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Pendergast 10 - Fever - Schatten der Vergangenheit

Titel: Pendergast 10 - Fever - Schatten der Vergangenheit
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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mit dem Geruch von Wasser. Erst im Morgengrauen erklangen die ersten Geräusche der sogenannten Zivilisation: Heißes Wasser wurde in Vorbereitung der Morgentoilette in Kübelduschen gegossen.
    Pendergast und seine Frau hatten ihre Hütte verlassen und saßen, die Waffen neben sich, im schwachen Schein der einzelnen Glühbirne im Speisezelt. Es waren keine Sterne am Himmel zu sehen – es war bewölkt, die Finsternis total. Regungslos und schweigend hatten sie in der vergangenen Dreiviertelstunde dort gegessen. Sie hatten ihr Zusammensein genossen, verbunden durch jene Art unausgesprochener Symbiose, die ihre Ehe charakterisierte, und sich mental und emotional auf die Jagd vorbereitet. Helen hatte den Kopf an die Schulter ihres Mannes gelehnt. Pendergast streichelte ihre Hand und spielte ab und zu mit dem Stern-Saphir an ihrem Ehering.
    »Den gebe ich nie wieder her, weißt du«, sagte sie schließlich, wobei ihre Stimme nach dem langen Schweigen hauchig klang.
    Er lächelte nur und streichelte weiter ihre Hand.
    Aus dem Halbdunkel erschien eine kleine Gestalt; sie hatte einen langen Speer in der Hand und trug eine lange Hose und ein langes Hemd, beides von dunkler Farbe.
    Helen und Pendergast richteten sich auf. »Jason Mfuni?«, fragte Pendergast leise.
    »Ja, Sir.«
    Pendergast streckte die Hand aus. »Es wäre mir lieb, wenn Sie mich nicht mit ›Sir‹ ansprächen. Mein Name ist Pendergast. Und das hier ist meine Frau, Helen. Sie zieht es vor, beim Vornamen angeredet zu werden, ich beim Nachnamen.«
    Der Mann nickte und schüttelte Helen langsam, geradezu phlegmatisch die Hand. »Der Distriktskommissar will mit Ihnen sprechen, Miss Helen, in der Messe.«
    Helen stand auf. Pendergast ebenso.
    »Entschuldigen Sie, Mr. Pendergast, er wollen allein mit ihr sprechen.«
    »Was soll das denn?«
    »Er machen sich Sorgen, ob sie genug Erfahrung mit Jagd hat.«
    »Das ist doch lächerlich«, sagte Pendergast. »Die Frage ist doch längst geklärt.«
    Helen winkte ab und lachte. »Mach dir deswegen keine Gedanken. Hier draußen herrscht offenbar immer noch das British Empire. Die Frauen sitzen auf der Veranda, fächeln sich kühle Luft zu und fallen beim Anblick von Blut in Ohnmacht. Ich werde das richtigstellen.«
    Pendergast nahm wieder Platz. Der Fährtenleser wartete neben ihm und trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen.
    »Möchten Sie sich nicht setzen, Jason?«
    »Nein, danke.«
    »Wie lange arbeiten Sie schon als Fährtenleser?«, fragte Pendergast.
    »Seit ein paar Jahren«, lautete die lakonische Antwort.
    »Sind Sie gut?«
    Schulterzucken.
    »Haben Sie Angst vor Löwen?«
    »Manchmal.«
    »Haben Sie mit diesem Speer schon einmal einen Löwen getötet?«
    »Nein.«
    »Verstehe.«
    »Das ist ein neuer Speer, Mr. Pendergast. Wenn ich Löwen mit Speer töte, brechen oder verbiegen er meistens, muss dann neuen besorgen.«
    Stille senkte sich über das Camp; das Morgenlicht zog hinter dem Busch herauf. Fünf Minuten vergingen, dann zehn.
    »Wieso brauchen die so lange?«, fragte Pendergast verärgert. »Wir wollen nicht zu spät losgehen.«
    Mfuni zuckte mit den Achseln, stützte sich auf den Speer, wartete.
    Plötzlich erschien Helen. Rasch setzte sie sich.
    »Hast du dem Quälgeist deine Meinung gesagt?«, fragte Pendergast und lachte.
    Einen Augenblick gab ihm Helen keine Antwort. Als er sich fragend an sie wandte, erschrak er, weil sie ganz blass im Gesicht war. »Was hast du denn?«
    »Nichts. Nur … Schmetterlinge im Bauch wegen der bevorstehenden Jagd.«
    »Du kannst immer noch im Camp bleiben, weißt du.«
    »O nein«, widersprach sie vehement. »Nein, ich darf das hier auf keinen Fall verpassen.«
    »Dann sollten wir jetzt endlich aufbrechen.«
    »Noch nicht«, sagte sie leise. Er spürte ihre kühle Hand auf seinem Arm. »Aloysius … ist dir eigentlich klar, dass wir gestern Abend vergessen haben, den Mondaufgang zu beobachten? Es war Vollmond.«
    »Bei all der Aufregung wegen dieses Löwen wundert mich das gar nicht.«
    »Komm, wir wollen uns einen Augenblick Zeit nehmen und zuschauen, wie der Mond untergeht.« Helen fasste ihn bei der Hand und umschloss sie mit ihrer, eine für sie ungewöhnliche Geste. Aber zumindest fühlte sich ihre Hand nicht mehr so kalt an.
    »Helen …«
    Sie drückte seine Hand. »Nicht reden.«
    Der Vollmond versank gerade im Busch am gegenüberliegenden Ufer des Flusses – eine buttergelbe Scheibe, die durch einen malvenfarbenen Himmel herabstieg und deren
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