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Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)
Autoren: Heike Koschyk
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Heiterkeit hatte sich über den Konvent gelegt. Der sanfte Wind trug jubilierende Gesänge vom Nonnenchor herüber, wo die Schwestern das Nunc gaudeant für den morgigen Tag einübten.
    Elysa schlüpfte rasch in ihre Tunika von schimmerndem Weiß mit hochgeschnürter Taille, die ein bestickter Gürtel zierte. Den blaugesäumten Umhang verschloss sie mit einer runden Fibel, dann verließ sie das Gebäude auf der Suche nach Clemens von Hagen, mit dem sie am Vortag von Mainz aus angereist war.
    Sie fand ihn im Gespräch mit der Äbtissin, die Elysa sogleich herbeiwinkte.
    »Schwester Johanna sucht dich, rasch, du findest sie in der Bibliothek.«
    Elysa wandte sich um, nicht, ohne Clemens mit gekreuzten Fingern zuzulächeln, ihr Zeichen der Liebe und Verbundenheit, das sie sich seit jenem Tag, an dem sie nach Mainz aufbrachen, zugedacht hatten.
    Auf dem Weg zur Bibliothek gedachte sie all der Wärme und Zuneigung, die sie miteinander verband, und auch wenn sie sich nicht offen zueinander bekennen durften, so spürte sie, dass dieselige Prophetin vor dieser reinen Liebe ihre strengen Augen verschloss.
    Als Elysa die Bibliothek betrat, sah sie Schwester Johanna, die sie am Tag ihrer Ankunft auf das Freundlichste begrüßt hatte. Die Nonne saß an einem Pult inmitten eines Raumes, dessen Bücherschränke die kostbarsten Folianten enthielten. Sie sah auf und lächelte.
    »Ich habe dich erwartet«, sagte sie.
    Das helle Licht der Sonne fiel durch die hohen Fenster, brach sich zu Tausenden von Sternen im kostbaren Glas. Johanna stand auf und ging zu einem der offenen Schränke. Im funkelnden Licht erkannte Elysa, dass die Nonne an einer uneinsehbaren Stelle im Schrank einen Mechanismus betätigte. Als griffe sie in die rückwärtige Mauer, entnahm Johanna nun eine versiegelte Pergamentrolle, doch als Elysa blinzelnd versuchte, ein geheimes Fach auszumachen, stand der Schrank unverändert da, als hätte die Reflexion des Lichtes ihr einen Streich gespielt.
    Mit leuchtendem Antlitz trat Johanna an sie heran. »Dieses Pergament hier ist dir zugedacht.«
    »Mir?« Behutsam nahm Elysa die Rolle entgegen und spürte im gleichen Atemzug die Kraft, die aus den verborgenen Worten entsprang. Erschrocken und ergriffen zugleich rang sie nach Atem. »Was ist das?«
    »Eine Botschaft der seligen Hildegard. Sie hat dein Kommen erwartet.«
    Elysa lächelte. Ehrfürchtig strich sie über das feine Pergamentpapier, aus ebenso kostbarer und fein geschliffener Haut wie jenes, das ehedem der Mönch in den Händen gehalten hatte. In diesem Augenblick, als das Glitzern der Sonne sich auf ihre Seele übertrug, wusste sie, dass es genau jene Kraft war, die auch Adalbert durchdrungen hatte, als er vor einem Jahr zum Hildegardisfest seine Mission erhielt.
    Im selben Atemzug vermeinte Elysa ein Flüstern zu hören, das Rauschen des Windes, das sanfte Wort einer glockenhellen Stimme, die, einer Vision gleich, erklang. Einer Vision, die weit über die Lande hallte, um vor Macht und Herrschaft in Unrecht und Tyrannei zu warnen und den Menschen von wahrer Belohnung zu künden, wenn sie beharrlich im Guten sind.

ANHANG
    Die Handlung dieses Romanes ist eine Erfindung, eingebettet in die Geschichte jener Zeit.
    In meinem Bemühen, den Roman eng den historischen Tatsachen anzupassen, bediente ich mich des unermesslichen Wissensschatzes der Hamburger Staats- und Universitätsbibliothek, aus der ich an die zweihundert Bücher entlieh, ergänzt durch zahlreiche Kopien, die ich von den Werken des Präsenzbestandes der geschichtlichen Fakultät machen durfte.
    Die Geschichte des Buches basiert auf offenen Fragen der Hildegardforschung, denen ich bei der Recherche zur Biografie Hildegard von Bingen – Ein Leben im Licht , erschienen als Aufbau Taschenbuch, begegnet bin. So existierte die Lingua Ignota , Hildegards erschaffene Sprache, tatsächlich, ebenso die Litterae Ignotae , deren Verwendung noch heute Rätsel aufgibt.
    In der Tat sind von der Unbekannten Sprache nur die erwähnten Substantive überliefert, obwohl in Briefen verwendete Adjektive auf eine Weiterentwicklung unter Eingeweihten hinweisen.
    Ich habe mich bei den Textstellen der Lingua Ignota zumeist an das existierende Wörterbuch der Unbekannten Sprache gehalten. Soweit es jedoch für die Handlung notwendig war, habe ich neue, ähnlich klingende Wörter erfunden.
    Kenner der Hildegard-Forschung werden zahlreiche historische Details aus dem Leben der Prophetin wiedererkennen, die ich, dem neuesten
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