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Pan Tau

Pan Tau

Titel: Pan Tau
Autoren: Ota Hofman
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verdorben, könnte ich mir acht Autos kaufen, eine weiße Villa am Meer, einen Pelzmantel und Handschuhe.«
    »Wären Sie dann glücklicher?«
    Hundert Meter über der Erde sagte sie:
    »Nein.«
    Fünfzig Meter über der Erde:
    »Vielleicht doch...«
    Und als wir gelandet waren:
    »Ich weiß es nicht genau...«
    Vielleicht deshalb, weil sie einen Teil ihres Traums, die Handschuhe, schon besaß. Es waren weiße Handschuhe aus feinem Leder. Sie zog sie langsam an, und als ich mich vorgestellt hatte, sagte sie: »Anderson? Ein hübscher Name!« Sie lächelte. »Wahrscheinlich werden Sie lachen, Anderson, aber als ich sie sah, diese komische kleine Rakete wie aus dem Märchen, hatte ich ein Gefühl, als ob gleich ein Heinzelmännchen herauskommen und sagen würde: Vivian, ich erfülle alle deine Wünsche. Du brauchst nicht mehr langweilige Reportagen über Modeschauen zu schreiben, sondern...« »Sondern was, Vivian?«
    »Ach, was weiß ich...« Die Sonne brannte auf die Piste des Flughafens Leonardo da Vinci. Vivian trat auf die Gangway und schützte sofort ihre erstaunten grünen Augen mit einer grünen Sonnenbrille. »Das tut jetzt nichts zur Sache«, sagte sie. »Aber wer sind Sie, Anderson?«
    »Ich?«
    »Ein Präsident, ein Minister oder dieses Heinzelmännchen?«
    »O du meine Güte!«
    »Oder...«
    Es sollte noch schlimmer kommen. Vielleicht war die Hitze daran schuld. Vierzig Grad im Schatten! Die Luft flimmerte, und in diesem Flimmern marschierte über die Piste eine Ehrenwache der Stadt Rom auf uns zu. Musik in weißen Gamaschen. Männer in Schwarz rollten vor der Gangway einen roten Teppich aus, und auf diesem Teppich schritt ein dicker Mann im Frack auf Vivian und mich zu. Über der Brust hatte er eine Schärpe in den Nationalfarben. Er breitete die Arme aus und rief begeistert:
    »Willkommen in der Ewigen Stadt!«
    Er umarmte Vivian, mir reichte er die Hand. Etwas leiser fügte er hinzu: »Wir hatten Sie etwas später erwartet. Wird er sprechen?« »Wer?«
    »Na er. Oder Sie? Wer sind Sie? Sein Sekretär? Oder...«
    Ich drehte mich um.
    Hinter uns auf der Treppe stand der Herr mit Melone.
    Pan Tau.
     
     
     

Elftes Kapitel. Ich kriege es mit der Angst zu tun. Und Vivian hat ihren Spaß. Das fliegende Karussell ist kein Rätsel mehr. Brot und Salz und viele weiße Kaninchen.
     
    »Keine Ansprache«, sagte Vivian, während Pan Tau zum Gruß mit dem Regenschirm winkte. »Er mag keine langen Reden. Und er ist müde.«
    »Er ist...«
    Ich wollte sagen: Er ist ein Betrüger. Ich habe den Haftbefehl in der Tasche.
    Aber der Mann im Frack mit der Schärpe über der Brust hörte mir nicht mehr zu. »Gewiß. Ich verstehe. Ganz Ihrer Meinung.« Er spräche nur mit Vivian. Er versicherte ihr: »Keine Ansprache. Nur Blumen. Parade der Ehrenwache.«
    »Vivian...«
    Aber nicht einmal Vivian hörte mir zu.
    Ihre Augen leuchteten.
    »Er ist zauberhaft...«
    Es war wie im Fernsehen: Auf dem Flughafen wurde der Ehrengast X vom Bürgermeister der Stadt begrüßt.
    Nur anders. Wie im Fernsehen: der Blumenstrauß. Aber Pan Tau nahm von diesem Blumenstrauß nur eine einzige Blume. Er schnupperte an ihr. Mit einem dankbaren Lächeln steckte er sich die geschenkte Blume statt der alten ans Revers seines Jacketts. Er schnupperte auch an der alten Blume, als wollte er ihr danken, daß sie bei ihm gewesen war. Aus einer Tasche fischte er eine Gießkanne mit Wasser. Gefühlvoll sprengte er die alte Blume und steckte sie in den Strauß.
    Als erster gewann der Protokollchef seine Fassung wieder. Er sprach:
    »W-ww-w...«
    Er hatte es sogar auf dem Zettel stehen, den er in der Hand hielt: Willkommen in der Ewigen Stadt.
    W-ww-w-weiter w-ww-w-wußte er nichts mehr zu sagen. Verzweifelt gab er der Musik in weißen Gamaschen einen Wink, und die begann einen Festmarsch zu spielen. (Oder war es die Hymne?) Pan Tau schritt würdevoll die Ehrenwache ab, und Vivian lächelte noch mehr als vorher, denn sie ahnte, wohin er schritt.
    »Schauen Sie!«
    Pan Tau blieb eben vor dem Trommler stehen. Eine Weile sah er erstaunt zu, wie die Schlegel, durch die Luft flogen. Dann nahm er sie in die Hand. Dem Trommler gab er seinen Regenschirm. Mit kindlicher Neugier betrachtete er die Schlegel. Er warf sie in die Luft, fing sie dann im Fluge auf und versuchte zu trommeln.
    »Für das erstemal geht es recht gut«, sagte Vivian anerkennend. »Er ist zauberhaft. Man weiß nie, was er im nächsten Moment tun wird. Eines verstehe ich nicht. Wo nahm er die
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