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Optimum 1

Optimum 1

Titel: Optimum 1
Autoren: V Bicker
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kalte Nässe ihre Kleidung durchdrang. Dieser Kälte war es wohl auch zu verdanken, dass Rica nicht auf der Stelle das Bewusstsein verlor.
    Wasser.
    Sie war in einen Bach oder einen kleinen Fluss gefallen. Jetzt, wo sie ruhig lag, konnte sie auch das gleichmäßige Plätschern und Rauschen hören, kleine Stromschnellen, über die das Wasser spielerisch sprang.
    Rica wollte aufstehen, aber ein scharfer Schmerz durchfuhr augenblicklich ihren rechten Knöchel, und ihr Fuß gab einfach unter ihr nach, sodass sie mit einem lauten Platschen ins Wasser zurückplumpste. Kiesel schrammten ihr die Hände und Knie blutig, und das kalte Wasser biss in ihre Wunden. Rica unterdrückte ein Wimmern.
    Sie konnte nicht mehr laufen. Unmöglich. Also konnte sie nichts weiter tun, als ruhig liegen zu bleiben und zu hoffen, dass Andrea sie nicht bemerkte. Vielleicht war dieses Bachbett ja Glück im Unglück. War es nicht so, das Wasser es verhinderte, dass Hunde eine Witterung aufnahmen?
    Rica rollte sich auf den Rücken und blinzelte ein paarmal, um ihre Umgebung besser erkennen zu können. Langsam gelang es ihr, die Dunkelheit ein wenig zu durchdringen, sodass sie zumindest Schemen wahrnehmen konnte. Da waren die dunklen Schatten der Steilwände, die den kleinen Fluss begrenzten. Sie waren nicht mal besonders hoch, vielleicht knapp zwei Meter. Und da waren auch ein paar klobige Umrisse von größeren Felsbrocken. Gegen einen von denen musste sie bei ihrem Sturz geknallt sein, aber jetzt könnten gerade sie sich als Glücksfall erweisen. Rica wälzte sich auf den Bauch und krabbelte auf allen vieren zu den Felsen hinüber. Zwei von ihnen schmiegten sich aneinander wie ein Liebespärchen, und dazwischen war eine enge Nische, halb mit Flusswasser gefüllt und kaum groß genug, als dass ein Mensch darin Platz haben würde. Trotzdem war es einen Versuch wert. Über ihr bellte Odi am Steilhang, und sie konnte hören, wie Andrea durchs Unterholz brach. Sie redete die ganze Zeit auf den Hund ein, aber ein anderes Geräusch war nicht auszumachen. Also war sie vermutlich allein. Lars hatte sich entweder geweigert, sie zu begleiten, oder er war hinter Eliza her. Rica starrte nach oben, sah den Schattenriss des großen Schäferhundes vor den dunklen Bäumen. Sie schluckte und begann, sich in die Lücke zwischen den Felsen zu quetschen.
    »Wo ist sie, Odi, mein Junge?« Andreas Stimme übertönte das Gebell des Hundes, das jetzt in ein begeistertes Japsen überging. Felsen pressten sich links und rechts von Rica zusammen, schienen auf sie einzudrängen, sie zu zermalmen. Fast so, als rückten sie absichtlich näher, um ihr die Luft zum Atmen zu nehmen. Rica schloss die Augen, schob sich weiter, immer tiefer, bis es nicht mehr weiter ging. Dann versuchte sie, sich umzudrehen.
    Einen Moment lang glaubte sie, dass sie sich zu fest zwischen die Felsen gekeilt hatte und dass sie, selbst wenn Andrea und Odi sie nicht fänden, für immer hier stecken bleiben würde. Verhungern. Oder verdursten, je nachdem, was zuerst eintrat. Eine Welle aus Panik stieg in Rica hoch, sie musste die Zähne fest zusammenbeißen, um einen Aufschrei zu unterdrücken, und sie spürte, wie heiße Tränen ihre Wangen hinunterliefen.
    Sie probierte erneut, sich umzudrehen, und dieses Mal gelang es ihr. Mit Mühe schaffte sie es, sich auf den Rücken zu rollen und sich dann in eine halb sitzende Position aufzurichten. Ihre Welt war auf zwei dunkle Wände zusammengeschrumpft, die von einem schmalen helleren Streifen durchschnitten wurden. Von irgendwoher drangen gedämpft das Bellen und Andreas Rufe zu ihr her. Wasser schwappte in den schmalen Spalt, durchnässte ihre Schuhe und ihre Hose, kroch ihre Kleidung hinauf und saugte den letzten Rest von Wärme aus ihrem Körper. Rica schniefte, wollte sich Tränen und Rotz abwischen und merkte, dass sie ihre Arme nicht bewegen konnte, so eng waren sie an ihre Seiten gepresst.
    Und plötzlich platschte vor den Felsen etwas durchs Wasser, und das Gebell, das gleich darauf folgte, war so laut, dass es in Ricas Ohren dröhnte.
    »Wo ist sie, Junge? Wo ist sie hingelaufen?« Schritte wateten durch das flache Flussbett, und dann traten schemenhaft zwei Wanderstiefel in Ricas Blickfeld. Andrea stand direkt vor ihrem Versteck, kam allerdings nicht auf den Gedanken, zwischen die Felsen zu spähen. »Wo ist sie, Odi? Wo?« Die Worte klangen fröhlich und aufmunternd, wie man mit einem Hund spricht, den man zum Spielen auffordert. Rica zitterte und
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