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Pecorino und die Kunst des Pilgerns - ein Hund geht den Franziskusweg

Pecorino und die Kunst des Pilgerns - ein Hund geht den Franziskusweg

Titel: Pecorino und die Kunst des Pilgerns - ein Hund geht den Franziskusweg
Autoren: Residenz , Claudio Honsal
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gut hat das Essen meinen Begleitern geschmeckt. Die Reste der Pizza Salame durfte ich unauffällig unter dem Tisch verdrücken – lecker.
    Nach dem Essen ein notwendiger Verdauungsspaziergang durch die engen Gassen des
centro storico
. „Gassi gehen“ bedeutet für mich unweigerlich auch Posieren. Pecorino auf der bröckelnden Burgmauer im Abendlicht, vor dem mächtigen Uhrturm und natürlich auf einer Ape sitzend. Diese als „Bienen“ bezeichneten dreirädrigen Rollermobile beherrschen das Ortsbild. In den Tricolore, in mattem Schwarz mit Fahrerkabine oder als buntbemalte Pick-ups surren sie, alten Nähmaschinen gleich, mit ihren Zweitaktmotoren die Straßen rauf und runter. Putzig und ohrenbetäubend.
    Nun noch schnell ein kleines Bierchen als Durstlöscher und Schlafmittel zugleich in der Bar gegenüber, und wir ziehen uns auf die Zimmer zurück. Es ist eine laue Nacht. Am Fensterbrett trocknen Herrchens frisch gewaschene Wandersocken und T-Shirts vor sich hin, und unten auf der Via hat die Freitagnacht lautstark begonnen. Jugendliche aus der ganzen Gegend suchen in den drei Bars Abwechslung vom tristen Arbeitsalltag. Das Leben spielt sich hier zur Gänze auf der Straße ab. Mofas, Motorräder und Autos drehen unentwegt ihre Runden. Ein lärmendes Perpetuum mobile, das beim letzten Blick auf die Uhr um 0.30 Uhr immer noch nicht zum Stillstand gekommen ist. Für uns drei erschöpfte Pilger kommt allerdings irgendwann der Zeitpunkt, zu dem sich selbst ein fröhlich-lautes Treiben in ein beruhigend-stimulierendes Wiegenlied verwandelt und man sanft entschläft.

Zehnte Etappe:
Pietralunga bis Gubbio 28 km
    Sieben Uhr morgens. Der Geruch von frischem Espresso und warmen
cornetti
empfängt uns in der Tinca-Bar. „Buon giorno“, tönt es in wohlbekannten Stimmlagen entgegen. Die fünf Pilger haben gestern doch noch das Hotel erreicht. Ja, sie hätten getrödelt und sich Zeit gelassen, sie seien ja noch bis Rom unterwegs. Auch haben sie uns aus der Ferne beim Fotografieren beobachtet. Gefährlich habe es für sie ausgesehen, wie ich auf der hohen Festungsmauer posierte. Herrchens Erklärung folgt prompt, und schon werde ich als berühmter Fotohund in aller Herrgottsfrühe endlos abgelichtet.
    Es ist Zeit, sich auf den Weg zu machen. 28 Kilometer liegen vor uns. Just in diesem Moment bekommen wir ein lukratives Angebot von Aldo: „Wollt ihr nicht ein Stück in meinem Auto fahren? Ich muss zum Agriturismo Borgo San Benedetto. Oder ist das eine Frage, die man Pilgern nicht stellen darf?“ Es war genau die richtige Frage! Schon wandern die Rucksäcke vom Buckel in den Kofferraum des schwarzen Fiat Punto. Der Tag beginnt ungeplant gut. Immerhin legen wir in nur zehn Minuten ganze sieben Kilometer zurück, haben somit anderthalb Stunden gespart. Ganz im Gegensatz zu Brunos weißem Mercedes-Taxi fühlt man sich in Aldos schmuddeligem Fiat italienisch heimisch. Die Sitze sind durchgesessen, die Fußmatten von Sand und Kieseln gemustert, und Anschnallen ist auch nicht möglich: Die Sicherheitsgurte hat der Hund des Hoteliers längst zu seinem Lieblingsspielzeug erklärt. Na ja, so etwas würde mir wohl nie einfallen. Signor Tinca erzählt und erzählt und erzählt. Über das Leben hier, die Schönheiten der Gegend und das verlassene Kloster San Benedetto, bei dem wir einen kurzen Halt einlegen. Natürlich ein Muss-Foto mit Aldo. Auf der Anhöhe liegt eine alte Burgruine, in deren Mauern sich der Agriturismo eingenistet hat. „Hätten wir das gewusst …!“ Das denken wir uns natürlich nur in Anwesenheit von Aldo. Ein traumhaftes, eben renoviertes Feriendomizil in typisch umbrischem Stil. Drinnen feinstes Landhausflair mit offenem Kamin und insgesamt nur fünf Wohneinheiten. Draußen ein riesiger Swimmingpool samt Relax-Zone. Drumherum jede Menge Hühner, Enten, Ziegen und einige Katzen, die mich nicht einmal ignorieren. Sie seien an Hunde gewöhnt und hätten daher keine Angst. Angst bekommt hingegen mein Herrchen, als sich mir eine sehr alte und dem Anschein nach völlig verlauste, weiße Pudeldame nähert. Nichts wie weg!
    Verabschiedung von Aldo, das Versprechen, gerne mal wieder zu kommen, und schon geht’s bergab. Ein Gefälle von zwölf Prozent erleichtert den Marsch auf kleinen Güterstraßen und holprigen Naturwegen hinunter zum nächstgrößeren Ort Ponticello. Die Zeit verfliegt heute geradezu. Wir passieren Madonna di Montecchi, machen eine kurze Mittagsrast in einer wundervoll blühenden Wiese nahe
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