten wie hypnotisiert, als Miriam verkündete, drei Euro würden locker reichen.
    »Kommt ihr oder wollt ihr hier Wurzeln schlagen«, rief sie ihrem Gefolge lässig zu und zog Senta sanft am Ellbogen mit sich.
    »Der Herzer steht auf unserer Abschussliste ganz oben, musst du wissen. Aber bisher haben wir noch nie einen guten Treffer bei ihm landen können«, begann Miriam, im Plauderton in Sentas Ohr zu wispern. »Du hast es heute geschafft! Und dabei auch noch so cool nachgefragt, ob du das Fenster öffnen sollst. Irre!«
    »Na ja«, seufzte Senta und wollte gerade zu einer Erklärung ansetzen, dass ihr gar nicht bewusst gewesen war, was sie da anzettelt, als sich Miriams Erdbeermund öffnete: »Das hättet ihr wahrscheinlich nicht fertiggebracht, Mädels. Vielleicht haben wir Senta die ganze Zeit unterschätzt.«
    Die drei nickten angesäuert und Senta schluckte ihren Einwand herunter. Stattdessen sagte sie lässig: »Hey, was soll die Aufregung. Ich habe lediglich die Geschichte meiner Urgroßeltern erzählt. Verstehe gar nicht, warum das den Herzer so mitgenommen hat.«
    »Der hat dich jetzt für immer und ewig auf dem Kieker«, meinte Lolle lachend. Senta lachte mit, obwohl sie nicht wirklich froh darüber war, bei dem meistgefürchteten Lehrer der Schule in Ungnade gefallen zu sein. Blieb zu hoffen, dass er im nächsten Schuljahr nicht ihr Deutschlehrer werden würde.
    Miriam wohnte keine drei Häuserblocks weiter. Und wie sie wohnte! Sie stieß ein großes schmiedeeisernes Tor auf und schritt, gefolgt von ihren Hofdamen und Senta eine mit weißem Kies bestreute Auffahrt entlang. Direkt auf eine herrschaftliche Jugendstil-Villa zu. Miriam sprang federnd die ausladende Freitreppe nach oben, als im selben Moment die schneeweiße Eingangstür mit Goldknauf von innen geöffnet wurde. Eine groß gewachsene, schlanke Frau mittleren Alters blickte auf die fünf Mädchen herab und sagte zu Miriam gewandt: »Dein Vater empfängt wichtige Klienten. Verhaltet euch still und gesittet.«
    Offensichtlich handelte es sich bei der Frau um Miriams Mutter. Alle Mädchen gaben ihr die Hand zur Begrüßung. Als Senta an der Reihe war, stellte sie überrascht fest, dass der Händedruck so gar nicht zu dem straffen Erscheinungsbild der Frau passte. Die Hand von Miriams Mutter lag in ihrer wie ein toter Fisch. Im Inneren der Villa sah es aus wie in einem Möbelhaus. Senta hätte sich nicht weiter gewundert, wenn ihnen ein Butler begegnet wäre und nach ihren Wünschen gefragt hätte.
    In Miriams riesigem Zimmer, in dessen Mitte eine ausladende, fast runde Couch thronte, ließen sich die Mädchen die Pizza schmecken. Angewidert stellte Senta fest, dass Kim beim Kauen den Mund weit öffnete und schmatzte.
    Die Zeit verging schnell, Miriam erzählte von ihrer neusten Eroberung und die Hofdamen folgten ihrem Redeschwall mit voller Aufmerksamkeit. Philipp, ihr Schwarm,
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