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Ondragon - Menschenhunger

Ondragon - Menschenhunger

Titel: Ondragon - Menschenhunger
Autoren: Strohmeyer Anette
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aussahen, als hätte sich ein Hund daran gütlich getan.
    Lacroix hatte sich draußen in den Schnee übergeben, während Two-Elk neben Parker weiter auf das Blutbad starrte und unverständliche, indianische Beschwörungsformeln vor sich hinmurmelte. Schnell nahm er etwas aus einem kleinen Beutelchen und klebte es mit Spucke gegen die Türfüllung.
    Danach hatten sie die Tür zum Blockhaus verriegelt, damit keine wilden Tiere die Leichen noch weiter schänden konnten, und diesen besudelten Ort schleunigst verlassen. Wie eine kopflose Flucht war ihr Ritt zum Fort gewesen, gehetzt vom schrecklichen Anblick der hingeschlachteten Familie und dem Wissen, dass da draußen im Wald etwas unbegreiflich Böses lauerte. Etwas, das direkt aus den verfaulten Tiefen der Verdammnis hinaufgestiegen war.
    „Jetzt hab ich’s! Es war eine Rothaut in einem Bärenfell“, wetterte der Sergeant noch immer mit ungebrochenem Hass und holte Parker zurück in die Gegenwart. „Der Abschaum hat sich verkleidet. Parker, Sie sagen doch selbst, dass Sie es nicht genau gesehen haben.“
    Der alte Fallensteller blickte von dem grobschlächtigen Soldaten auf seine beiden Begleiter und dann zum Lieutenant, dessen wässrig blaue Augen ihn erwartungsvoll anschauten.
    Parker zuckte mit den Schultern. „Wenn es ein Mensch in Verkleidung war, ein Mann also, dann ein verdammt großer, mindestens neun Fuß. Das heißt, viel größer als der Widerrist eines Elches!“ Er schüttelte den Kopf. „Das ist doch unwahrscheinlich! Solch einen großen Menschen gibt es nicht.“ Und kein Mensch hinterlässt solche Bissspuren! Auch Tiere nicht! Unbewusst griff er sich an seine Schulter, und ein kalter Schauder packte ihn. Nein, er wusste es besser. Er musste sich nur die Wunde ansehen. Das Problem war nur, dass der Lieutenant ihm nicht glauben würde, wenn er ihm verriet, was er dachte.
    „Ich habe auf das Mistvieh geschossen“, meldete sich nun auch Lacroix zu Wort. Unbehagen und Erschöpfung standen dem frankokanadischen Trapper in sein ohnehin schon verwittertes Gesicht geschrieben. Und Parker wusste, dass sein treuer Freund jetzt mit Sicherheit lieber in einer warmen Spelunke der Handelsstation gesessen und den drallen Mädchen beim Tanzen zugeschaut hätte, als hier an diesen gottverfluchten Ort zurückzukehren.
    „Ich habe es getroffen“, fuhr Lacroix fort und strich sich über den pechschwarzen Schnurrbart. „ Certainement . Da bin ich mir sicher. Aber es hat ihm nicht viel ausgemacht und geblutet hat es auch nicht. Mit drei Sprüngen ist es dort drüben im Wald verschwunden. Wenn ihr mich fragt, sah es aus wie ein riesiger bis auf die Knochen abgemagerter Wolf auf langen Stelzenbeinen.“ Lacroix sah den skeptischen Blick des Lieutenants, verzog das Gesicht und spuckte einen braunen Faden Kautabakssaft in den Schnee. Parker wusste genau, was sein Freund dachte. Der feine Pinkel von einem Lieutenant dachte wohl, sie hätten zu viel Gin gesoffen und fabulierten sich jetzt einen zusammen. Aber so war es nicht. Sie waren stocknüchtern! Leider.
    „ Mais , wie auch immer ...“ Lacroix zuckte mit den Schultern. „Es war schon dunkel, und genau konnte ich es nicht erkennen. Auf jeden Fall hat es merkwürdige Fußabdrücke hinterlassen.“ Jetzt ging er in die Hocke und zeichnete die zehenlose Fährte nach, die auch Parker aufgefallen war und ihn in jene unerklärliche Angst versetzt hatte. Der Lieutenant nahm sie mit sorgfältigen Strichen seines Bleistiftes in sein Notizbuch auf.
    „Wenn es keine Rothaut war und auch kein Werwolf, dann muss es wohl doch ein Tier gewesen sein, oder etwa nicht?“ Breitbeinig stand Sergeant Hancock da, die Daumen in die Schärpe gehakt. „Wenn Sie mich fragen, Lieutenant, dann haben diese drei Ginsäufer da einen über den Durst getrunken und …“
    „Mund halten, Hancock!“ Der Lieutenant schnalzte missbilligend mit der Zunge und klappte sein Buch zu. Eine steile Falte erschien zwischen seinen Brauen. Er wandte sich an Parker. „Ich bin wie der Colonel und der Gouverneur, der sich zufällig gerade im Fort aufhält, sehr an einer vernünftigen und lückenlosen Aufklärung dieses unappetitlichen Zwischenfalls interessiert. Das heißt, ich ziehe ohne Vorbehalt alle Eventualitäten in Betracht. Leider verbieten es mein aufgeklärter Verstand und mein christlicher Glaube, an derartigen Unfug wie Werwölfe oder den Wendigo zu glauben. Das sind Märchen, einfältiges Geschwätz von noch einfältigeren Menschen, die zu tief
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