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Perlen im Sand

Perlen im Sand

Titel: Perlen im Sand
Autoren: Pepper Espinoza
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nach vorn. »Bitte versteh mich nicht falsch. Ich sage das nicht deinetwegen.«
    »Ich verstehe schon. Das ist eine große Chance für uns beide. Wie wichtig ist es dir, Priester zu werden?«
    »Ich habe immer gedacht, dass es das Einzige ist, was ich wirklich will. Das könnte sich aber nur so angefühlt haben, weil ich die Alternativen nicht gekannt habe.«
    »Warst du einsam?«
    »Was?«
    Brace lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Ich möchte nicht unhöflich sein. Aber deine Eltern haben für die letzte Zeremonie morgen keine Gästeliste zusammengestellt. Und ich weiß, dass deine Geschwister älter sind als du. Warst du einsam?«
    »Im Tempel war ich nie einsam.«
    Brace nickte. Diese Antwort hatte er erwartet. Möglicherweise erklärte das sogar, warum Jag es für richtig gehalten hatte, die Hochzeit nicht abzusagen. Vielleicht wollte ein Teil von Jag jemanden, der ihm ungeteilte und uneingeschränkte Aufmerksamkeit und Zuneigung schenkte.
    »Hast du im Tempel studiert?«
    »Ja.«
    »Du müsstest nicht damit aufhören.«
    »Du willst nicht, dass ich deinen Haushalt führe, mein Studium soll ich auch nicht abbrechen und offensichtlich suchst du nicht nach einer Ehefrau. Was willst du von mir?«
    »Einen Partner. Ich habe niemanden, mit dem ich die Feiertage verbringen kann, deshalb kann ich auch keine angemessenen Rituale vollziehen. Ich bin durchs ganze Land gereist und habe unzählige wunderschöne Dinge gesehen, die ich aber nie mit jemandem teilen konnte. Ich habe niemanden, mit dem ich mich beim Abendessen unterhalten kann, und niemanden, der mit mir frühstückt. Ich hätte nie gedacht, wie anstrengend es ist, allein zu sein.« Verlegen lächelnd wandte Brace den Blick ab. »Das klingt sicher sehr erbärmlich.«
    »Nein, tut es nicht. Es klingt ehrlich.« Eine kleine Pause folgte. »Ich weiß, wie sich das anfühlt. Ich wurde wie ein Einzelkind aufgezogen, weil meine Geschwister bereits ausgezogen waren, und meine Mutter wollte mich für die Priesterschaft rein halten. Einen Großteil der Zeit habe ich allein verbracht.«
    »Dann ist das unsere Chance, etwas zu ändern.«
    »Genau. Bin ich, was du erwartet hast?«
    »Ja. Mehr oder weniger. Deine Mutter hat dich gut beschrieben. Sie hat erzählt, dass du Priester werden willst und dass du im Tempel studierst. Außerdem hat sie mir dein Alter und deine Augenfarbe verraten. Aber ich glaube, ich war trotzdem ein wenig überrascht.«
    »Wovon?«
    »Sie hat mir von dem vorgeschwärmt, was du bist. Aber ich glaube, ich beginne jetzt zu erkennen, wer du bist.«
    »Wer bin ich?«
    Brace zupfte einen Fussel von seiner Hose. Er hatte nicht erwartet, dass der junge Mann seine Fragen so geradeheraus stellen würde, aber es gefiel ihm. Die klaren Fragen offenbarten einen neugierigen und angeregten Geist. Jag wollte alles über die Welt wissen. Er wollte die Menschen verstehen, die er kennenlernte. Brace würde ihn nicht davon abhalten.
    »Du bist ein guter Mensch. Du nimmst sowohl das Leid als auch die Freuden dieser Welt wahr. Du bist ehrenhaft, sonst wärst du jetzt nicht hier. Du bist intelligent, was aber nicht allein daran liegt, dass du viele Bücher gelesen hast.«
    »Das hast du alles nach einer einzigen gemeinsamen Mahlzeit erkannt?«
    Brace lächelte. »Du bist wie ein offenes Buch. Ich kann in deinen Augen lesen. Aber ich würde es sehr begrüßen, wenn ich die Zeit hätte, mehr über dich zu erfahren.«
    »Und nicht nur, weil du einsam bist?«
    »Nein. Sondern weil du du bist.«
    »Ich möchte auch mehr über dich erfahren«, gestand Jag. »Vielleicht sollten wir mit dem nächsten Schritt des Rituals beginnen.«
    Brace bewegte sich nicht sofort. Er wollte es. Er wollte die Kleidung vom perfekten Körper seines Bräutigams reißen. Aber Jags Verwegenheit überraschte ihn. Jag musste die Verblüffung auf seinem Gesicht gesehen haben.
    »Ich weiß, das war ein wenig… direkt. Aber ehrlich gesagt, denke ich oft darüber nach. Und ich finde dich…« Eine leichte Röte stieg ihm in die Wangen. »Ich hatte befürchtet, dass ich dich nicht anziehend finden würde.«
    »Aber das tust du?«
    »Ja. Würde es dich stören, wenn ich mich noch nicht… entschieden hätte?«
    Verwirrt zog Brace die Augenbrauen zusammen. »Dich entschieden hättest? Meinst du, ob du mit mir zusammen sein willst?«
    »Ja. Ich will nicht, dass du denkst, dass ich…« Jag unterbrach sich, um den Rest seines Weins hinunterzustürzen. »Vielleicht sollten wir nicht so viel nachdenken und
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