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Operation Ocean Emerald

Operation Ocean Emerald

Titel: Operation Ocean Emerald
Autoren: Ilkka Remes
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stieg, hielt Aaro den Beutel mit den Diamanten fest umklammert. Fieberhaft dachte er über die Situation nach. In dem weichen Stoffbeutel raschelten erbsengroße Kostbarkeiten, deren Wert schwer zu schätzen war. Sie wogen überraschend viel.
    »Geh ihm nach«, sagte Max zu seinem Bodyguard. Aaro konnte es hören, obwohl die dünne Luft den Schall wie eine unsichtbare Wolldecke dämpfte.
    »Das solltet ihr besser nicht versuchen!«, rief Aaro in schrillem, atemlosem Falsett.
    »Und warum nicht?«, hallte die höhnische Stimme von Max in Aaros Ohren wider.
    Gute Frage, dachte Aaro nervös. Er überlegte kurz. »Weil ich die Diamanten in den Abgrund werfe, wennjemand auch nur einen Schritt in meine Richtung macht!«
    Er kroch auf allen vieren auf die oberste Ebene und konnte sich vor lauter Schwindelgefühl nicht einmal umblicken. Die Fläche von zwei Quadratmetern war lediglich von einem fünfzig Zentimeter hohen Mauerrand eingefasst, hinter dem es Hunderte von Metern in die Tiefe ging. Aaro sah durch einige große Löcher in der Mauer den östlichen Horizont rot schimmern. Auf der anderen Seite waren weitere Löcher. Die Steine, die sich dort gelöst hatten, lagen daneben.
    Aaro blieb auf allen vieren und hielt den Beutel mit den Diamanten über den Mauerrand. »Habt ihr gehört? Wenn ihr näher kommt oder auf mich schießt, seht ihr eure Diamanten nie wieder!«
    »Hör auf zu spinnen! Wir wollen dir doch nichts Böses. Ich will nur haben, was mir gehört«, hallte Max’ Stimme von den Wänden der Wendeltreppe wider.
    »Bringt mir ein Handy.«
    »Was?«
    »Bringt ein Telefon her oder es regnet Diamanten ins Tal!«
    Aaro spürte, wie ihm sein Mut Kraft einflößte. Er merkte, dass er am richtigen Schnürchen zog – zum Glück, denn andere Schnürchen gab es nicht.
    »Bring ihm das Telefon«, sagte Max zu seinem Komplizen.
    »Nein«, rief Aaro. »Du bringst es mir selbst.«
    »Du spinnst ja   …«
    »Das Handy her, und zwar ein bisschen plötzlich!«
    Schließlich sah Aaro, wie Max vorsichtig seinen Kopf um die Ecke schob und eine Hand ausstreckte.
    »Komm weiter hoch«, befahl ihm Aaro. Inzwischen wagte er es, sich etwas aufzurichten und vorsichtig über den Rand zu spähen. Der gemauerte Teil ging in Naturstein über und schließlich in einen unendlich tiefen felsigen Abgrund nach unten. Mit unsichtbarer Hand packte ihn der Schwindel und zwang ihn wieder flach auf den Boden.
    Auf der anderen Seite, etwa fünfzig Meter unterhalb, befand sich ein Hof. Ringsum ragten in der absoluten Stille Berge mit steilen Hängen empor. Auf die in der Ferne erkennbaren Schneegipfel fielen die ersten Sonnenstrahlen aus einem Wolkenspalt dicht über dem Horizont.
    Extrem vorsichtig stieg der ungelenke Max die Treppe hinauf. »Du glaubst doch wohl nicht, dass du Hilfe holen kannst? Was sollen wir mit den Diamanten anfangen, wenn wir hier erwischt werden?«
    »Wir machen ein Geschäft. Sind Delacroix und seine Leute da unten sicher gefesselt?«
    »Ja. Die sitzen bis zum Ende der Welt da fest, wenn nötig.«
    »Hör mir genau zu! Ich rufe jetzt meinen Vater an und sage ihm, wo wir sind und wer hinter allem steckt. Dann gebe ich dir die Diamanten. Du hast genug Zeit zu entkommen, bevor die Polizei hier ist. Und weil sie wissen, dass du der Schuldige bist, hast du keinen Grund, mir etwas anzutun. Falls du irgendwann geschnappt wirst,kriegst du sogar eine etwas mildere Strafe, weil du mich am Leben gelassen hast.«
    »Das wäre das idiotischste Geschäft meines Lebens   …«
    »Bist du sicher? Du hast genau zwei Möglichkeiten: mich zu erschießen und ohne die Diamanten abzuhauen oder mich anrufen zu lassen und mit den Diamanten abzuhauen. Du bekommst genug Vorsprung, um der Polizei zu entkommen.«
    Max überlegte einige Sekunden und starrte dabei auf den Beutel mit den Diamanten. »Dann aber schnell! Wir sind in der Schweiz. In La Renard, in der Nähe von Sollard.«
    Max streckte die Hand mit dem Telefon aus, bis Aaro es zu fassen bekam.
    »Du weißt, was passiert, wenn du nach dem Anruf nicht den Beutel hergibst«, knurrte Max aufgeregt.
    Aaro machte sich nicht die Mühe zu antworten, sondern hielt den Beutel mit den Diamanten über den Rand und tippte mit der freien Hand die Telefonnummer seines Vaters.
     
    Im Büro der Flugleitung auf dem Zürcher Flughafen klingelte Timos Privathandy. Er blickte auf das Display und sah, dass der Anruf von einer unbekannten Nummer kam. Für den Bruchteil einer Sekunde überlegte er, ob er sich
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