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Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter

Titel: Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter
Autoren: Jan Beinßen
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silbergrüner Autos passierte Pauls Renault zügig, doch Paul merkte sehr wohl, dass Blohfeld nervös war.
    Mit einigem Abstand folgte Katinkas Mini. Die Staatsanwältin hielt neben ihnen, beugte sich über den Rahmen der Fahrertür und lächelte den beiden Männern zu. »Ihr habt euch soeben wegen unerlaubten Parkens in der Kurzhaltezone schuldig gemacht. Für diese Verkehrswidrigkeit kann ich euch lebenslänglich hinter Gitter bringen – mindestens.«
    »Wenn es weiter nichts ist«, entfuhr es dem sichtlich erleichterten Blohfeld.
    »Nun«, sagte Katinka, »nach der Festnahme von Frau Wiesinger sind Sie in weiten Teilen vorläufig entlastet, Herr Blohfeld. Aber wegen Behinderung der Justiz, Unterschlagung von Beweismitteln und einer ganzen Reihe anderer Delikte werde ich Ihnen in nächster Zeit einige unangenehme Fragen stellen müssen. Und dir auch, Paul.«
    Paul lachte verhalten, während der Reporter sich vor Spaß auf die Schenkel klopfte.
    »Nehmen Sie die Sache nicht allzu sehr auf die leichte Schulter«, warnte ihn Katinka. »Sie müssen mich auf jeden Fall zum Haftrichter begleiten, Herr Blohfeld. Wenn Sie Glück haben, kommen Sie unter Auflagen und gegen Kaution frei. Aber es wird ein Nachspiel für Sie geben.«
    Blohfeld öffnete die Tür, um das Fahrzeug zu wechseln.
    »Danke für Kost und Logis«, sagte er gut gelaunt zu Paul und stieg aus. Katinka sah Paul überrascht an, sagte aber nichts.
    Viel konnte dem Reporter nicht passieren, dachte sich Paul. Sicher musste Katinka eine Weile die strenge Gesetzeshüterin mimen, aber faktisch war Blohfeld aus dem Schneider.
    »Hat Doro Wiesinger schon irgendetwas gesagt?«, fragte Paul Katinka, die die Beifahrertür für Blohfeld aufstieß.
    Katinka schüttelte den Kopf, während es sich Blohfeld neben ihr bequem machte. »Nein. Sie verweigert die Aussage. Das eiskalte Püppchen hat versiegelte Lippen.« Dann gab sie Gas und ließ ihre durchdrehenden Reifen auf dem Asphalt quietschen.

44
    Endlich allein!
    Paul ging durch sein Atelier und schaute sich voller Wohlbehagen um. Vor dem lebensgroßen Aktbild mit der Mokkabraunen blieb er stehen und zwinkerte ihr vergnügt zu. Dann stellte er seine Espressomaschine an und gab sich besonders Mühe mit dem Milchschaum seines Cappuccinos.
    Als er sich an seinen Schreibtisch setzte, um endlich die Fotos aus den Felsenkellern zu bearbeiten, fiel sein Blick auf die neben der Tastatur liegenden Playmobilfiguren.
    Jetzt, nachdem der Fall gelöst war, konnte er sie getrost beiseite räumen. Einzeln nahm er sie in die Hand, den alten Wiesinger, Blohfeld, Antoinette, Andi Wiesinger, und ließ sie schließlich in einer Schublade verschwinden. Am Schluss waren nur zwei Figuren übrig: die von Doro Wiesinger und das überschüssige Männchen, für das er nie eine Verwendung gefunden hatte.
    Er nahm die aufgedonnerte Playmobildame zwischen Daumen und Zeigefinger und betrachtete sie aufmerksam. Doro Wiesinger war für ihn bis zum Schluss rätselhaft geblieben.
    »Jetzt ist es vorbei mit deinem sorglosen Leben«, flüsterte er.
    Etliche der offenen Fragen waren durch Doros Täterschaft beantwortet worden. So zum Beispiel ihr denkwürdiger Auftritt bei Pauls erstem Besuch in der Wurstfabrik: Dass sie sich ihm an den Hals geworfen hatte, war nicht, wie Paul zunächst angenommen hatte, der Wunsch nach einer unverbindlichen Affäre mit ihm gewesen. In Wahrheit hatte es sich um ein cleveres Ablenkungsmanöver gehandelt. Sie wollte ihn im Auge behalten und gleichzeitig abwimmeln. Denn sie hatte viel zu tun: eigene Spuren verwischen, falsche Fährten legen und neugierige Fragesteller wie Blohfeld von sich fernhalten.
    Mit gewisser Anerkennung im Blick drehte Paul die Spielfigur in seiner Hand. Nach wie vor blieben allerdings einige Fragen offen. Noch immer hatte er kein schlüssiges Bild vom Verlauf der Mordnacht in der Wiesinger-Villa vor Augen.
    Er versuchte sich gedanklich an einer Rekonstruktion: Wiesinger senior hielt sich nach einem langen Tag in seinem privaten Arbeitszimmer auf. Sein Sohn und die Schwiegertochter wähnte er außer Haus. Auch das Personal hatte längst Feierabend, abgesehen vom alten Schönberger, der weit ab vom Geschehen in seinem Zimmer schlief. Wiesinger war nervös, denn er erwartete Damenbesuch. Er ahnte, dass die junge Frau mehr wollte als nur das angekündigte Gespräch über ihr Referat. Er hatte schon nach dem ersten Telefonat mit der Französin an die Sünden seiner Vergangenheit zurückgedacht und
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