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Pandaemonia 03 - Phoenixfeuer

Pandaemonia 03 - Phoenixfeuer

Titel: Pandaemonia 03 - Phoenixfeuer
Autoren: Christoph Lode
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einer jungen Frau. Sie war blass und recht hübsch. In ihren blauen Augen lag ein Hauch von Sehnsucht.
    Nein — Traurigkeit,
dachte er.
Sie hat gerade von jemandem Abschied genommen.
    Lucien und Vivana tauchten auf und setzten sich zu ihm. Vivana schob ihren Arm unter seinen und legte ihren Kopf auf seine Schulter.
    »Was hast du da?«
    »Eine Uhr. Ich habe sie bei den Sachen des Madenkönigs gefunden. Wahrscheinlich hat er sie einem armen Opfer abgenommen, bevor er es gefressen hat.«
    »Die Uhr gehörte ihm«, widersprach Lucien. »Aziel hat sie ihm zurückgebracht, als Lohn, dass die Ghule ihm geholfen haben, den Palast anzugreifen.«
    »Wer ist die Frau?«
    »Vermutlich das Mädchen, das er geliebt hat, als er noch ein Mensch gewesen ist.«
    »Konnte er sich an sie erinnern? Ich dachte immer, die Ghule wüssten nicht mehr, wer sie zu Lebzeiten waren.«
    »Ein Teil von ihm wahrscheinlich schon. Sonst hätte er nicht von Aziel verlangt, die Uhr zu finden.«
    Liam klappte den Deckel wieder zu. »Will sie jemand haben?«
    »Behalte sie ruhig«, sagte Vivana.
    Er steckte sie in seine Tasche. Es erschien ihm wichtig, sie aufzubewahren, obwohl er nicht recht erklären konnte, wieso. Vielleicht weil ihn die Uhr immer an eine Epoche erinnern würde, die heute zu Ende ging.
    »Du bist immer noch traurig, oder?«, fragte Vivana sanft.
    »Ich frage mich, ob unser Sieg nicht zu teuer erkauft war.«
    »Wir haben einen hohen Preis gezahlt«, stimmte Lucien zu. »Livia und Godfrey und viele andere sind gestorben. Jackon ist fort. Auch der Phönix wird nicht mehr lange bleiben. Aber das können wir nicht ändern. Wir haben getan, was wir konnten. Wir müssen jetzt in die Zukunft schauen.«
    »Ja«, murmelte Liam. »Da hast du wohl Recht.«
    »Seht mal, die Leute«, sagte Vivana.
    Liam hob den Kopf und bemerkte, dass die Gassen der Altstadt voller Lichter waren. Offenbar hatten die Menschen begriffen, was geschehen war, und feierten die Vernichtung der Dämonen und das Ende von Lady Sarkas Herrschaft.
    Von überallher strömten Fackelzüge zum Phönixturm. Freudengesänge erfüllten die Straßen.
    »Wunderschön, nicht wahr?«, sagte Vivana und ergriff Liams Hand. »Es ist lange her, dass es in Bradost Hoffnung gegeben hat.«
    Schweigend betrachteten sie das Lichtermeer und die feiernden Menschen, lauschten ihren Liedern. Etwas lag in der Luft, eine prickelnde Erregung, die von Haus zu Haus, von Gasse zu Gasse sprang wie ein elektrischer Funke. Liam konnte förmlich spüren, wie Angst und Verzweiflung, die Bradost so viele Jahre fest im Griff gehabt hatten, verschwanden und etwas Neuem Platz machten.
Zuversicht,
dachte er.
Vertrauen in die Zukunft.
    Dafür hatte sein Vater gekämpft, dafür hatte er sein Leben gegeben. Liam schloss die Augen und sah ihn so klar und deutlich vor sich, als stände er auf dem Rasen, sah sein Lächeln, sein zerzaustes blondes Haar, die Güte in seinen Augen. Er wünschte, sein Vater könnte jetzt hier sein und erleben, dass sich sein Traum von einem freien Bradost erfüllte.
    »Habt ihr euch schon überlegt, was wir jetzt tun?«, fragte Vivana unvermittelt.
    »Wie meinst du das?«
    »Na, was wir jetzt mit unserem Leben anfangen. Es wird höchste Zeit, dass wir uns darüber Gedanken machen, findest du nicht? Also, wie soll es weitergehen, Liam Satander?«
    Er musste lange über Vivanas Frage nachdenken.
Was fange ich nun mit meinem Leben an?
Es musste Monate, wenn nicht Jahre her sein, dass er sich dies gefragt hatte. Bis vor einem halben Tag hatte er nicht einmal gewusst, ob er überhaupt eine Zukunft
besaß.
    Er war zu Tode erschöpft. Er war niedergeschlagen von all dem Leid, das er gesehen hatte. Die Angst steckte ihm immer noch tief in den Gliedern, und die Begegnung mit dem Phönix hatte ihn zutiefst erschüttert. Er war so durcheinander, dass er kaum einen Plan für die nächsten Stunden fassen konnte, geschweige denn für sein restliches Leben. Und doch verspürte er plötzlich einen unbändigen Lebenshunger, eine Lust auf die Zukunft, als hätte die ausgelassene Stimmung in den Straßen ihn angesteckt.
    »Ich denke, ich ziehe wieder in die Sternwarte«, sagte er. »Sie muss dringend renoviert werden, und der Blitzfänger könnte auch die eine oder andere Reparatur vertragen. Hilfst du mir?«
    »Klar doch«, antwortete Vivana.
    »Und dann — mal sehen. Ich schätze, ich handele wieder mit Blitzen. In ein paar Jahren, wenn ich genug Geld gespart habe, kaufe ich mir ein Luftschiff und werde
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