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Opium fürs Volk: Natürliche Drogen in unserem Essen (German Edition)

Opium fürs Volk: Natürliche Drogen in unserem Essen (German Edition)

Titel: Opium fürs Volk: Natürliche Drogen in unserem Essen (German Edition)
Autoren: Andrea Fock , Jutta Muth , Monika Niehaus , Udo Pollmer
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Ähnlichkeiten zwischen den Neurotransmittern Serotonin, Dopamin und Noradrenalin und den Lysergsäure-Alkaloiden aus Mutterkorn (Claviceps purpurea)
    Berüchtigte Indol-Alkaloide sind das Strychnin aus der Brechnuss und die halluzinogenen Lysergsäure-Alkaloide des Mutterkorns (Claviceps purpurea) . Diese äußerst kompliziert gebauten Alkaloide des parasitischen Pilzes sind besonders heftige Halluzinogene. Denn formal sind in diesen Molekülen gleich drei Neurotransmitter-Strukturen enthalten: Dopamin, Serotonin und Adrenalin. Mutterkornalkaloide können also an die Dopamin-, die Serotonin- und die adrenergen Rezeptoren andocken (Abb. 5). Kein Wunder, dass schon winzige Mengen davon genügen, um psychedelische Effekte auszulösen, und die Lysergsäure als Vorbild für das synthetische LSD (Lyserg-Säure-Diäthylamid) diente. 5 , 8
    Wer jetzt hofft, dass Indol-Alkaloide nur von fiesen Pflanzen und Pilzen hergestellt werden können, denen man aus dem Weg gehen kann, der irrt. Einfach aufgebaute Indol-Alkaloide wie die β-Carboline werden bei jeder feuchtfröhlichen Fete erzeugt. Sie bilden sich aus körpereigenem Tryptamin und hochreaktivem Acetaldehyd, der beim Abbau des Alkohols in der Leber entsteht. 1 , 7 Solche β-Carboline stellen das eigentliche suchterzeugende Prinzip des Alkohols dar (siehe Kapitel 11). Der Acetaldehyd verschmäht auch andere Amine als Reaktionspartner nicht. Mit Tyramin, das aus der allgegenwärtigen Aminosäure Tyrosin entsteht, verbindet sich der Acetaldehyd im Körper zu dem vergleichsweise simpel aufgebauten Alkaloid Salsolin. Leichte Veränderungen am Molekül ergeben Salsolinol. 4 Dieses psychogene Isochinolin-Alkaloid kennt man seit langem aus der Banane, was die immense Beliebtheit der Gelbfrucht erklärt.

Schlusswort
    Unsere Reise quer durch die Zeit, die Kontinente und die Pharmakologie unserer Nahrung ist beendet. Und überall sind wir auf Drogen gestoßen. Bei uns in Deutschland hat der Begriff freilich einen üblen Beigeschmack; Drogen müssen bekämpft werden. Da kommt der englische Begriff «drugs» der Ambivalenz stimmungsaufhellender Stoffe schon näher – «drugs» meint nicht nur Rauschgift/Droge, sondern je nach Zusammenhang auch Heilmittel/Medikament. Und in unseren Vorgärten und Gewürzregalen wimmelt es von psychoaktiven Substanzen; Kulinarisches, Psychogenes, Medizinisches und Toxisches liegen bei Muskatnuss & Co. eng beieinander. Suchterregend sind diese Drogen nicht, aber abhängig sind wir in gewisser Weise schon von ihnen.
    Essen ist schließlich Genuss, Lebensfreude und Kultur – nicht zuletzt wegen der vielen die Stimmung hebenden Substanzen, mit denen ein geschickter Koch, eine ambitionierte Köchin ihre Mahlzeiten abrundet. Wer nach einem guten Menü beschwingt vom Tisch aufsteht, wird Bedauern für all jene empfinden, die sich diese Freude im Namen der Gesundheit versagen und anderen zu vermiesen suchen. «Genussdrogen» sind nicht nur Teil unseres geselligen Zusammenlebens – es wären ohne sie auch Literatur, Musik und bildende Kunst um vieles ärmer. Kaum ein Künstler war abstinent, kaum einer hat (freiwillig) gehungert. Wie schon Voltaire meinte: «Ich habe gefunden, dass Menschen mit Geist und Witz auch immer eine feine Zunge besitzen; jene aber mit stumpfem Gaumen beides entbehren.»
    Psychotrope Stoffe in Lebensmitteln

Psychotroper Stoff bzw. Präkursor/Vorläufer Literatur im Rohstoff
Wirkstoff entsteht bei Herstellung/Zubereitung
Psychotrope Substanz entsteht im Körper
Banane
Acetaldehyd
    Salsolinol (Alkaloid)
    Dopamin, Serotonin, Tyramin (biogene Amine)

β-Carboline (wirken als MAO-Hemmer)
    Serotonin
Bier
Hopein (Opiat, im Hopfen)
    Lupulon (Bitterstoff im Hopfen)
    Ethanol, Methanol (via Hefe)
    Hordenin (im Gerstenmalz)

Methylbutanol (wirkt beruhigend, entsteht aus Lupulon)
    Salsolinol,
    β-Carboline (via Acetaldehyd, Formaldehyd)
Champi-
    gnons
Hydrazine

wirken als MAO-Hemmer
Cola
Myristicin, Elemicin (Allyl- und Propenylbenzole in natürlichen Aromen)
    Coffein

Amphetamine: MMDA, TMA (entstehen aus Myristicin, Elemicin)
Frucht-
    säfte
Ethanol, Methanol
    Acetaldehyd
    β-Carboline

Acetaldehyd (entsteht aus Ethanol)
    β-Carboline (entstehen aus Acetaldehyd und biogenen Aminen)
Käse
DMT, Bufotenin (aus biogenen Aminen entstanden)
    β-Casomorphin (Exorphin aus Milcheiweiß freigesetzt)
Ketchup
Serotonin, Tryptamin (in Tomaten)
    Acetaldehyd (im Essig)
Dimethyltryptamin, Bufotenin
    β-Carboline
halluzinogene Amine (entstehen aus Serotonin,
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