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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag
Autoren: Andreas Schlüter
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darin.
    »Ich wäre jetzt gespannt auf die guten Nachrichten«, sagte er, und der Graue lachte leise auf.
    »Du gefällst mir. Ich glaube, diesmal haben wir den Richtigen gefunden. Also, die gute Nachricht ist: Du wirst der berühmteste Mensch der Welt werden. Im Grunde bist du es schon. Man wird dich verehren wie einen Gott. Man wird dir jeden Wunsch erfüllen. Denn du bist der Sariel.«
    Huan hätte fast gelacht. Dabei fand er das Ganze überhaupt nicht komisch. Im Gegenteil.
    »Das ist doch oberbeknackt!«, rief er jetzt laut aus. »Vier Typen verfolgen mich und ersäufen mich fast in der Alster. Ich wache hier auf, keine Ahnung, wo ich bin, alle sprechen chinesisch, obwohl sie wie Europäer aussehen, und dann kommen Sie und behaupten, ich sei so eine Art Superstar. Ich will jetzt endlich wissen, was hier los ist.«
    Der Graue nickte. »Du befindest dich hier in Sar-Han. So nennen wir diese Stadt.«
    »Wer ist wir?«
    »Das Volk der Sari. So nennen wir uns.«
    »Sar-Han - noch nie gehört. Wo liegt das?«
    »Das würde dir nicht viel sagen. Was dich mehr interessieren dürfte, ist nicht das Wo, sondern das Wann.« Er machte eine kleine Pause und blickte Huan dabei unverwandt in die Augen. »Du befindest dich in der Zukunft. Zweihundert Millionen Jahre nach deiner Zeitrechnung.«
     

Entscheidungen
    An dem Morgen, an dem ihr Vater seine Entscheidung verkündete, verstand Liya, dass ihr Leben schlagartig beendet war. Ihr altes Leben. Gleichzeitig ahnte sie, dass irgendwo da draußen in der Regenschattenwüste ein neues Leben auf sie wartete. Ein Leben, so nagelneu und frisch, dass es noch knisterte und ihr undeutliche Versprechen zuraunte. »Fang mich an, Liya! Fang mich endlich an!«
    Es war noch dunkel gewesen, als ihr Vater sie in seine Jurte rief. Das Lager der Karawane lag einen Tagesritt von Ori-Nho-Yuri, dem Ziel ihrer Reise, entfernt. Obwohl es noch so früh war, hatte Liya nicht mehr schlafen können, nicht nur wegen der Kälte. Ein Albtraum hatte sie geweckt. Liya hatte vom Tod geträumt und von etwas Großem, das irgendwo fern auf sie wartete. Wasser hatte eine Rolle in dem Traum gespielt, ein ganzer Ozean, obwohl Liya das Meer noch nie gesehen hatte. Und das Gesicht eines Jungen, an das sie sich aber schon nicht mehr genau erinnern konnte. Nur dass er seltsam ausgesehen hatte.
    Aber Albträume waren eine Sache und ein Nein eine andere.
    Ein Nein, das alles veränderte.
    »Was heißt das - Nein??? «, schrie sie fassungslos und spürte Wut und Enttäuschung in ihrem Gesicht aufflammen. Ihr Magen krampfte sich zusammen und ihr kamen die Tränen. Sie kämpfte dagegen an. Nur keine Schwäche zeigen! Selbstbeherrschung war alles für eine Zhan Shi, und sie wollte ihrem Vater nicht den Triumph gönnen, mit seiner Entscheidung richtiggelegen zu haben.
    Ihr Vater selbst blieb ganz ruhig und hielt den Blick auf Liya gerichtet. Nicht mal ein Blinzeln. Liya hätte dennoch Bedauern und Zärtlichkeit in seinen Augen lesen können -wenn ihre Wut das zugelassen hätte.
    »Ich habe meine Gründe«, sagte er bloß. Als ob er nicht besser wusste, dass er ihr so nicht kommen konnte.
    »Was für Gründe! Was für verdammte Scheißgründe?«
    »Mäßige deine Sprache.« Ein strenger Ton plötzlich. Und dann das: »Du bist noch nicht so weit.«
    »Was soll das heißen, noch nicht so weit? Ich bin die Beste, die Schnellste, die Stärkste. Ich bin zäh, ich kann einem Kalmar in den Arsch treten, wenn's sein muss!«
    »Liya!« Ihre Mutter trat in die Jurte. Sie blickte sie einmal scharf an, dann wurde ihr Blick wieder weich, und sie kam auf Liya zu, um sie in den Arm zu nehmen.
    Liya entwand sich unwirsch. »Hast du es gewusst?«
    »Natürlich.« Die Stimme ihrer Mutter rieselte so sanft wie Wüstensand. Sie hieß Yin, was »Mond« bedeutete, und genau das war sie immer für Liya gewesen, sanft und leuchtend wie das Mondlicht. Aber ihre Worte schnitten Liya jetzt mitten ins Herz. »Dein Vater hat es mir vorhin gesagt.«
    »Und warum hast du ihn nicht umgestimmt?«
    Liyas Mutter wechselte einen raschen Blick mit ihrem Mann. »Es ist seine Entscheidung«, sagte sie dann zu Liya und ließ sich jetzt nicht mehr von ihr abwehren, als sie Liyas Gesicht in beide Hände nahm.
    »Es wird alles gut«, flüsterte sie, küsste sie auf die Stirn, wie sie es immer tat, und schenkte ihr ein mattes Lächeln. Dann zog sie sich in eine Ecke der Jurte zurück und machte damit deutlich, dass dies eine Angelegenheit zwischen Liya und ihrem Vater
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