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Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Titel: Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen
Autoren: Christoph Lode
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wie es ging.«
    »Das ist dein Vater, nehme ich an. Der berühmte Nestor Quindal. Es ist mir ein Vergnügen.«
    Mit gerunzelter Stirn betrachtete ihr Vater die Stelle, wo er den Alb vermutete. »Warum zeigst du dich nicht?«
    »Alles zu seiner Zeit«, erwiderte Lucien. »Was ist in dem Korb?«
    »Verpflegung und Ausrüstung für eine lange Reise«, erklärte Vivana, »so wie du gesagt hast.«
    »Deswegen hättet ihr nicht den halben Hausrat einpacken müssen. Mit so viel Gepäck kommen wir im Pandæmonium keine fünf Meilen weit. Egal, darum kümmern wir uns nachher. Geht jetzt zum Eingang an der Südseite und folgt dem Tunnel, bis ihr zu einer Treppe auf der rechten Seite kommt. Dort gebe ich euch weitere Anweisungen.«
    »Wieso sollten wir dir trauen?«, fragte Vivanas Vater.
    »Weil er der Einzige ist, der weiß, wo das Tor ist«, sagte Vivana ungeduldig. »Jetzt komm schon.«
    »Hör auf deine Tochter, Quindal. Sie ist ein kluges Mädchen. «

    Vivana hörte leise Schritte, die sich von ihnen entfernten, und ging los. Ihr Vater folgte ihr widerwillig.
    Öllampen mit milchig-trüben Glasfassungen hingen im Eingang auf der Südseite und tauchten ihn in fahles Licht. Niemand war zu sehen, aber aus den Gitterfenstern des Untergeschosses ertönte Tavernenlärm.
    Vivana konnte spüren, dass Lucien immerzu in ihrer Nähe war, während sie den Tunnel entlanggingen. Rampen, die zu den Zuschauerrängen hinaufführten, zweigten links und rechts ab, waren jedoch mit Brettern vernagelt. Plakate von Varietés, Laterna-Magica-Vorführungen und Schauerkabinetten klebten daran.
    Als sie die Treppe fanden, hörten sie abermals Luciens Stimme: »Da unten erwartet uns der Abschaum von Bradost. Also seht zu, dass ihr keinen Ärger bekommt. Ich bleibe dicht bei euch und sage euch, wohin ihr gehen müsst.«
    Schaudernd dachte Vivana an ihre Begegung mit dem entstellten Händler, der ihr Ruac wegnehmen wollte. »Gibt es keinen anderen Weg?«
    »Doch. Aber der ist noch schlimmer.«
    Eine kurze und kaum merkliche Verschiebung von Licht und Schatten verriet ihr, dass Lucien vorausgegangen war. Sie hüllte Ruac in ihr Cape, sodass nur noch seine Schnauze zu sehen war, und stieg die engen Stufen hinab.
    Die Treppe führte in einen weitläufigen Gewölbesaal. Feuer brannten in mehreren Kohlepfannen, die Luft war zum Schneiden dick von öligem Rauch und dem Geruch von Ale, saurem Wein und Opium. Tische standen kreuz und quer zwischen den Säulen, bevölkert von zechenden Menschen. Vivana sah Matrosen mit vernarbten Armen und bunten Kopftüchern, rotgesichtige Patrizier und junge Edelleute, die mit den Huren schäkerten oder sich an ihren Absinthkelchen labten. Irgendwo spielte jemand auf einer Pfeife eine wilde Melodie,
begleitet von einem Tamburin, und auf einem der Tische tanzte ein leicht bekleidetes Mädchen, das höchstens so alt wie Vivana war. Ihre Zwillingsschwester saß auf dem Schoß eines Mannes und kicherte, als der seine Hand unter ihre Röcke schob.
    »Sieh da nicht hin«, knurrte ihr Vater und zog sie weiter. Vivana konnte sich kaum vom Anblick all dieser betrunkenen und lüsternen Menschen losreißen. In den Tavernen und Kaffeehäusern, die sie kannte, ging es immer recht gesittet zu. So eine Orgie hatte sie noch nie gesehen. Plötzlich kam sie sich sehr behütet vor.
    Während sie den Saal durchquerten, bemerkte sie, dass hin und wieder jemand zu ihnen herstarrte.
    »Können die Leute dich etwa sehen?«, fragte sie Lucien leise.
    »Ein paar schon. Unauffälligkeit funktioniert nicht besonders gut bei Betrunkenen und Opiumsüchtigen. Es macht nichts. Mit etwas Glück halten sie mich für eine Wahnvorstellung. «
    Lucien dirigierte sie durch die Rauchschwaden zu einem Gang, beleuchtet von Fackeln in rostigen Wandhalterungen. Aus einer Nische klang leises Seufzen, und Vivana erblickte ein Paar, das sich innig küsste und umarmte. »Was gibt’s da zu glotzen?«, blaffte der Mann sie an, bevor er damit fortfuhr, das Wams der Frau aufzuknöpfen.
    Der verwinkelte Tunnel beschrieb, immer wieder unterbrochen von kurzen Treppen, mehrere Biegungen, sodass Vivana bald die Orientierung verlor. In den angrenzenden Kammern hielten sich Leute auf, die aus diesem oder jenem Grund ungestört sein wollten. Ein vornehm gekleideter Jüngling kauerte mit seinen beiden Begleiterinnen auf einem Lager aus Kissen und zog an einer Opiumpfeife. Eine rothaarige Alchymistin in bleifarbenen Gewändern stritt mit einem Halbwüchsigen,
entriss ihm einen
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