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Patterson James

Patterson James

Titel: Patterson James
Autoren: Das Ikarus-Gen
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der Leichnam von Ethan Kane alias
Harold Hauer.
    Jedenfalls behaupteten sie das.
Steif und fest.
Das Bestürzendste von allem jedoch war, dass der Leichnam
von Oz ebenfalls nicht wieder auftauchte. Wie vom Erdboden
verschluckt.
    Die einzigen Berichte – die einzigen! – waren die übertrieben
schrillen Artikel in den Sensationsblättern. Was sagt das über
den gegenwärtigen Zustand unserer Welt aus? Außerdem –
Storys in der Art in den Sensationsblättern garantierten förmlich, dass niemand glaubte, was sich ereignet hatte. Was
wir erlebt und gesehen hatten.
    Ein weiterer Monat verging, ohne dass irgendetwas
Weltbewegendes, Wahnsinniges, Chaotisches oder Gefährliches
geschah. Noch immer keine Meldungen in der Presse oder im
Fernsehen über das Liberty General Hospital oder das, was dort
geschehen war. Kit und ich kehrten nach Denver zurück. Einmal
mehr – und diesmal mit Nachdruck – hatten wir beschlossen,
vor Gericht um die Vormundschaft für die Kinder zu kämpfen.
    Die fünf von ihnen, die überlebt hatten.
Wir schworen, dass wir für ihre Sicherheit garantieren würden.
Und die Kinder schworen, das Gleiche für uns zu tun.
Wir versprachen uns in feierlichem Ernst, dass wir wenigstens
noch einmal zum Lake House zurückkehren würden.
    Es war nur eine »Anhörung«, doch Richter Dwyer hatte
versprochen, dass er seine vorherige Entscheidung nach einer
angemessenen Frist noch einmal überprüfen und nötigenfalls
revidieren würde, und unser Anwalt nahm ihn beim Wort.
Genau wie die Kinder.
    Auf einer Skala von eins bis zehn erreichte das Interesse der
lokalen Medien glatte hundert, und einmal mehr drängten sich
schier unglaubliche Menschenmassen auf der Bannock Street.
Jeder wollte teilhaben an dieser Story. Zur Hölle mit
Resurrection und was auch immer Ethan Kane sonst noch alles
für Verbrechen im Hospital begangen hatte. Das hier waren die
Schlagzeilen. Die Öffentlichkeit konnte nicht genug bekommen
von den Vogelkindern.
Genauso wenig übrigens wie Kit und ich.
     
Eilig marschierten wir in den Saal Nummer neunzehn, wo die
    Verhandlung stattfinden sollte. Kit trug eine navyblaue Jacke,
ein weißes Hemd und eine graue Wollhose. Er sah gut aus – eine
Spur von Tom Cruises Frechheit und der Schlauheit von
Harrison Ford und sehr, sehr schick.
    Ich trug ein waldgrünes T-Shirt-Kleid und hohe schwarze
Stiefel und hoffte, dass ich darin wie eine Erwachsene aussah –
eine Spur von J. C. Penney mit einem Schuss von Dillard.
    Sowohl Kit als auch ich hatten inzwischen anderthalb
Zentimeter neuer Haare, was uns einen Kriegsgefangenen-Look
verschaffte, von dem unser Anwalt meinte, er könne nicht
schaden.
    Wir begrüßten Jeffrey, unseren juristischen Pitbull-Terrier, mit
gespielter Zuversicht und nahmen auf der rechten Seite des mit
Eichenpaneelen ausgekleideten Saals vor der Balustrade Platz,
die den Zuschauerraum abgrenzte.
    Unsere alte Gegenspielerin Catherine Fitzgibbons, ganz in
seriöses Schwarz gekleidet, ging auf der anderen Seite des
Mittelgangs ihre Unterlagen durch. Das Miststück aus den
Rockies sah aus, als wäre sie bereit, mit uns in den Ring zu
steigen.
    Bald würden die Kinder eintreffen. Mit ihren »anderen«
Familien, ihren biologischen Eltern. Auch die Mutter von
Ozymandias wurde erwartet. Sie sollte gegen Kit und mich
aussagen.
    Es war genau genommen bereits der zweite Tag der Anhörung.
Der erste Tag war gelinde gesagt ziemlich hitzig verlaufen.
Catherine Fitzgibbons hatte – alles im Namen der biologischen
Eltern – polemisiert, was das Zeug hielt, und gemeine
Anschuldigungen gegen Kit und mich erhoben. Sie hatte ihren
glänzenden Augenblick, als sie auf ihrem polierten Absatz
herumgewirbelt war, auf uns gezeigt und gerufen hatte: »Euer
Ehren, wenn diese beiden dort Ozymandias nicht entführt
hätten, würde er heute noch leben!«
    Jeffrey Kussof war von seinem Sitz aufgesprungen.
»Einspruch, Euer Ehren! Die Anwältin der Gegenseite hat
offensichtlich den Verstand verloren! Außerdem ist ihre
Behauptung vollkommen falsch! War sie vielleicht dabei? «
    »Stattgegeben«, hatte der Richter entschieden. »Und Sie beide
halten sich gefälligst zurück!«
In der Zwischenzeit war mein Blick zu den Kindern gegangen,
und ich hatte die Tränen auf Max’ Wangen gesehen. Ich wusste,
dass sie diesen Streit um Oz nicht viel länger ertragen konnte.
Es war einfach zu grausam, zu herzlos und vollkommen falsch.
Doch so ist unser Rechtssystem nun
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