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Opfermal

Opfermal

Titel: Opfermal
Autoren: G Funaro
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jetzt keinen Schmerz, konnte sogar beide Arme bewegen, aber Edmund Lambert war zu schnell und zu stark für sie. Er fauchte nur, packte sie an den Handgelenken und drückte ihr die Hände hinter dem Kopf auf den Boden, während er sein Gesicht zwischen ihren Brüsten vergrub.
    Dann spürte sie, wie er die Zähne in ihr Fleisch schlug.
    Einen winzigen Augenblick lang glaubte Cindy, aus ihrem Körper teleportiert worden zu sein, und beobachtete die ganze Szene wie von der Decke des Dachbodens, und sie fand es merkwürdig, als sie das Mädchen unten auf dem Boden wie einen Kojoten heulen hörte. Aber dann kam der Schmerz, ein unvorstellbarer Schmerz, und sie war zurück in ihrem Körper und starrte in die verzerrte Visage ihres Angreifers.
    Er kaute.
    Lieber Gott, rief sie in Gedanken, während ihr das Blut warm über die Brust lief. Er wird mich bei lebendigem Leib auffressen!
    »Mein Körper ist der Eingang«, sagte Edmund. Und dann schluckte er.
    Cindys Muskeln wurden steif, und der Raum begann sich zu drehen. Und inmitten eines wirbelnden Kaleidoskops aus Schmerz hörte sie eine junge Frau Gott anflehen, ihm Einhalt zu gebieten.
    Doch als Edmund Lambert die Zähne erneut in sie schlug, antwortete eine Stimme, die sehr wie die ihres Vaters klang, dass Gott gerade anderweitig beschäftigt sei.
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    Das Fleisch der Göttin schmeckte unbeschreiblich köstlich, es ließ Schockwellen durch seinen ganzen Körper wandern und brachte den Refrain von der Rückkehr des Gottes mit sich.
    C’est mieux d’oublier! C’est mieux d’oublier!
    Der General sah jetzt alles sehr klar. Der Löwenkopf war gar nicht nötig. Das hatte der Prinz deutlich gemacht, als er durch den Eingang gekommen war – ein Moment der Enthüllung, der für den General kurz wie ein Blitz und endlos zugleich war.
    Und jetzt hatte der Prinz sie beide in der Zeit zurücktransportiert. Nein – außerhalb der Zeit, wie der General verstand. Sie waren immer noch auf dem Dachboden, ja, aber sie waren auch in Ereshkigals Unterweltpalast, ihre Umgebung war vertraut und fremd zugleich, die Steinsäulen, die hohen Gewölbedecken, die kostbaren Stoffe, die die Bettkammer der Göttin schmückten. Und dort auf der anderen Seite des Raums war die Badewanne, in der die Göttin den Prinzen zum ersten Mal einen Blick auf ihre Nacktheit hatte werfen lassen.
    Der General konnte die Augen der Toten, die Augen der anderen Götter in seinem Rücken fühlen. Aber seine Mutter war ebenfalls da – sie hing am Hals von den Dachbalken und beobachtete ihn. Und da war der kleine Junge, der zu ihr hinaufsah und lächelte, weil er verstand, während sich die Reihen der Gepfählten entlang der Straße erstreckten, so weit das Auge reichte. Es gab keine Furcht jetzt. Nur das Ende der Straße, nur den Tempel in Kutha und die Horden der Verehrer, die seinen Namen riefen; die Schlachtfelder und die Seelen der Gepfählten, die mit dem Rauch aufstiegen, um sich in den Sternen mit ihm zu vereinigen.
    C’est mieux d’oublier! C’est mieux d’oublier!
    Die funkelnden Sterne – es waren jetzt so viele, dass der Himmel silbern aussah – wirbelten um sie herum und durchdrangen ihr Fleisch. Der General konnte sie innen und außen fühlen, und plötzlich verstand er, dass die Sterne nicht funkelten – sie zitterten vor Furcht!
    Ich bin zurückgekehrt!, schien das ganze Universum zu schreien, und mit einem Mal lag es ausgebreitet vor ihm da – alles eins inmitten der unvorstellbaren Wonne absoluten Verstehens –, Zeit, Raum, selbst sein Körper existierten nicht mehr für ihn. Alles war für den Prinzen aufgegeben worden. Die Schuppen waren von seinen Augen gefallen, und der Prinz hatte ihn mit dem Anblick der Götter belohnt. Bald würde auch sein Fleisch abfallen. Bald würde der Eingang für ihn offen sein, und er würde sich mit seiner Mutter im Geiste vereinen – eine Vereinigung, die er bis jetzt nicht verstanden hatte.
    » C’est mieux d’oublier!« , hörte er sie sagen, und der General verstand, dass der Prinz die ganze Zeit über der wahre Weg gewesen war. Ereshkigal war der Feind. Ereshkigal hatte versucht, sie zu täuschen. Und der Prinz hatte sie in den Dachboden gebracht, an die Schwelle des Eingangs, um sie sich seinem Geist einzuverleiben, genau wie er sich Edmund Lambert und seine Mutter einverleibt hatte, genau wie er sich höchstwahrscheinlich den General einverleiben würde. Die Neun und die Drei, die Rückkehr, die Punkte, die sich zu einer neuen Gleichung
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