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orwell,_george_-_tage_in_burma

Titel: orwell,_george_-_tage_in_burma
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Himmels willen einen Brandy.«
    »Gutes Vorbild für die Nichte, heh? Wenn sie den Onkel siebenmal in der Woche unterm Tisch liegen sieht. Heh, Butler! Brandy für Mr. Lackersteen Master!«
    Der Butler, ein dunkler, kräftiger Drawida mit wässerigen gelben Augen wie die eines Hundes, brachte den Brandy auf einem Messingtablett. Flory und Westfield bestellten Gin. Mr. Lackersteen schluckte ein paar Löffel und lehnte sich, nun resignierter stöhnend, in seine m Sessel zurück. Er hatte ein fleischiges, kluges Gesicht mit einem Bürstenbärtchen. Er war im Grunde ein sehr einfaches Gemüt, ohne einen anderen Ehrgeiz als »sich zu amüsieren«. Seine Frau beherrschte ihn mit der einzig möglichen Methode, ihn nie für mehr als ein bis zwei Stunden aus den Augen zu lassen. Nur einmal, ein Jahr nach ihrer Heirat, war sie für vierzehn Tage verreist und unerwartet einen Tag früher als geplant zurückgekommen und hatte Mr. Lackersteen betrunken vorgefunden, rechts und links von einem nackten burmanischen Mädchen gestützt, während ein drittes ihm Whisky aus der Flasche einflößte. Seitdem hatte sie ihn »wie eine Katze vor einem verdammten Mauseloch« beobachtet, wie er sich zu beklagen pflegte. Trotzdem brachte er es fertig, sich recht häufig zu »amüsieren«, obgleich es dabei meistens ziemlich rasch hergehen mußte.
    »Meine Güte, was ist nur heute früh mit meinem Kopf los«, sagte er. »Ruf den Butler nochmal, Westfield. Ich brauch noch einen Brandy, bevor meine Missus hier aufkreuzt. Sie sagt, sie will meine Sauferei auf vier Gläschen am Tag runterschrauben, wenn unsere Nichte hier ist. Zum Teufel mit allen beiden!« setzte er düster hinzu.
    »Hört mit dem Quatsch auf, ihr alle, und hört euch das an«, sagte Ellis säuerlich. Er hatte eine ko misch verletzende Sprechweise und machte sehr selten den Mund auf, ohne jemanden zu beleidigen. Er übertrieb seinen Cockney- Akzent absichtlich wegen des zynischen Tones, den er seinen Worten gab. »Habt ihr diesen Wisch vom alten Macgregor gesehen? Ein Blumensträußchen für jeden. Maxwell, wach auf und hör zu!«
    Maxwell ließ die Field sinken. Er war ein blonder Jüngling mit frischen Farben, nicht älter als fünf- oder sechsundzwanzig, sehr jung für seinen Posten. Mit seinen schweren Gliedmaßen und dichten weißen Augenwimpern erinnerte er an das Fohlen eines Karrengaules. Ellis zwickte die Notiz mit einer geschickten, gehässigen Bewegung von dem Brett und begann sie vorzulesen. Sie war von Mr. Macgregor angeschlagen worden, der nicht nur stellvertretender Kommissar, sondern auch Clubsekretär war.
    »Nun hört euch das an. ›Da dieser Club bisher noch keine orientalischen Mitglieder hat und es jetzt üblich ist, Beamte von öffentlich anerkanntem Rang, ob Eingeborene oder Europäer, zur Mitgliedschaft der meisten europäischen Clubs zuzulassen, ist der Vorschlag gemacht worden, die Frage zu erwägen, ob wir diese Praxis in Kyauktada verfolgen wollen. Die Angelegenheit wird bei der nächsten Generalversammlung zur Diskussion stehen. Einerseits kann man darauf hinweisen ...‹ - na ja, ist wohl nicht nötig, das alles durchzukauen. Er kann nicht mal eine Bekanntmachung aufsetzen ohne literarischen Durchfall. Worauf es jedenfalls ankommt, ist, daß er verlangt, daß wir gegen all unsere Regeln verstoßen und einen lieben kleinen Nigger in diesen Club aufnehmen. Den lieben Dr. Veraswami zum Beispiel. Dr. Schwammischlammi. Das wäre ein Fest, was? Kleine kugelbäuchige Nigger am Bridgetisch, die einem Knoblauchdunst ins Gesicht pusten. Herrgott, wenn man sich das vorstellt! Wir müssen zusammenhalten und sofort ein Machtwort sprechen. Was sagt ihr, Westfield? Flory?«
    Westfield zuckte philosophisch die mageren Achseln. Er hatte sich an den Tisch gesetzt und sich einen schwarzen, stinkenden burmanischen Stumpen angezündet.
    »Müssen uns wohl damit abfinden«, sagte er. »Diese Scheißeingeborenen kommen heutzutage in alle Clubs. Sogar in den Pegu- Club, hab ich gehört. So geht’s eben mit diesem Lande, wißt ihr. Wir sind ungefähr der letzte Club in Burma, der sich noch behauptet.«
    »Das sind wir; und me hr noch, wir werden uns verdammt nochmal weiter behaupten. Eher verrecke ich im Graben, als daß ich hier einen Nigger reinlasse.« Ellis hatte einen Bleistiftstummel hervorgeholt. Mit dem merkwürdigen Trotz, den manche Leute in ihre kleinste Geste legen können, heftete er den Anschlag wieder an das Brett und schrieb neben Mr. Macgregors Unterschrift
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