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Optimum 1

Optimum 1

Titel: Optimum 1
Autoren: V Bicker
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hockte sich neben die Rothaarige und konnte einen leichten, süßen Duft wahrnehmen, der von ihr ausging. Irgendein besonderes Shampoo wahrscheinlich. Es war Rica zu blumig, aber sie musste gestehen, dass es zu diesem Mädchen passte.
    »Meine Ma wird hier unterrichten«, beantwortete sie die Frage. »Da musste ich wohl mit.«
    »Ah.« Offensichtlich waren der Rothaarigen die Worte ausgegangen. Sie blickte auf ihre Füße und wand ihre Finger umeinander, als hätte Rica ihr eine schwierige Prüfungsfrage gestellt, auf die sie keine Antwort wusste.
    Die Schwarzhaarige beugte sich vor und streckte Rica ihre Hand hin. »Ich bin Jo. Das ist Eliza.« Sie sprach beides englisch aus.
    »Rica«, sagte Rica und griff nach Jos Hand. Am Handgelenk des Mädchens konnte sie einige schmale Linien erkennen. Blasse Narben, quer zum Arm verlaufend. Allerdings waren die Narben dünn und kaum noch zu sehen. Alte Wunden. Ob sie deswegen hier ist? Ob ihre Eltern sie unter Aufsicht haben wollten?
    Rica hob ihren Blick und sah Jo ins Gesicht. Es wirkte hart und ein bisschen kantig, aber vielleicht war das auch nur ihr wild entschlossener Ausdruck. Im Gegensatz zu Eliza, die in Ricas Alter sein mochte, war Jo schon älter. Vielleicht bereits volljährig.
    »Willkommen im Irrenhaus, Rica«, sagte Jo und lachte. Eliza guckte vollkommen entsetzt und boxte ihr wieder mit dem Ellbogen in die Seite.
    »Sag so was doch nicht!«, murmelte sie. Gleichzeitig warf sie einen Blick über die Schulter zurück, als erwarte sie, dass dort gleich jemand auftauchte und sie zur Rede stellte.
    »Wieso? Wir haben sogar unsere eigene Therapeutin.« Jo malte mit den Fingerspitzen Anführungszeichen in die Luft, als sie das letzte Wort sagte. Sehr überzeugt sah sie nicht aus.
    Rica brauchte einen Moment, bevor ihr etwas darauf einfiel. »Da müsst ihr ja ziemlich irre sein, hier«, erwiderte sie. Sie hatte gehofft, es genau so locker hinwerfen zu können wie Jo, aber so richtig gelang ihr das nicht. Ihre Stimme hörte sich in ihren Ohren verzerrt und falsch an. Wohin bin ich hier nur geraten?
    Jo zuckte mit den Schultern.
    »Nicht alle von uns so irre wie Josefine«, entgegnete Eliza leise, aber bestimmt. Sie zog den Namen extra in die Länge, um ihn noch lächerlicher klingen zu lassen. Jo schnitt eine Grimasse, schwieg aber und wandte sich wieder dem Spielfeld zu. Die drei Jungs auf der anderen Bank taten so, als hätten sie überhaupt nicht bemerkt, dass sich noch ein Mädchen zu den beiden anderen auf der Bank gesellt hatte. Sie hatten die Köpfe zu den beiden Blondinen umgedreht und raunten sich gegenseitig halblaute Kommentare zu. Wahrscheinlich über die Form der Hintern.
    »Wie ist es hier denn so?«, fragte Rica Eliza.
    Eliza zuckte mit den Schultern. »Wenn du im Vergleich zu anderen Schulen meinst – keine Ahnung. Bin schon so lange hier, wie ich denken kann. Mein Pa ist total oft zu Hause in England, und meine Ma begleitet ihn dann. Schätze, darum haben sie keine Zeit, sich um mich zu kümmern. Deswegen bin ich hier.«
    England. Das erklärte den Namen und den leichten Akzent. Doch bevor Rica etwas sagen konnte, unterbrach Jo sie.
    »Du bist hier, weil du ein verdammtes Genie bist, Liz. So wie wir alle.«
    Eliza zuckte leicht zusammen. »Ach was«, murmelte sie. »Ich bin kein Genie.«
    »Nein? Geh mal an eine normale Schule und frag herum, wie viele Leute in deinem Alter fließend Latein, Englisch, Französisch, Spanisch, Russisch und Japanisch sprechen!«, fuhr Jo sie an. »Oder frag nach ihren Mathenoten. Oder danach, ob sie die Börsenkurse erklären und sinnvoll interpretieren können.«
    Eliza lächelte entschuldigend, sagte aber nichts. Rica schluckte.
    »Muss man hier so viele Sprachen sprechen können?«, wollte sie wissen. Sie hatte eigentlich geglaubt, dass sie mit ihrem Englisch und Französisch schon ganz gut dabei war. Ein paar Mitschüler an ihrer alten Schule konnten nicht mal richtig Englisch sprechen und verstehen.
    Eliza schüttelte den Kopf. »Nur wenn du magst«, erwiderte sie. »Ich interessiere mich eben für Sprachen. Da habe ich ein paar Extrakurse belegt.«
    »Ein paar?« Jo schnaubte so laut, dass die drei Jungs nun doch herübersahen. Sie taten so, als hätten sie Rica gerade erst entdeckt, und grinsten, halb anerkennend, halb anzüglich.
    »He, Ringelblume!«, rief einer von ihnen. »Wo haben sie dich denn gepflückt?«
    Rica warf nur einen kurzen Blick auf ihre pink-schwarz geringelten Leggings, bevor sie sich vorbeugte
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