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Paris, Ein Fest Fürs Leben

Paris, Ein Fest Fürs Leben

Titel: Paris, Ein Fest Fürs Leben
Autoren: Ernest Hemingway
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glatt hingesetzt hätte, wurde nicht in Betracht gezogen. Jahre später erfand sie geschickt und boshaft formulierte Gründe für ihre Abneigung gegen Ezra.
    Als wir aus Kanada zurückgekommen waren und in der Rue NotreDame-des-Champs wohnten und Miss Stein und ich noch gute Freunde waren, machte Miss Stein die Bemerkung über die verlorene Generation. Sie hatte mit dem alten Ford T-Modell, das sie damals fuhr, Ärger mit der Zündung, und der junge Mann, der in der Garage arbeitete und im letzten Kriegsjahr beim Militär gewesen war, hatte keine Erfahrung oder hatte die Priorität der anderen Fahrzeuge nicht durchbrochen, um Miss Steins Ford zu reparieren. Auf jeden Fall war er nicht sérieux gewesen und war auf die Beschwerde von Miss Stein hin von dem patron der Garage ernsthaft zurechtgewiesen worden. Der patron hatte zu ihm gesagt: «Ihr seid alle eine génération perdue.»
    «Das ist es, was ihr seid. Das ist es, was ihr alle seid», sagte Miss
Stein. «All ihr jungen Leute, die ihr im Krieg wart. Ihr seid eine verlorene
Generation.»
«Wirklich?» sagte ich.
«Ihr seid es.» Sie bestand darauf. «Ihr habt vor nichts Respekt. Ihr
trinkt euch zu Tode ...»
«War der junge Autoschlosser betrunken?» fragte ich.
«Natürlich nicht.»
«Haben Sie mich je betrunken gesehen?»
«Nein. Aber Ihre Freunde sind betrunken.»
    «Ich war auch schon betrunken», sagte ich. «Aber ich komme nicht betrunken hierher.» «Natürlich nicht. Das habe ich auch nicht gesagt.»
    «Wahrscheinlich war der patron v on dem jungen Mann schon um elf Uhr früh betrunken», sagte ich. «Deswegen hat er so wunderbare Phrasen gebraucht.»
    «Streiten Sie nicht mit mir, Hemingway», sagte Miss Stein. «Das führt zu nichts. Ihr seid alle eine verlorene Generation - genau wie der Garagenbesitzer gesagt hat.»
    Später, als ich meinen ersten Roman schrieb, versuchte ich, Miss Steins Zitat von dem Garagenbesitzer durch eines aus dem Prediger Salomon auszubalancieren. Aber an jenem Abend auf dem Heimweg dachte ich an den jungen Mann in der Garage und ob er wohl jemals in einem dieser Vehikel, als sie zu Krankenwagen umgebaut waren, abtransportiert worden war. Ich erinnere mich, wie ihnen die Bremsen ausschmorten, wenn sie die Bergstraßen mit einer vollen Ladung Verwundeter hinunterfuhren, mit einem niedrigeren Gang bremsten und schließlich den Rückwärtsgang einlegten, und wie die letzten leer über die Bergkante gefahren wurden, so daß sie durch große Fiats mit einer guten Kulissenschaltung und Scheibenbremsen ersetzt werden konnten. Ich dachte an Miss Stein und Sherwood Anderson und Geltungsbedürfnis und geistige Trägheit versus Disziplin, und ich dachte, wer nennt wen eine verlorene Generation? Dann, während ich mich der Cl oserie des Lilas näherte, mit dem Licht auf meinem alten Freund, der Statue des Marschalls Ney mit seinem gezogenen Säbel und dem Schatten der Bäume auf der Bronze, und er allein dastand und niemand hinter ihm - und was für ein Fiasko er aus Waterloo gemacht hatte, da dachte ich, daß alle Generationen durch irgend etwas verloren waren und immer gewesen waren und immer sein würden, und ich machte in der Closerie halt, um der Statue Gesellschaft zu leisten, und trank ein kaltes Bier, ehe ich nach Hause in die Wohnung über der Sägemühle ging. Aber als ich da beim Bier saß und die Statue betrachtete, und mich daran erinnerte, wie viele Tage Ney persönlich mit der Nachhut auf dem Rückzug von Moskau gekämpft hatte, aus dem Napoleon mit Caulaincourt im Wagen davongefahren war, da dachte ich daran, was Miss Stein für eine warmherzige und liebevolle Freundin gewesen war, und wie schön sie am Tage des Waffenstillstands 1918 über Apollinaire und seinen Tod gesprochen hatte, als die Menge à bas Guillaume schrie und Apollinaire im Delirium glaubte, sie tobten gegen ihn, und ich dachte, ich will mein Äußerstes tun, um ihr behilflich zu sein, und zusehen, daß ihr für die gute Arbeit, die sie geleistet hat, Gerechtigkeit widerfährt, so lange, wie ich kann, so wahr mir Gott und Michel Ney helfe. Aber zum Teufel mit dem Gerede von der verlorenen Generation und all ihren dreckigen Phrasen. Als ich nach Hause und in den Hof und nach oben kam und meine Frau und meinen Sohn und seine Katze, F. Puss, alle miteinander glücklich sah, und ein Feuer im Kamin brannte, sagte ich zu meiner Frau: «Weißt du, Gertrude ist doch nett.» «Natürlich, Tatie.»
    «Aber sie redet wirklich manchmal eine Menge Quatsch.»
    «Das
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