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Ostfriesenblut

Ostfriesenblut

Titel: Ostfriesenblut
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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guckst du so komisch?«, fragte Ann Kathrin. »Was hast du?«
    »Wann hast du deinen Sohn zum letzten Mal gesehen?«, fragte er zurück.
    »Was hat das denn jetzt damit zu tun?«
    »Bitte geh jetzt nicht gleich in die Luft. Es bleibt unter uns, wenn du willst.«
    »Was? Rück endlich mit der Sprache raus.«
    »Das Ganze sieht doch sehr nach einem Streich aus. Findest du nicht, Ann? Ich meine, wer hat die Möglichkeit, hier reinzugehen und deine Anlagen abzustellen? Um das von außen zu machen, müsste man nicht nur Computerspezialist sein, sondern auch deine Zugangsdaten kennen.«
    »Ja und?« Sie wusste immer noch nicht, worauf er hinauswollte. Es blieb ihm nicht erspart, es auszusprechen.
    »Eike könnte versucht haben, mit seinen Freunden … «
    Ann Kathrin Klaasen ging sofort hoch, genau wie Weller befürchtet hatte: »Du willst doch nicht behaupten, dass mein Sohn … «
    Weller wehrte mit offener Hand ab und versuchte zu beschwichtigen: »Ich will überhaupt nichts behaupten, Ann. Aber das Ganze sieht doch sehr danach aus. Der Junge kämpft um die Aufmerksamkeit seiner Mutter. Kann ich mich gut mit identifizieren. Hab ich als Junge auch gemacht. Worauf reagiert seine Mutter? Auf Leichen und Verbrechen. Eike holt mit seinen Freunden eine tote alte Dame aus der Leichenhalle – ich stell mir das wie so eine Mutprobe vor –, und sie legen sie dir vor die Tür. Im Grunde ist nichts passiert. Natürlich weiß er, dass deine Anlagen ihn dabei filmen würden. Also schaltet er sie für eine kurze Zeit aus.«
    Auch wenn der Verdacht sie empörte, musste sie doch zugestehen, dass eine bestechende Logik darin lag. Wer sollte sonst einen Grund haben, ihr eine Leiche vor die Tür zu legen?
    Trotzdem giftete sie Weller an: »Wenn er Aufmerksamkeit von mir haben will, muss er das nicht auf so eine krause Tour machen.« Sie stöhnte. »Was meinst du, wie oft ich versucht habe, ihn zu erreichen? Der ruft doch nicht mal zurück. Der
hat ganz andere Sorgen, als sich um seine Mutter zu kümmern. Wenn überhaupt, dann kämpft er um die Aufmerksamkeit seines Vaters und dessen Freundin … «
    Sie schwieg, weil sie befürchtete, ihre Augen könnten feucht werden. Auf keinen Fall wollte sie jetzt anfangen zu heulen.
    »Wir sollten die ganze Sache nicht so hoch hängen, Ann, damit wir sie später auch wieder eindampfen können, falls sich doch herausstellt, dass dein Sohn … Es ist ja nicht nötig, dass so etwas auf ewig in den Akten steht.«
    Sie spürte hinter seinen Worten sehr wohl, wie sehr er sich um sie bemühte und verhindern wollte, dass ihr Schaden zugefügt wurde. Trotzdem war sie irgendwie wütend auf ihn.
     
    Die Leiche wurde inzwischen abtransportiert, die ersten Informationen lagen vor. In Norden, Norddeich, Hage und Greetsiel vermisste niemand eine tote alte Dame. Die Kollegen kamen herein, um sich von Ann Kathrin Klaasen zu verabschieden.
    Ann Kathrin fand, dass Heiko Reuters von der Spurensicherung so merkwürdig grinste. Sie hätte ihm am liebsten eine reingehauen. Sie war immer noch nicht fertig mit dem, was Weller über ihren Sohn gesagt hatte. Kämpfte er genauso um ihre Aufmerksamkeit wie sie um seine? Warum fanden sie dann nicht zueinander?
    Du wirkst auf die Menschen wie ein Kühlschrank
, hatte Hero ihr vorgeworfen. War das wirklich so?
    Weller hatte wohl noch nicht vor zu gehen. Er war eher froh, die anderen endlich los zu sein. »Wir könnten jetzt beide einen Schnaps vertragen«, schlug er vor. Er konnte Doornkaat nicht ausstehen, aber er wusste, dass sie immer eine Flasche davon im Kühlschrank hatte.
    Während sie ein eisgekühltes Glas aus dem Gefrierfach holte und ihm einen Klaren eingoss, fragte er: »Soll ich mir deinen Sohnemann mal vorknöpfen? Es kann ja unter uns bleiben.
Wenn er rausrückt mit der ganzen Geschichte, dann muss man ja nicht gleich einen Staatsakt daraus machen. Noch kann man die ganze Fahndungsnummer rückgängig machen.«
    Sie hielt ihm das Glas hin.
    »Und du nicht?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich hab schon genug.«
    Weller hustete. Ein brennendes Gefühl breitete sich in seiner Speiseröhre aus. Er sah auf die Uhr. Es war kurz vor halb zwei.
    »Ich schlage vor«, sagte er, »dass ich heute Nacht hier schlafe.«
    Ann Kathrin zeigte auf sein Schnapsglas. »Musst du dir dafür Mut antrinken?«
    Er schüttelte abwehrend den Kopf wie damals als pubertärer Junge, als er von seiner Mutter mit einem Pornoheftchen erwischt worden war: »Nein! Es ist nicht, wie du denkst. Nur weil
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