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Operation Amazonas

Titel: Operation Amazonas
Autoren: James Rollins
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Abschiedsparty aufgenommen.« O’Brien reichte ihm das zweite Foto. »Und das wurde im Leichenschauhaus von Manaus aufgenommen, wo der Leichnam derzeit verwahrt wird.«
Fielding nahm das Hochglanzfoto mit einem gewissen Unbehagen entgegen. Bilder von Toten sah er sich nur ungern an, doch er hatte keine andere Wahl. Der Leichnam auf dem Foto war nackt und lag auf einem Tisch aus rostfreiem Stahl, nichts als Haut und Knochen. Der Körper war mit eigenartigen Tätowierungen bedeckt. Gleichwohl erkannte Fielding den Mann wieder. Das war tatsächlich Agent Clark – jedoch mit einem signifikanten Unterschied. Er verglich die beiden Fotos.
O’Brien hatte bemerkt, dass Fielding bleich geworden war, und ergriff das Wort. »Zwei Jahre vor seinem Verschwinden wurde Agent Clark bei einer bewaffneten Aufklärungsmission im Irak von einem Scharfschützen in den linken Arm getroffen. Bevor er den nächsten US-Stützpunkt hätte erreichen können, hatte der Wundbrand eingesetzt. Der Arm musste an der Schulter amputiert werden, womit seine Karriere bei den Spezialeinsatzkräften beendet war.«
»Aber der Leichnam hat noch beide Arme.«
»So ist es. Die Fingerabdrücke vom Arm des Leichnams entsprechen denen, die vor der Verletzung registriert wurden. Agent Clark ist offenbar einarmig in den Amazonasdschungel gezogen und mit beiden Armen zurückgekehrt.«
»Aber das ist unmöglich. Was zum Teufel ist da passiert?«
Marshall O’Brien musterte Fielding mit seinem Falkenblick; jetzt sah man, dass er den Spitznamen Alter Vogel zu Recht trug. Der alte Mann senkte die Stimme. »Genau das will ich herausfinden.«

Erster Akt
DIE MISSION
    Kurare

    FAMILIE: Menispermaceae
    GATTUNG: Chondrodendron 
    ART: Tomentosum
    VOLKSNAME: Kurare
    GENUTZTE TEILE: Blatt, Wurzel
    EIGENSCHAFTEN/VERWENDUNG: Diuretikum, Fiebermittel, Gift, Muskelrelaxans
      
1
SCHLANGENGRUBE

     
    6. August, 10.11 Uhr
Amazonas-Dschungel, Brasilien
     
    Die Anakonda hielt das kleine Indianermädchen fest umklammert und zerrte es auf den Fluss zu.
    Nathan Rand hatte am frühen Morgen Heilpflanzen gesucht und war gerade auf dem Rückweg zum Yanomami-Dorf, als er die Schreie hörte. Er ließ den Sammelbeutel fallen und eilte dem Mädchen zu Hilfe. Im Laufen nahm er die kurzläufige Flinte von der Schulter. Wer sich allein in den Dschungel begab, hatte stets eine Waffe dabei.
    Er zwängte sich durch dichtes Laubwerk und auf einmal sah er die Schlange und das Mädchen. Die Anakonda, eines der größten Exemplare, die er je gesehen hatte, war mindestens fünfzehn Meter lang und lag zur Hälfte im Wasser, zur Hälfte auf dem morastigen Ufer. Die schwarzen Schuppen schimmerten feucht. Offenbar hatte sie dicht unter der Wasseroberfläche gelauert, als das Mädchen Wasser holen gekommen war. Es war nicht ungewöhnlich, dass die Riesenschlangen Wild auflauerten, das am Flussufer trinken wollte: Pekaris, Wasserschweinen, Rotwild aus dem Dschungel. Allerdings griffen die Schlangen nur selten Menschen an.
    Während seiner zehnjährigen Tätigkeit als Ethnobotaniker im Amazonasdschungel hatte er jedoch eines gelernt: Wenn ein Tier nur hungrig genug war, galten keine Regeln mehr. Im endlosen grünen Urwald hieß es fressen oder gefressen werden.
    Nathan blickte mit zusammengekniffenem Auge durch den Gewehrsucher. Er kannte das Mädchen. »Mein Gott, Tama!« Sie war die neunjährige Nichte des Häuptlings, ein stets lächelndes, freundliches Kind, das ihm bei seiner Ankunft im Dorf vor einem Monat einen Strauß Dschungelblumen überreicht hatte. Später hatte sie ihn immer wieder an den Armhärchen gezupft, die bei den glatthäutigen Yanomami eine Seltenheit waren, und ihm den Spitznamen Jako Basho gegeben, was »Bruder Affe« bedeutete.
    Er biss sich vor Konzentration auf die Unterlippe und zielte. Da die Schlange das Kind mit ihrem muskulösen Leib mehrfach umschlungen hatte, konnte er keinen Schuss anbringen.
    »Verdammt!« Er warf die Flinte weg, zog die Machete aus der Scheide und sprang vor – während die Schlange unvermittelt weiterkroch und das Mädchen ins schwarze Flusswasser hinabzog. Tamas Geschrei verstummte, Luftblasen verrieten, wo sie sich befand.
    Ohne lange zu überlegen sprang Nathan ihr nach.
Von allen Bereichen des Amazonasgebiets war keiner gefährlicher als die Wasserläufe. Unter der friedlichen Wasseroberfläche waren zahllose Gefahren verborgen. Gierige Piranhaschwärme jagten in der Tiefe, Stachelrochen versteckten sich im Schlamm und im Wurzelwerk lauerten
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