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Oliviane – Der Saphir der Göttin

Oliviane – Der Saphir der Göttin

Titel: Oliviane – Der Saphir der Göttin
Autoren: Marie Cordonnier
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Gefühl, dass die Steine näher an sie heranrückten. Sie entdeckte in ihrer Gegenwart einen stummen Trost, einen Beistand, der es ihr ermöglichte, den eigenen Stolz zu vergessen, um die Wahrheit zu sagen. Keine Lügen mehr! Wer konnte schon sagen, wann sie jemals wieder den Mut aufbringen würde, so ehrlich mit ihm zu sprechen.
    »Ich will mich nicht rechtfertigen für das, was ich getan habe, aber Ihr tragt einen guten Teil Schuld an meinen Fehlern«, entgegnete sie sanft. »Ihr rügt mich dafür, dass ich kein Vertrauen gehabt habe, aber Ihr selbst habt es auch nicht aufgebracht. Ihr seid nicht auf den Gedanken gekommen, mir in meiner Not auch nur den kleinsten Hinweis zu geben. Dachtet Ihr, ich würde Euch verraten?«
    »In meiner Lage war Vorsicht angebracht«, brummte er, aber sein Tonfall bewies, dass sie mit dem, was sie sagte, nicht ganz Unrecht hatte.
    »Ich denke, wir haben beide keinen Grund, einander Vorwürfe zu machen«, bot Oliviane eine Art Waffenstillstand an. »Der Befehl des Herzogs schmiedet uns für ein Jahr zusammen, aber danach werde ich nur in Vannes bleiben, wenn Ihr mich ausdrücklich darum bittet, Seigneur. Es liegt in Eurer Hand, was aus mir wird ...«
    »Ich schwöre Euch ...«
    »Schwört nicht!« Oliviane legte spontan ihre Fingerspitzen auf seine Lippen. »In einem Steinkreis darf man nur das schwören, was man zu halten gedenkt! Zwischen diesen Steinen herrscht eine Macht, die mehr bewirkt als menschlicher Wille!«
    »Das sagt Ihr? Eine ehemalige Novizin, eine künftige Nonne? Das Inbild einer frommen Edeldame, die den Rest ihres Lebens der Gottgefälligkeit und dem Sticken von Altardecken widmen möchte?«
    Oliviane spürte die spöttischen Worte unter ihren Fingerspitzen, die Bewegung der vollen Lippen, den rasch ausgestoßenen Atem. Seine Warme, seine Gegenwart, seine Stärke, all das floss über in ihre erstarrte Seele und in ihr frierendes Herz. Er musste es doch fühlen – oder etwa nicht?
    »Ihr täuscht Euch in mir«, murmelte sie spröde. »Nicht einmal jetzt begreift Ihr, was in mir vorgeht. Ihr habt mich für immer verwandelt, und ich gehöre Euch, ob Ihr mich nun haben wollt oder nicht. Es ist Eure Entscheidung, ob Ihr das Herz ablehnt, das ich Euch gebe. Ich kann’s nicht ändern, und ich werde mich fügen ...«
    Die Berührung ihrer Finger lähmte ihn. Seit er als kleiner Page in die Welt der Männer eingetreten war, hatte er sich nicht mehr erlaubt, Schwäche zu zeigen. Und Schwäche war es, sich danach zu sehnen, dass nicht nur diese Finger ihn berührten. Daran zu denken, wie wunderbar weich und geschmeidig sich der schlanke Frauenkörper anfühlte, wenn er sich gegen den seinen presste.
    Das Verlangen, das er so mühsam unter Kontrolle hielt, unterhöhlte seine Stärke, als wäre sie nur eine Illusion. Er rettete sich in Zorn, weil er der eigenen Reaktion nicht länger traute.
    »Närrisches Zeug!«, wehrte er sich gegen das zärtliche Gespinst der Verführung, in dem er sich zu verirren drohte. »Es gab nur eines zwischen uns: schlichtes, ganz normales Begehren!«
    Ehe Oliviane sich bewegen konnte, hatte er sie in seine Arme gerissen und küsste sie. Er tat es bewusst fordernd, und er erwartete jeden Moment, dass sie ihm diese Beleidigung heimzahlte, dass sie sich wehrte, dass sie schrie und dass sie sich aus seiner Umarmung zu befreien versuchte.
    Oliviane tat nichts von alldem. Nach dem ersten Erschrecken schmiegte sie sich nur noch enger an ihn und begegnete dem rohen Kuss mit weichen, zärtlichen Lippen. Ihre empfindsame Zungenspitze strich spielerisch über die straffen Männerlippen. Sie schmeckte den Wein, den er getrunken hatte, roch den Rauch des Feuers auf seiner Haut und spürte sein wachsendes Begehren, als er sich gegen ihren Leib drängte.
    Sie erwiderte den unerwarteten Überfall mit einer Hingabe, die sie selbst erstaunte und die ihr zeigte, wie sehr sie sich nach seiner Nähe, nach seinen Zärtlichkeiten gesehnt hatte. Nie wieder wollte sie einen seiner Küsse ablehnen!
    »Bei Gott! Habt Ihr den Verstand verloren?« Er gab sie ebenso plötzlich frei, wie er sie an sich gerissen hatte. Heftig um Atem ringend, zog er sich von ihr zurück und strich sich mit einer ärgerlichen Bewegung durch das dichte dunkle Haar. »Seit wann lasst Ihr Euch alles gefallen?«
    »Nicht alles«, korrigierte Oliviane leise. »Nur die Dinge, die von Euch kommen. Habt Ihr es immer noch nicht begriffen? Ich werde tun, worum Ihr mich bittet!«
    »Ich Euch um etwas bitten?
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