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Olfie Obermayer und der Ödipus

Olfie Obermayer und der Ödipus

Titel: Olfie Obermayer und der Ödipus
Autoren: Christine Nöstlinger
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Auf den Hintern und die Wadeln! Ob man davon besonders gescheit wird, wage ich zu bezweifeln!"
    Dann verschwand der gute, alte Tantenkopf wieder so hurtig, wie der Kuckuck nach geschlagener Stunde in der Schwarzwälderuhr. Ob Tante Fee gar nichts mehr hatte sagen wollen oder ob sie der Anblick meines hüllenlosen, von der Bettdecke befreiten Knabenleibes in die Flucht geschlagen hatte, bleibt ungewiß.
    Am nächsten Morgen taten alle, als sei überhaupt nichts vorgefallen. Und kein einziger meiner schönen, kopierten Zettel war mehr zu sehen.
    Wie jeden Tag verließen zuerst die Mama und die Tante Lieserl das Haus. Die Mama nimmt die Tante Lieserl immer im Auto mit, weil die Tante Lieserl kein Auto hat. Fünf Minuten später rauschten meine Schwestern mit der Tante Truderl ab. Sie fahren nur im Auto der Tante Truderl, weil das viel schicker ist als der Mama ihr R 5. Dann suchte die Oma noch - wie jeden Morgen - ein paar Minuten hektisch nach ihren Autoschlüsseln und ihrer Fernsichtbrille und keifte dabei auf Tante Fee los, da sie der Ansicht war, Tante Fee habe die Brille und die Schlüssel vom Bauerntisch in der Diele weggetan. Und mich ermahnte die Oma zwi-schendurch, ja nicht länger herumzutrödeln, sondern zielstrebig meinen Abmarsch Richtung Schule anzupeilen.
    Als auch die Oma endlich aus dem Haus war, durchforschte ich alle Papierkörbe und den Küchenabfalleimer nach meinen kopierten Seiten. Bis auf zwei Stück fand ich sie, zerknittert, verdreckt und fettgefleckt, und plakatierte sie aufs neue. Und Tante Fee humpelte wieder hinter mir her und
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    bat, ich möge die Aktion bleiben lassen. Besonders protestierte sie gegen die Zettel, die ich aus dem Küchenabfalleimer geholt hatte, weil auf denen Kartoffelschalen und Teeflankerln klebten.
    Ich ignorierte Tante Fees Einwände. Ich fand die rampo-nierten Dinger noch wesentlich eindrucksvoller.
    Bevor ich mich endlich - zwei Minuten vor acht Uhr und fünfzehn Minuten zu spät - auf den Schulweg machte, ver-warnte ich Tante Fee eindringlich. Ich sagte zu ihr:
    "Fee! Daß du mir meine Meldungen ja nicht anrührst! Hörst du? Ich will nicht sehen, daß auch nur einer der Wische weg ist, wenn ich nach Hause komme!"
    Tante Fee seufzte und nickte gottergeben.
    Beruhigt marschierte ich ab. Auf die alte Fee ist Verlaß!
    Was die einmal nickend versprochen hat, hält sie auch!

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    2. Kapitel

    das von meiner Beziehung zur Erbswurstsuppe berichtet und meine Familienverhältnisse, wie das in angebrachter Kürze möglich ist, er-klärt.

    Besonders gute Schulnoten habe ich ja nie gehabt, aber so mies, daß man noch gar nicht sagen konnte, ob ich das Schuljahr schaffen werde, war ich bisher noch nie gewesen; und aufs Sitzenbleiben war ich natürlich echt nicht happig.
    Wer will schon ein Jahr länger in die Schule wandern? Wer will sich schon an zwei Dutzend neue Kollegen und ein halbes Dutzend neue Lehrer gewöhnen? Kein Schwanz will das!
    Aber einen Vorteil wenigstens hätte das Sitzenbleiben gehabt: Ich wäre die Erbswurstsuppe losgewesen!
    Die Erbswurstsuppe sitzt hinter mir und heißt Ulli Ullermann. Seit neun Jahren, seit der ersten Klasse, hockt sie hinter mir, doch bis zu den heurigen Semesterferien war mir das völlig Wurscht. Nicht einmal ignoriert habe ich die Erbswurstsuppe, die so genannt wird, weil sie sich auf Ski-kursen täglich dreimal mit einem Tauchsieder als Zusatz-nahrung Erbswurstsuppe aufkocht. Bis zu den Semesterferien verschwendete ich keinen einzigen Gedanken an die Person hinter mir, und hätte jemand verlangt, ich solle alle Mädchen meiner Klasse aufzählen, hätte ich höchstwahrscheinlich die Erbswurstsuppe vergessen.
    Nun ist es aber so, daß ich in der Klasse zwei "beste Freunde" habe, den Harri und den Florian. Die sitzen am Pult vor mir; auch seit neun Jahren. Wir drei, der Harri, der Florian
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    und ich, wir haben bisher immer alles gemeinsam unternommen. Die anderen nennen uns deshalb auch "Die drei Unzertrennlichen". Ende Jänner nun, knapp vor den Semesterferien, auf dem Skikurs, haben sich der Harri und der Florian - aus mir unverständlichen Gründen - plötzlich dazu entschlossen, mit der Anette und der Marion zu "gehen".
    ("Miteinander gehen" ist wohl eins der blödesten Idiome, das ich kenne. Da es bei uns in der Klasse aber alle ver-wenden, obwohl sie mit ihren Herzensflammen viel eher sitzen, stehen oder liegen, gebrauche ich es halt auch.) Die Anette und die Marion sind zwei ganz nette Mädchen.
    An ihnen ist
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