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Pan Tau

Pan Tau

Titel: Pan Tau
Autoren: Ota Hofman
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Dackel Schönling. Die Pfoten waren ihm eingeschlafen, denn regungslos dazustehen war schwerer, als zur richtigen Melone zu gelangen und sie gegen die falsche einzutauschen. Wieder erstarrte der Dackel, jetzt schon mit Pan Taus Melone im Maul. Waldemar drehte sich im Schlaf zur Seite und griff mit einem tiefen Seufzer nach der Melone neben dem Bett. Sie war noch immer dort.
    Auch am Morgen, als er erwachte und verstört um sich blickte. Die Villa war verschwunden. Das Bett stand mitten auf einem Misthaufen. Auf einem Stuhl lagen seine alten Kleider. Eilig griff er nach dem Hut und setzte ihn auf. Er trommelte auf die Melone und fuhr dann mit den Fingern am Hutrand einmal nach links und einmal nach rechts. Doch nichts geschah. Alles war aus! Auch das größte und abscheulichste Auto war verschwunden. Wo er es geparkt hatte, lagen nur leere Konservenbüchsen und ein verrostetes Fahrrad. Der Mann vom Fundbüro klapperte vor Kälte mit den Zähnen. Er zog sich an. Dann riß er das Federbett auseinander, um sich die Taschen mit den Banknoten vollzustopfen. Nichts war da, nur Federn wirbelten durch die Luft und fielen langsam wie Schnee auf den Mann mit Melone.
     
     
     

Sechzehntes Kapitel. Die völlig unnötige Aktion Nummer drei. Pan Tau kehrt zurück. Die letzte Glasmurmel.
     
    Heute weiß ich, daß der halsbrecherische Weg aufs Dach des Fundbüros, zu dem ich auch Vivian verleitet hatte, unnötig und lächerlich war. Aber damals im Morgengrauen kam es uns nicht unnötig und lächerlich vor. Nur eines bereitete uns Schwierigkeiten: der Morgentau, der wie Schmierseife auf den Dachziegeln lag und sie eisglatt machte. Ein unvorsichtiger Schritt genügte, und...
    »Halten Sie sich an mir fest, Vivian!«
    Ich sah, daß Vivian von Zeit zu Zeit die Augen schloß, um nicht hinunter in die Tiefe blicken zu müssen.
    »Noch drei Schritte!«
    »Noch zwei Schritte!«
    »Wissen Sie genau, daß dieser Schornstein der richtige ist?« sagte sie, als wir endlich am Ziel waren. »Wenn ja, nehmen Sie mich mit hinunter. Wir hatten vereinbart, alles gemeinsam zu tun, Anderson.«
    »Einer muß warten.«
    »Warum gerade ich?«
    »Weil...« Ich kannte Vivian. Von Gefahr durfte ich vor ihr nicht reden. »Weil... Sie ein Mädchen sind...«
    »Es freut mich, daß Sie das überhaupt bemerken...«
    »Ich?«
    »Sie!« Sie zögerte etwas. »Kriechen Sie doch schon hinunter! Ich könnte Ihnen eine Menge sagen, doch wir haben keine Zeit.«
    Eine Sekunde lang sah ich sie noch in der Schornsteinöffnung über mir, doch dann war um mich herum nur noch Dunkel, in dem ich vergeblich abzuschätzen versuchte, wie weit ich es noch bis nach unten hatte.
    »Vivian?«
    »Ja?«
    »Hören Sie mich?«
    »Sogar zweimal. Mit Echo. Wie aus einem Faß.«
    »Was wollten Sie mir noch sagen?«
    »Daß ich Sie mag... Weil es mit Ihnen viel Spaß gibt.«
    Das war das letzte, was ich hörte. Der Haken in der Schornsteinwand hatte nachgegeben. Ich erwachte im Kamin des Fundbüros. Pan Tau stand über mir.
    »Sie müssen fliehen«, sagte ich zu ihm. »Es ist die einzige Möglichkeit. Ich hatte versucht, durch den Keller einzudringen, vergeblich.« Er zeigte auf den Kamin.
    Ich nickte.
    Es wunderte ihn nicht. Er trat in den Kamin und reichte mir die Hand, um mich zu führen. Zu meinem eigenen Erstaunen hörte ich mich sagen: »Ich mag Sie... Weil es mit Ihnen viel Spaß gibt...« Auch das wunderte ihn nicht. Er kannte mich ja schon lange. Auf dem Dach lächelte er und griff in die Tasche. Sie war voll mit Glasmurmeln. Er suchte eine aus und gab sie mir.
    »Das versteh’ ich nicht«, sagte Vivian. »Warum eine Glasmurmel?« Ich sagte: »Drei waren es, die ich verloren hatte. Eine fand ich in Venedig, die zweite in Rom im Auge des Kaninchens mit 4er Tasche und der Uhr. Jetzt sind es wieder drei.«
    Pan Tau hörte mir nicht zu. Nachdenklich guckte er auf die Straße hinunter. Sie war voll von Kindern. Aus allen Richtungen waren sie herbeigelaufen. Sie umringten einen Mann auf einem Fahrrad. »Pan Tau!«
    »Wir wollen Pan Tau haben!«
    Pan Tau lächelte. Zuckte mit den Achseln. Kehrte zum Schornstein zurück, kletterte wieder hinunter, um sich noch einmal befreien zu lassen.
    »Hinunter durchs Kaninchenloch«, flüsterte Vivian, denn auch sie erinnerte sich an Alice im Wunderland und an das Kaninchen mit der Tasche und der Uhr auf dem Asphalt in Rom. »Kriech du zuerst! Wir müssen erfahren, wie alles zu Ende geht.«
     
     
     

Wie alles zu Ende geht. Das letzte Kapitel hat
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