Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oneiros: Tödlicher Fluch

Oneiros: Tödlicher Fluch

Titel: Oneiros: Tödlicher Fluch
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
Ausgerechnet. Denn gemäß einer Legende sollte das Hörnchen aus Blätterteig nach der Belagerung Wiens durch die Türken, also den Islam im weitesten Sinn, erfunden worden sein. Die Osmanen wollten einen Tunnel unter der Stadtmauer graben, was ein Wiener Bäcker bemerkte und der daraufhin Alarm schlug. Da Siege gerne mit einem den Gegner demütigenden Gericht verbunden wurden, kreierten sie ein Gebäck in Form des türkischen Halbmondes. So weit die Legende.
    Ob es stimmte, wusste Tommaso nicht. Sein Magen schien sich jedenfalls nicht mit den drei fettigen Halbmonden anfreunden zu können, die er zum Frühstück mit Butter und Nussnougatcreme gegessen hatte. Oder war es die Aufregung wegen der Terroristen? Oder der ultrastarke Kaffee, den er unverlangt bekommen hatte? Als er eine Stewardess danach fragte, räumte sie ein, dass der Kaffee wohl für einen anderen Fluggast bestimmt gewesen war.
    Beim Landeanflug machte er sich beinahe in die Hosen. Deshalb löste er sofort den Gurt, als die Räder des A 380 auf dem Asphalt aufsetzten und die Maschine ihre Geschwindigkeit reduzierte. Es brodelte in Tommasos Innereien.
    »Monsieur, das ist gefährlich«, sagte der Araber freundlich. »Wir stehen noch nicht. Wenn wir gerammt werden …«
    »Bleiben Sie sitzen«, schaltete sich zu allem Überfluss auch noch der Sky Marshal ein und warf ihm einen belehrenden Blick zu. »Die Anschnallzeichen sind noch nicht erloschen.«
    Tommaso ignorierte die Warnungen und schob sich in den Gang. »Passen Sie lieber auf den
imbecille
neben sich auf«, fauchte er den Sicherheitsmann an. »Ich scheiße mir sicher nicht in die Hose, wenn das Klo keine paar Meter weg ist. Schließlich war sie teuer.«
    Er lief los, stützte sich an den Sitzen ab, um sicheren Halt zu haben, und näherte sich der erlösenden Toilette. Der Airbus war immer noch mit einer beträchtlichen Geschwindigkeit unterwegs. Die Passagiere sahen ihm nach, manche verständnislos, andere lachten schadenfroh. Freunde hatte er sich mit seiner kleinen Einlage vorhin keine gemacht. Dabei hatte er sie alle gerettet!
    Nur noch wenige Schritte, dann hatte er die Schüssel erreicht. Es wurde höchste Zeit. Er schwor sich, niemals mehr Croissants zu essen, Geschmack hin oder her.
    »Monsieur!« Das war die Stimme der
bella donna.
»Setzen Sie sich sofort hin!«
    »Scusi, geht nicht anders. Sie laufen ja auch herum«, gab er zurück und verschwand in die Kabine, warf die Tür zu und streifte die Hosen herab.
    Die Erleichterung setzte schlagartig ein, und er seufzte glücklich.
    Weniger schön war das wütende, maßregelnde Klopfen.
    »Monsieur, kommen Sie raus! Sofort!«
    Tommaso lachte. »Glauben Sie mir,
das
wollen Sie nicht,
bella.
« Er rieb sich den Bauch. »Mir passiert schon nichts. Ich halte mich auch gut fest. Versprochen.«
    Wieder das Pochen, dann ihre Stimme.
    »Monsieur, ich weise Sie darauf hin, dass es verboten ist und Sanktionen nach sich zieht, gegen die Anweisungen des Personals zu verstoßen.«
    Das Flugzeug fuhr eine sanfte Kurve, die Zentrifugalkräfte zwangen Tommaso, sich am Waschbecken und der Seitenwand festzuhalten.
    »Mir egal. Ich bezahle die Strafe. Die wird nicht so teuer sein wie eine neue Hose«, rief er durch die Tür. »Lassen Sie mich in Ruhe kacken.« Ihm fiel auf, wie warm es in der kleinen Kammer war. Die Lüftung schien nicht zu funktionieren.
    »Monsieur, ich warne Sie …«
    Der Lautsprecher über ihm knackte, dann erklang eine weibliche Stimme und verkündete, dass man sicher gelandet sei. Die Ansage wurde begleitet vom gedämpften Klatschen der Passagiere. »Bitte bleiben Sie zu Ihrer eigenen Sicherheit angeschnallt, bis die Maschine zum Halten gekommen ist und wir unsere Parkposition erreicht haben.«
    Vor seiner Tür war es unterdessen still geworden. Kein drohendes Klopfen mehr, keine Befehle der überreizten Chefstewardess.
    »Sie holen jetzt aber nicht den Mann mit der Waffe, oder?« Das Grollen und Rumoren in seinen Innereien hatte fürs Erste aufgehört, aber wirklich gut ging es ihm deshalb nicht. Zudem war das Toilettenpapier nicht gerade das weichste. Sein Hintern dürfte inzwischen leuchten wie ein roter Pavianarsch.
    »Wir bedanken uns, dass Sie mit Air France …«, kam es aus der in der Decke eingelassenen Box, doch ein helles, unangenehmes Knistern wie von einem Störsender unterbrach die Ansage.
    Tommaso musste sich die Ohren zuhalten, das hohe Summen zog an seinem Trommelfell und verursachte Kopfschmerzen.
    Dann herrschte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher