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Penthesilea - ein Trauerspiel

Penthesilea - ein Trauerspiel

Titel: Penthesilea - ein Trauerspiel
Autoren: Heinrich von Kleist
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Holunder,
In der Gebirge fernsten Kluft, wo ihr
Wollüstig Lied die Nachtigall dir flötet,
Und fei’r es gleich, du Lüsterne, das Fest,
Das deine Seele nicht erwarten kann.
Doch aus dem Angesicht sei ewig mir,
Sie aus der Hauptstadt mir verbannt, laß den
Geliebten dich und seine Küße, trösten,
Wenn Alles, Ruhm dir, Vaterland und Liebe,
Die Königinn, die Freundinn untergeht.
Geh’ und befreie – geh! ich will nichts wissen!
Von deinem hassenswürd’gen Anblick mich!
    Meroe .
O, Königinn!
    Eine andere Fürstinn . (aus ihrem Gefolge)
Welch ein Wort sprachst du?
    Penthesilea . Schweigt, sag ich!
Der Rache weih’ ich den, der für sie fleht!
    Eine Amazone . (tritt auf)
Achilles nahet dir, o Herrscherinn!
    Penthesilea .
Er naht – Wohlauf, ihr Jungfraun, denn zur Schlacht! –
Reicht mir der Spieße Treffendsten, o reicht
Der Schwerdter Wetterflammendstes mir her!
Die Lust, ihr Götter, müßt ihr mir gewähren,
Den einen heißersehnten Jüngling siegreich
Zum Staub mir noch der Füße hinzuwerfen.
Das ganze Maas von Glück erlaß ich euch,
Das meinem Leben zugemessen ist. –
Asteria! Du wirst die Schaaren führen.
Beschäfftige den Griechentroß und sorge
Daß sich des Kampfes Inbrunst mir nicht störe.
Der Jungfrau’n keine, wer sie immer sei,
Trifft den Peliden selbst! Dem ist ein Pfeil
Geschärft des Todes, der sein Haupt, was sag’ ich!
Der seiner Locken eine mir berührt!
Ich nur, ich weiß den Göttersohn zu fällen.
Hier dieses Eisen soll, Gefährtinnen,
Soll mit der sanftesten Umarmung ihn,
(Weil ich mit Eisen ihn umarmen muß!)
An meinen Busen schmerzlos niederziehn.
Hebt euch, ihr Frühlingsblumen, seinem Fall,
Daß seiner Glieder keines sich verletze.
Blut meines Herzens mißt’ ich ehr, als seines.
Nicht eher ruhn will ich, bis ich aus Lüften,
Gleich einem schöngefärbten Vogel, ihn
Zu mir herabgestürzt; doch liegt er jetzt
Mit eingeknickten Fittigen, ihr Jungfrau’n,
Zu Füssen mir, kein Purpurstäubchen messend.
Nun dann, so mögen alle Seeligen
Daniedersteigen, unsern Sieg zu feiern,
Zur Heimath geht der Jubelzug, dann bin ich
Die Königinn des Rosenfestes euch!
Jetzt kommt! –
(Indem sie abgehen will, erblickt sie die weinende Prothoe, und wendet sich unruhig. Darauf plötzlich, indem sie ihr um den Hals fällt.)
Prothoe! Meiner Seelen Schwester!
Willst du mir folgen?
    Prothoe (mit gebrochener Stimme)
In den Orkus dir!
Gieng’ ich auch zu den Seeligen ohne dich?
    Penthesilea .
Du Bessere, als Menschen sind! Du willst es?
Wohlan, wir kämpfen, siegen mit einander,
Wir beide oder keine , und die Losung
Ist: Rosen für die Scheitel unsrer Helden,
Oder Cypressen für die unsrigen.
    (Alle ab)

Sechster Auftritt.
    Die Oberpriesterin der Diana (mit ihren) Priesterinnen (treten auf. Ihnen folgen) eine Schaar junger Mädchen (mit Rosen in Körben auf den Köpfen, und) die Gefangenen (geführt von einigen bewaffneten) Amazonen .
    Die Oberpriesterinn .
Nun, ihr geliebten, kleinen Rosenjungfrau’n,
Laßt jetzt die Frucht mich eurer Wandrung sehn.
Hier, wo die Felsenquelle einsam schäumt,
Beschattet von der Pinie, sind wir sicher:
Hier schüttet eure Erndte vor mir aus.
    Ein junges Mädchen . (ihren Korb ausschüttend)
Sieh’, diese Rosen pflückt’ ich, heil’ge Mutter!
    Ein Anderes . (ebenso)
Hier diesen Schoosvoll ich!
    Ein Drittes . Und diesen ich!
    Ein Viertes .
Und diesen ganzen üpp’gen Frühling ich!
    Die andern jungen Mädchen . (folgen)
    Die Oberpriesterinn .
Das blüht ja wie der Gipfel von Hymetta!
Nun solch ein Tag des Seegens, o Diana!
Gieng deinem Volke herrlich noch nicht auf
Die Mütter bringen mir, die Töchter, Gaben;
Nicht von der Pracht, der doppelten, geblendet,
Weiß ich, wem schön’rer Dank gebühren mag.
Doch ist dieß euer ganzer Vorrath; Kinder?
    Das erste Mädchen .
Mehr nicht, als du hier siehst, war aufzufinden.
    Die Oberpriesterinn .
So waren eure Mütter fleißiger.
    Das zweyte Mädchen .
Auf diesen Feldern, heil’ge Priest’rinn, erndten
Gefangne leichter auch, als Rosen, sich.
Wenn dichtgedrängt, auf allen Hügeln rings,
Die Saat der jungen Griechen steht, die Sichel
Nur einer muntern Schnitterinn erwartend,
So blüht so sparsam in den Thälern rings,
Und so verschanzt, versichr’ ich dich, die Rose,
Daß man durch Pfeile sich und Lanzen lieber,
Als ihr Geflecht der Dornen schlagen möchte.
– Sieh nur die Finger an, ich bitte dich.
    Das dritte Mädchen .
Auf eines Felsens Vorsprung wagt’ ich mich,
Um eine einz’ge Rose dir zu
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