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Opferzeit: Thriller (German Edition)

Opferzeit: Thriller (German Edition)

Titel: Opferzeit: Thriller (German Edition)
Autoren: Paul Cleave
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dreißig Minuten. In diesem Zimmer hier.«
    Bei dem Zimmer handelt es sich um einen Verhörraum, der nach allgemeinen Maßstäben grauenvoll ist, und erst recht für Benson Barlow, schätze ich, trotzdem ist er angenehmer als die Zelle, in der ich momentan wohne. Seine Wände bestehen aus Betonsteinen und der Boden und die Decke aus Beton. Er erinnert an einen Luftschutzbunker, nur dass er über einem zusammenstürzen würde, sollte ihn tatsächlich eine Bombe treffen, was, um ehrlich zu sein, eine Erlösung wäre. Im Zimmer stehen drei Stühle und ein Tisch, sonst nichts. Einer der Stühle ist gerade leer. Mein Stuhl ist am Boden festgeschraubt, und ich bin mit einer Hand an die Lehne gekettet. Ich habe keine Ahnung, warum. Sie halten mich für gefährlich, aber das bin ich nicht. Ich bin ein netter Kerl. Das versuche ich den Leuten immer wieder zu erklären. Doch niemand will mir glauben.
    »Hier?«, frage ich und betrachte die unterschiedlichen Betonansichten. »Kann mich nicht erinnern.«
    Sein Lächeln wird jetzt noch breiter, und mit seinem Blick versucht er mir zu signalisieren, dass er mit dieser Antwort gerechnet hat, und ich kann mir denken, dass das sogar stimmt. »Wissen Sie, Joe, das Problem ist Folgendes. Sie wol len der Welt weismachen, dass Sie geistig zurückgeblieben sind, aber das sind Sie nicht. Sie sind ein kranker, perverser Mann, und das wird niemand bezweifeln. Aber dieser Test?«, sagt er und hält die fünf Fragebögen in die Höhe, die ich vorhin ausgefüllt habe, »dieser Test beweist, dass Sie nicht verrückt sind.«
    Ich antworte nicht. Mich beschleicht das ungute Gefühl, dass er damit auf irgendetwas hinauswill. Und das Grinsen in seinem Gesicht sagt mir, dass ich gar nicht wissen will, worauf.
    »Diese Frage hier«, sagt er und hebt zum Ende hin die Stimme, sodass es wie eine Frage klingt. Er deutet auf eine Aufgabe, die ziemlich leicht zu lösen war. Bei einigen gab es mehrere Antworten zur Auswahl, bei einigen musste ich was hinschreiben. Er liest sie vor. »Sie lautet: Welche Farbe hat dieser Hund? Und was haben Sie angekreuzt? Sie haben gelb angekreuzt. Obwohl der Hund rot ist, Joe, haben Sie gelb angekreuzt.«
    »Er hat eine gelbliche Färbung«, sage ich.
    »Und die hier? Wenn Bob größer als Greg ist, und Greg größer als Alice, wer ist dann am größten? Da haben Sie Steve hingeschrieben, und dass Steve eine Schwuchtel sei«, sagt er, und eigentlich würde mich der Tonfall, in dem er das sagt, zum Lachen bringen, doch der Gedanke an das, worauf er hinauswill, beunruhigt mich noch immer und gleicht es wieder aus, und so starre ich ihn teilnahmslos an.
    »Steve ist ziemlich groß«, erkläre ich ihm.
    »Es gibt keinen Steve«, sagt er.
    »Was haben Sie nur gegen Steve?«, frage ich.
    »Dieser Test besteht aus sechzig Fragen. Sie haben jede einzelne falsch beantwortet. Das erfordert eine gewisse Anstrengung, Joe. Vierzig davon sind Multiple-Choice-Fragen. Statistisch gesehen, hätten Sie ein Viertel davon richtig beantworten müssen. Wenigstens ein paar. Aber Sie haben keine einzige richtig beantwortet. Das ist nur möglich, wenn Sie die richtigen Antworten kannten und absichtlich die falschen angekreuzt haben.«
    Ich erwidere nichts.
    »In Wirklichkeit beweist das, dass Sie keinesfalls dumm sind, Joe«, fährt er fort, und jetzt kommt er so richtig in Schwung, richtig auf Touren. Ja, er nimmt sogar seine Finger auseinander. »In Wirklichkeit beweist der Test das Gegenteil. Dass Sie intelligent sind. Dazu dient dieser Test. Darum besteht er aus lauter unsinnigen Fragen.« Er grinst jetzt über beide Ohren. »Sie sind intelligent, Joe, kein Genie, aber intelligent genug, um sich vor Gericht zu verantworten.«
    Er öffnet seinen Aktenkoffer und legt die Fragebögen hin ein. Ich frage mich, was da noch drin ist. Er ist hübscher als der, den ich mal hatte.
    »Joe ist intelligent«, sage ich und setze mein breites, dümmliches Grinsen auf, bei dem man all meine Zähne sehen kann und ich übers ganze Gesicht strahle. Nur dass ich momentan kaum strahle. Die Narbe, die über eine meiner Wagen verläuft, spannt sich, und mein Augenlid hängt ein wenig herunter.
    »Sie können also mit dem Quatsch hier aufhören, Joe. Der Test beweist, dass Sie nicht so intelligent sind, wie Sie glauben.«
    Das Lächeln weicht aus meinem Gesicht. »Was?«
    Das Grinsen des Seelenklempners wird noch breiter, offensichtlich glaubt er, dass ich ihn nicht verstanden habe, und das habe ich auch nicht, demnach
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