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Orphan 1 Der Engel von Inveraray

Orphan 1 Der Engel von Inveraray

Titel: Orphan 1 Der Engel von Inveraray
Autoren: Karyn Monk
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Kraft, scheinbar gelassen zu erklären: „Ich bin sicher, Vincent hätte deine Sorge um ihn zu schätzen gewusst."
    Haydon stieß ein bitteres Lachen aus. „Das bezweifele ich. Vincent hat mich verachtet, und er besaß allen Grund dazu." Er verzog gequält das Gesicht und wandte sich vom Kamin ab. „Ich habe ihn getötet, Genevieve, so sicher, als hätte ich selbst diese verfluchte Pistole abgefeuert."
    „Das glaube ich nicht, und du solltest es auch nicht tun." Ihr Wunsch, ihn zu schützen, siegte augenblicklich über ihren eigenen Schmerz. „Vincent wollte dich töten, Haydon, wie er es bereits seit Monaten geplant hatte, vielleicht sogar seit Jahren. Doch als er erkannte, dass du nicht der Unmensch warst, für den er dich gehalten hatte, konnte er es nicht über sich bringen ..."
    „Und brachte stattdessen sich selbst um", schloss Haydon bitter, „weil ich sein Leben zerstört habe." Seine Worte troffen vor Selbstverachtung.
    „Du hast ihn entsetzlich verletzt, indem du ein Kind gezeugt hast, von dem Cassandra ihm eingeredet hat, es sei sein eigenes", bestätigte Genevieve. „Doch du hast ihn nicht zerstört und ihn gewiss nicht in den Selbstmord getrieben. Es war Vincents Entscheidung, einen Wall zwischen sich und Emmaline zu errichten.
    Vielleicht dachte er damals, er hätte keine Wahl, doch ich bin anderer Ansicht. Wir haben keinen sehr großen Einfluss darauf, was uns im Leben widerfährt, doch wir können sehr wohl entscheiden, wie wir damit umgehen." Ihr Tonfall wurde sanfter, als sie fortfuhr: „Vincent war am Boden zerstört, als er erfuhr, dass Emmaline nicht seine leibliche Tochter war, doch niemand hat ihn gezwungen, ihr fortan seine Liebe zu entziehen. Das war seine ureigene Entscheidung. Und die Folgen dieser Entscheidung waren unerträglich, sowohl für Emmaline als auch für ihn selbst."
    Wenig überzeugt schüttelte Haydon den Kopf. „Wenn ich sie nie gezeugt hätte ...."
    „Wenn sie nie von dir gezeugt worden wäre, dann hätte Vincent vielleicht nie die kostbare Liebe kennen gelernt, die er in jenen ersten fünf Jahren erlebt hat", unterbrach sie, „und die Liebe, die er auch später noch für sie empfand. Oder Cassandra wäre von einem ihrer anderen Liebhaber geschwängert worden und hätte Vincent dieses Kind als sein eigenes untergeschoben. Es ist sinnlos, Mutmaßungen darüber anzustellen, was hätte geschehen können, Haydon. Als Jamie geboren wurde und seine Mutter starb, habe ich Gott dafür gezürnt, dass er ihn geschaffen hat, weil ich vor der unmöglichen Wahl stand, mich entweder seiner anzunehmen oder die Augen zu schließen und mich abzuwenden."
    „Doch du hast dich nicht abgewandt, Genevieve."
    „Nein. Und alles, was sich seither in meinem Leben ereignet hat, hing mit der Entscheidung zusammen, die ich an jenem Tag getroffen habe. Sie hat mir die Augen für das Leid ungewollter Kinder geöffnet, die ein jämmerliches Dasein am Rande der Gesellschaft fristen. Ihr verdanke ich meine Kinder und Oliver, Eunice und Doreen, die meine Familie geworden sind und mein Leben mit beispielloser Freude erfüllt haben. Und schließlich", schloss sie mit zitternder Stimme, „hat sie dich zu mir geführt."
    Sie hielt jäh inne. Den Gedanken, dass er wusste, wie viel er ihr bedeutete, konnte sie nicht ertragen. Nicht jetzt, wo er sie verlassen wollte. Sie konnte beinahe alles ertragen, nur nicht sein Mitleid.
    Haydon sah sie überrascht an. Sie wandte den Blick ab, die Hand verzweifelt um die Sofalehne geklammert. Von einem Moment auf den anderen hatte sich die starke, selbstsichere Frau, die leidenschaftlich sein Leben und seine Taten vor ihm verteidigte, in ein zerbrechliches, unsicheres Wesen verwandelt.
    Und schließlich hat sie dich zu mir geführt.
    Zwei große Schritte, und er war bei ihr. Er kniete nieder, legte die Hand um ihr Kinn und hob sanft ihr Gesicht an. In ihren Augen schimmerten Tränen, und ihr gequälter Blick ging ihm durch Mark und Bein. Scheu und zögernd griff sie nach seiner Hand und drückte sie an ihr Herz.
    Und dann, glitzernd wie Diamanten, rannen ihr die Tränen über die Wangen.
    Haydon schaute sie ehrfürchtig an und fühlte, wie ihr Herz warm unter seiner Hand pochte. Dann war ihm mit einem Male alles klar. Genevieve verurteilte ihn nicht für die schändlichen Verfehlungen seiner Vergangenheit, ebenso wenig wie sie eines ihrer Kinder für das Leben verurteilte, das es geführt hatte, bevor es in ihr Haus gekommen war. Irgendwie glaubte sie, dass er
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