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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts
Autoren: Tad Williams
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Oregon? Nicht Louisiana? Nicht bei der … der J Corporation ?«
    »Ah.« Tanabe nickte ernst. »Wie ich sehe, beginnst du dich wieder zu erinnern. Das Ganze ist ein schreckliches Mißgeschick, Herr Jonas, ein ganz schreckliches Mißgeschick. Ein sehr schwerwiegender Fehler … der übrigens nicht von uns begangen wurde, sondern von der J Corporation , wie ich betonen muß. Aber wir haben ihn behoben. Wir hoffen … wir hoffen, daß du das nicht vergessen wirst.«
    Paul konnte nur den Kopf schütteln. »Ich verstehe gar nichts.«
    »Zeit und Ruhe, Herr Jonas, das ist alles, was du gegenwärtig brauchst. Und jetzt möchten wir dich auch nicht länger stören. Einige meiner Kollegen wollten gleich ein Gespräch mit dir führen, aber ich habe ihnen erklärt ›Erst müssen wir Herrn Jonas die Aufrichtigkeit unserer Anteilnahme beweisen, unsere Betroffenheit und Empörung über das, was ihm angetan wurde.‹ Du bist das Opfer eines höchst bedauerlichen Irrtums geworden, Herr Jonas, aber wir stehen auf deiner Seite. Die Telemorphix Corporation ist dein Freund. Wir werden dafür sorgen, daß alles wieder ins reine kommt.«
    Während Paul immer noch kopfschüttelnd die Neurokanüle an seinem Schädelansatz befingerte – ein teures Stück, an dessen Erwerb er sich nicht erinnern konnte –, wurde er in das Privatzimmer geschoben, das in der Tat mehr Ähnlichkeit mit einer Hotelsuite hatte als mit den normalen Räumlichkeiten in einem Krankenhaus. Nur die diskrete Monitorzeile neben dem Bett deutete auf den wahren Charakter des Zimmers hin. Zwei schweigende Sanitäter halfen ihm auf die Matratze hinüber – Paul stellte erstaunt fest, daß seine Beine ihn beinahe trugen, auch wenn sie sich furchtbar schwach anfühlten –, und dann stand nur noch Tanabe in der Tür, weiterhin unbeirrt lächelnd.
    »Ach, eines noch. Ich nehme an, du bist zu müde, um jetzt gleich Besuch zu empfangen?«
    »Besuch?« Er war erschöpft, aber ihm graute davor, die Augen zu schließen und dann womöglich in einer noch absonderlicheren Situation aufzuwachen. »Nein, ich bin nicht zu müde.«
    Tanabes Maske fröhlicher Fürsorglichkeit verwackelte ein wenig. »Aha. Gut. Aber dein Arzt und … und die Anwältin deines Besuchs … sind übereingekommen, daß eine Viertelstunde im Moment das Äußerste ist, was man dir zumuten kann. Wir möchten keinesfalls deine Gesundheit gefährden.« Die penetrant optimistische Miene kehrte zurück. »Schließlich bist du für uns alle eine wichtige Persönlichkeit.«
    Paul konnte nur völlig perplex ins Leere starren, als Tanabe die Tür hinter sich schloß. Er hörte Stimmen auf dem Flur, möglicherweise einen erregten Wortwechsel, aber die Wände waren dick, und sein Kopf fühlte sich an wie in Watte gepackt. Da ging schwungvoll die Tür auf, und eine Frau, die er noch nie gesehen hatte, kam herein. Sie war ungefähr in seinem Alter, schlank, elegant gekleidet – und sichtlich befangen. Was er nicht ganz verstand, war, warum sie in einem schwach beleuchteten Raum eine Brille mit dunklen Gläsern trug.
    »Darf ich mich setzen?« Ihr Englisch hatte einen leichten Akzent -Italienerin? Französin?
    »Aber sicher.« Er war bereit, alles, was kommen mochte, über sich ergehen zu lassen. Laß dich einfach treiben, dachte er. Irgendwann klärt sich alles von selbst. Doch dann kam es ihm so vor, als ob Treibenlassen bis jetzt keine besonders gute Strategie gewesen wäre. Ein schmerzliches Bedauern über das Schicksal der armen, toten Ava durchzuckte ihn, über seine fahrlässige Dummheit. »Wer bist du?«
    Sie blickte einen Moment auf den Boden, dann richtete sie die dunklen Gläser wieder auf ihn. »Ich hatte nicht erwartet, daß das weh tun würde, aber es tut weh. Wir sind füreinander Fremde, Paul. Aber wir sind auch Freunde. Ich heiße Martine Desroubins.«
    Er beobachtete sie, wie sie sich auf einem Stuhl neben seinem Bett niederließ. »Ich habe dich noch nie gesehen – denke ich wenigstens.« Er runzelte die Stirn, fühlte sich immer noch benommen, immer noch benebelt im Kopf. »Bist du blind?«
    »Bis vor kurzem.« Sie faltete die Hände im Schoß. »Sehen zu können ist für mich noch … ungewohnt. Mir schmerzen manchmal die Augen vom Licht.« Sie neigte den Kopf ein wenig zur Seite. »Aber ansonsten sehe ich leidlich gut. Und es ist sehr schön, dich wiederzusehen, Paul.«
    »Ich verstehe das alles nicht. Ich war Hauslehrer bei … bei Felix Jongleur. In Louisiana. Dann geschah etwas Schreckliches. Ein
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