Pendergast 01 - Relic - Museum der Angst
immer an Margo gewandt. »Daß Sie vorhätten, Ihre Dissertation abzubrechen und in der Firma Ihres Vaters zu arbeiten, so ’n Zeug eben.« Er sah sie neugierig an. »Stimmt das? Ich dachte, Ihre Forschungen seien nun endlich an einem Punkt angelangt, wo sie wirklich Ergebnisse bringen.«
»Nun«, sagte Margo. »Die Antwort lautet ja und nein. Die Dissertation schleppt sich momentan ein wenig dahin. Heute habe ich meinen wöchentlichen Elf-Uhr-Termin bei Frock. Vermutlich wird er ihn wie üblich verpassen und dann irgendwann ansetzen, besonders heute, wo diese Tragödie passiert ist. Aber ich hoffe, daß ich ihn zu Gesicht bekommen werde. Ich bin nämlich bei der Art, wie die Kiribitu ihre Heilpflanzen klassifizierten, auf eine interessante Entdeckung gestoßen.«
Margo bemerkte, daß Smithbacks Augen bereits begonnen hatten, durch den Raum zu schweifen, und sie mußte wieder einmal erkennen, daß die meisten Menschen sich nicht sonderlich für Pflanzengenetik und primitive Arzneimittelkunde interessierten. »Nun, wie dem auch sei, wir sollten langsam in die Gänge kommen«, sagte sie und stand auf.
»Augenblick!« sagte Smithback und raffte seine Papiere zusammen. »Hätten Sie vielleicht Lust, mit mir zu der Pressekonferenz zu gehen?«
Als sie den Aufenthaltsraum verließen, beschwerte sich Freed noch immer bei jedem, der ihm zuhören wollte. Kawakita, der bereits vor ihnen den Gang entlangtrottete, winkte ihnen über die Schulter zu, bevor er um eine Ecke bog und verschwand.
Als Margo und Bill in die Große Rotunde kamen, war die Pressekonferenz bereits in vollem Gange. Reporter umringten Henry Wright, den Direktor des Museums, hielten ihm Mikrofone vors Gesicht und richteten Kameras auf ihn. Ihre Stimmen hallten in dem großen Kuppelbau gespenstisch wider. Neben Wright stand Ippolito, der Sicherheitschef des Museums, und aus einiger Entfernung beobachteten andere Angestellte des Museums und ein paar neugierige Schulklassen die Geschehnisse.
Wright stand sichtlich verärgert im Licht der Halogenscheinwerfer und beantwortete Fragen, die ihm zugerufen wurden. Sein normalerweise makelloser Anzug von einem der feinsten Herrenausstatter war verknittert, und seine schon etwas gelichteten Haare hingen ihm über ein Ohr. Wrights ohnehin blasses Gesicht hatte eine graue Farbe, und seine Augen waren gerötet. »Nein«, sagte der Museumsdirektor, »die Eltern dachten, die Kinder hätten das Museum bereits verlassen. Niemand hat uns vor heute früh verständigt … Nein, wir halten
keine
lebenden Tiere hier im Museum. Gut, wir haben Mäuse und auch ein paar Schlangen für Forschungszwecke, aber keine Löwen, Tiger oder ähnliches … Ich habe die Leichen nicht gesehen, und ich weiß nichts über die Art der Verstümmelungen, wenn es überhaupt welche gegeben hat … Dazu kann ich nichts sagen, dafür sind andere Leute zuständig. Sie werden sich wohl bis zum Ergebnis der Autopsien gedulden müssen … Ich möchte noch einmal betonen, daß es von der Polizei bisher keinen offiziellen Kommentar gibt … Wenn Sie nicht aufhören, so zu schreien, werde ich keine weiteren Fragen mehr beantworten … Das habe ich bereits vorhin gesagt, wir haben
keine
wilden Tiere im Museum … nein, auch keine Bären … Namen kann ich Ihnen nicht nennen … Wie sollte ich diese Frage wohl beantworten können? … Die Pressekonferenz ist jetzt vorbei … Ich habe gesagt, die Pressekonferenz ist
vorbei …
Ja, natürlich arbeiten wir auf allen Gebieten mit der Polizei zusammen … Nein, ich sehe keinen Grund dafür, warum wir die Eröffnung der neuen Ausstellung verschieben sollten. Ich möchte noch einmal ausdrücklich betonen, daß die Ausstellung ›Aberglaube‹ pünktlich eröffnet werden wird … Wir haben
ausgestopfte
Löwen, das ist richtig, aber wenn Sie damit andeuten wollen, daß … Sie wurden vor fünfundsiebzig Jahren in Afrika geschossen, Himmel noch mal! Der Zoo? Wir haben keinerlei Verbindungen zum Zoo … Ich werde Ihnen auf weitere Suggestivfragen dieser Art keine Antwort mehr geben … Könnten die Herren von der
Washington Post
bitte zu schreien aufhören? … Die Polizei befragt die Wissenschaftler, die die Leichen gefunden haben, aber über den Verlauf dieser Gespräche weiß ich nichts … Nein, ich habe dem nichts mehr hinzuzufügen, außer, daß wir alles in unserer Macht Stehende tun … Ja, es ist tragisch, natürlich ist es das …«
Die Gruppe der Presseleute löste sich auf und
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