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Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut

Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut

Titel: Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut
Autoren: Eva Almstädt
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Warnweste, die das Geld für die Fährüberfahrt kassierte. »So einen Andrang hatten wir schon seit Wochen nicht mehr.«
    Pia Korittki, Kriminaloberkommissarin bei der Lübecker Bezirkskriminalinspektion, nahm den Fahrschein und das Wechselgeld durch das geöffnete Autofenster entgegen. »Bei einer Sportveranstaltung auf dem Priwall hat es einen Unfall gegeben«, gab sie vage Auskunft. Das war nur unwesentlich weniger, als sie selbst wusste. Sie war erst vor einer halben Stunde telefonisch darüber informiert worden, dass sie zu einem Einsatz erwartet wurde.
    »Der Rettungswagen ist schon wieder zurückgekommen, und der hatte es nicht besonders eilig. Dann erwarten wir demnächst wohl einen Leichenwagen …«, meinte die Frau und blinzelte Pia neugierig an.
    »Dazu kann ich Ihnen nichts sagen. Einen schönen Tag noch«, antwortete sie und hob zum Abschied kurz die Hand. Ein Toter bei einem Orientierungslauf auf dem Priwall. Eine tödliche Schussverletzung, mehr wusste sie auch noch nicht. Sie fuhr auf die Fähre und schaltete den Motor aus.
    Die Überfahrt dauerte nur wenige Minuten, und während Pia zusah, wie der u-förmige Komplex einer Seniorenwohnanlage, die direkt auf der anderen Seite am Trave-Ufer lag, immer näher kam, versuchte sie, sich darauf einzustellen, was sie am Einsatzort erwartete. Angehörige, wahrscheinlich waren bei einer Veranstaltung an einem Sonntag Angehörige des Toten anwesend. Bei einer Sportveranstaltung gab es viele Personen, die auf die eine oder andere Art involviert waren. Und alle würden befragt werden müssen.
    Links, ein Stück in Richtung Flussmündung, konnte Pia die Passat im Wasser liegen sehen. Die Viermastbark mit ihren hoch in den Himmel ragenden Masten sah so aus, als könnte sie jederzeit zu ihrer nächsten Weltreise auslaufen – doch in Travemünde war Endstation. Nun konnte man die Passat für Feste mieten, Hochzeitsfeiern beispielsweise … Was Pia an ihr Vorhaben für diesen Sonntag erinnerte, das sie jetzt getrost vergessen konnte.
    Es gab einen leichten Ruck, die Fähre legte an, und die rot-weiße Schranke hob sich. Ein gemeinsames spätes Frühstück mit ihrem Freund mit frischen Brötchen und Milchkaffee war vorhin zu einem hastigen Toast zwischen Dusche und Schlafzimmer mutiert. Danach, irgendwann am frühen Nachmittag, hatte sie mit Hinnerk zu ihren Eltern fahren wollen. Wollen … Na ja, es wurde langsam Zeit, sie darüber in Kenntnis zu setzten, dass sie Großeltern wurden: im April nächsten Jahres …
    Sie legte den Gang ein und fuhr an. Während Pia den Wagen die leicht ansteigende Straße in Richtung Osten lenkte, dachte sie daran, wie lange sie noch ihre Augen vor den anstehenden Veränderungen würde verschließen können. Außer ihrem Freund Hinnerk, der nach dem zu erwartenden anfänglichen Schock den Ereignissen mit einer gewissen Vorfreude entgegensah, und ihrem Chef, der weniger freudig reagiert hatte, es nach dem dritten Monat der Fairness halber aber hatte erfahren müssen, hatte sie es noch niemandem erzählt. Sie wusste ja selbst nicht genau, wie sie dazu stand. Neben verhaltener Freude und einer gewissen Neugierde beherrschte eine große Portion Skepsis ihre Gedanken. Job und Kind … ein banales Problem, nichtsdestotrotz ein Problem.
    Ein Kind war nicht geplant gewesen. Sie hatte gerade so gut Fuß gefasst in ihrem Job und wollte weiterkommen. Außerdem war sie erst seit eineinhalb Jahren mit Hinnerk zusammen. Es war ihre längste Beziehung überhaupt, und sie glaubte, dass sie ihn liebte, aber von einem gemeinsamen Kind war nie die Rede gewesen. Irgendwann einmal, ja … und wenn sie vorher darüber nachgedacht hätte, dann wäre Hinnerk wohl der potenzielle Vater ihrer Wahl gewesen. Nun, da die Realität sie eingeholt hatte, war alles ein einziges Chaos. In gewisser Hinsicht kam es ihr gelegen, dass sie heute arbeiten musste. Ein Aufschub …
    Pia fuhr die Mecklenburger Landstraße hinunter, am ehemaligen Priwall-Krankenhaus vorbei. Das Klinik-Gelände mit dem hohen Baumbestand sah verlassen aus. Soweit sie wusste, wurden zwei der kasernenartigen Gebäude als Magazin für Bestände der Stadtbibliothek Lübeck genutzt, ansonsten suchte man wohl noch nach einem Käufer.
    Der Tatort lag gegenüber der Ferienhaussiedlung hinter einem Waldstück. Pia stellte ihren Citroën, der sich immer in irgendwelche Lücken quetschen ließ, zu den hundertfünfzig anderen Fahrzeugen am Fahrbahnrand und nahm den abgesperrten Pfad durch den Wald in Richtung
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