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Pastworld

Pastworld

Titel: Pastworld
Autoren: Ian Beck
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schwankte im Wind, aber nicht mehr als das Hochseil, an das sie gewöhnt war.
    »Wo wollen Sie hin?«, rief Catchpole. »Warten Sie, dann komme ich Sie holen.«
    Sie schaute hinüber zum Luftschiff, sah das Wort »Buckland« auf seiner Seite. Auf ihren ausgestreckten Armen hielt sie BibleMac. Er war ihr Leben, er hielt sie im Gleichgewicht. Über den Abgrund hinweg streckte sie den Fuß aus und setzte ihn auf den Draht.
    Fest und sicher stand sie auf der schwankenden Ankerkette. Ein paar Leute aus der Menge unten beobachteten sie und riefen ihr zu. Sie zauderte keinen Moment. Sie setzte einfach ein Bein vor das andere, als trüge sie den armen BibleMac über eine breite Straße, genau so, wie Jago es ihr beigebracht hatte.
    Obwohl sie schnelle Schritte machte, kam ihr die Strecke wie eine halbe Ewigkeit vor. Jede ihrer Bewegungen war überlegt und zielsicher, doch ihren Zuschauern erschien sie wie ein schwarzer, rasch vorbeihuschender Schatten.
    Der Pilot des Luftschiffes, der kaum glauben konnte, was er sah, öffnete die Tür der Kabine. Eve legte BibleMac auf das Sofa in der Gondel und eilte über das Seil zurück, um Sergeant Catchpole zu holen. Er protestierte und wollte zur Treppe laufen, doch in dem Moment ertönte die letzte Sirene. Für eine Diskussion war es zu spät. Sie streckte ihm beide Arme entgegen und er ließ sich hineinfallen. Mit einem ein Meter achtzig großen Polizeisergeanten auf den Armen betrat sie das Seil und trug ihn über den Abgrund.
    Das Luftschiff legte ab und flog in dem Moment los, als die erste Explosion die Nacht erschütterte und die Grundfesten von Tower 42 ins Wanken kamen. Die Menge brach in Begeisterungsstürme aus.
    Langsam sackte das Gebäude in sich zusammen und sank in einer riesigen Wolke aus Staub und Mörtel zu Boden. Sicher auf der Straße stehend, sah Caleb zu. Das einstürzende Gebäude erinnerte ihn an den Fall des armen Jack, als das Messer ihn ins Herz getroffen hatte.
    Als der Staub sich gelegt und die Menge sich zerstreut hatte, hielt sein Vater eine Droschke an und sie machten sich auf den Weg zur Fournier Street. Die Pferdehufe flogen über das nasse Kopfsteinpflaster und Caleb musste an Eve denken.
    »Ich muss dir etwas sagen, Caleb. Du bist nicht so wie die beiden. Du bist mein leiblicher Sohn und der deiner lieben Mutter. Die beiden sind … nun, sie sind genetisch mit dir verbunden, aber mehr auch nicht. Ihre DNA basiert auf der deinen – in veränderter Form natürlich.«
    »Später, Dad, jetzt nicht. Sag mir nur eins: Hast du mir gesagt, ich solle weglaufen, als du in jener Nacht gestürzt bist?«
    »Natürlich habe ich das, Caleb. Ich wollte, dass du dich in Sicherheit bringst. Wie jeder Vater das gewollt hätte.«
    Caleb schloss die Augen und lehnte seinen Kopf erleichtert gegen die Rückenlehne.
    In der Nähe der großen Kirche ließen sie die Droschke anhalten. Noch bevor sie ganz zum Stehen gekommen war, riss Caleb die Tür auf und sprang heraus. Er schlitterte über das nasse Pflaster, drehte sich um und bedeutete seinem Vater, ihm zu folgen, und dem Kutscher, hier zu warten. Dann rannte er, gefolgt von seinem Vater, zur Fournier Street Nummer 31 und schloss die Tür auf.
    Schwer bewaffnet stand Mr Leighton in der dunklen Eingangshalle. Ein Gewehr lag schussbereit auf seiner Schulter.
    »Oh, du bist es, Caleb«, sagte er und senkte die Waffe. »Gott sei Dank, ich dachte schon, das Phantom hätte mich schließlich doch gefunden.«
    »Ich glaube nicht, dass es dazu noch kommen wird«, erwiderte Caleb. »Das hier ist mein Vater, wir haben ihn gefunden.«
    »Gleich beide zusammen«, lächelte Mr Leighton. »Dann ist mir ja jetzt eine gewaltige Belohnung von der dankbaren Corporation gewiss.«

Epilog
     
    Aus Eves Tagebuch
     
    Das Laub ist dicht und grün. Es ist wieder Sommer und ich sitze unter einem meiner Lieblingsbäume und schreibe. Von den Wurzeln wächst ein weicher Mantel aus Moos empor. Das Gras, das im Wind meine nackten Füße kitzelt, ist übersät mit jeder Menge Blumen, weiß mit einem gelben Mittelpunkt. Jago sagt, dass es ein langer, heißer Sommer werden wird. Vor ein paar Tagen hat er meinen Bruder Caleb mitgebracht, der mich besuchen wollte. Und ich schreibe mal wieder in das Buch, das er freundlicherweise für mich aufbewahrt hat.
    Ein roter Schmetterling ist gerade auf meiner Hand gelandet. Ich habe aufgehört zu schreiben und ganz stillgehalten. Ich habe ihn einfach da sitzen und sich seine Flügel trocknen lassen. Ich habe
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