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Ohnmachtspiele

Ohnmachtspiele

Titel: Ohnmachtspiele
Autoren: G Haderer
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hätte er Gel in den Händen.
    „Eine Angelegenheit ist es erst, wenn wir genauer Bescheid wissen … aber Sie können gern damit anfangen: Erkundigen Sie sich beim Fischereiverband, wer in der Nähe geangelt haben könnte. Fragen Sie bei der Schifffahrtsbehörde nach, welche Schiffe heute vorbeigekommen sind, und wenn Ihnen selber noch etwas einfällt, wie wir zu möglichen Zeugen kommen, nur zu.“
    Strasser zögerte einen Moment, versuchte ein Lächeln und ging dann die Böschung hinauf.
    „Wo ist der Leichenwagen?“, wollte Schäfer wissen.
    „Kommt jeden Moment“, sagte Bergmann.
    „Na dann weiß ich die Sache ja jetzt in guten Händen“, brachte sich Kamp ein, klatschte in die Hände und verabschiedete sich. „Und lassen Sie sich gesundschreiben, bevor Sie wieder offiziell antreten“, rief er Schäfer zu, als er schon auf dem Spazierweg oben war.
    „Viel können wir hier nicht mehr ausrichten“, wandte sich Schäfer an Bergmann, „kann ich mit Ihnen zurückfahren?“
    „Sicher … ich sollte allerdings noch die Besitzerin des Gasthauses befragen, von wo der Mann uns angerufen hat, der sie gefunden hat.“
    „Der hatte kein Handy dabei?“
    „Offenbar nicht … der macht überhaupt einen leicht absonderlichen Eindruck … Hans Albrecht …“
    „Ja … ich habe mit ihm gesprochen … aber nicht unsympathisch … besitzt ein Antiquariat im Achtzehnten … überprüfen Sie ihn …“
    Nachdem Schäfer mit den Beamten der Spurensicherung und dem Gerichtsmediziner gesprochen hatte, machten sie sich auf den Weg.
    „Warum ist der Oberst dabei gewesen?“, fragte Schäfer.
    „Laut Eigenaussage, weil wir momentan jeden Mann brauchen können. Aber ich denke, er ist froh, wenn er den Mugabe nicht so oft sehen muss.“
    „Wen?“
    „Mugabe … ist der neue Spitzname vom Hofbauer. Schwarz, machtgeil und unfähig.“
    „Sehr gut“, meinte Schäfer und lächelte, „unser Herr Polizeipräsident erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Wie geht’s Bruckner und Leitner?“
    „Favoriten. Zwei Tschetschenen, auf offener Straße erschossen“, sagte Bergmann und drückte die Tür des Restaurants auf.
    Die Gaststube war leer, an der Bar saßen zwei Männer in orangefarbener Arbeitskleidung bei einem Bier und unterhielten sich mit der Wirtin. Aus dem Radio kam eine deutsche Version von „Ring of Fire“. Schäfer und Bergmann setzten sich an einen Tisch, worauf die Frau hinter dem Tresen ihnen zurief, dass sie gleich zusperren würde. Bergmann zog seinen Ausweis aus der Manteltasche und hob ihn gut sichtbar in die Höhe. Die Frau murmelte etwas, drückte ihre Zigarette in den Aschenbecher und kam an den Tisch.
    „Setzen Sie sich für einen Moment“, forderte Schäfer sie auf. Die Wirtin seufzte und ließ sich auf die freie Bank nieder.
    Nein, sie hätte nichts Auffälliges bemerkt, es wären den ganzen Tag über höchstens zwanzig Gäste da gewesen, keiner, den sie nicht kannte, alles Stammgäste, nein, die Frau auf dem Display von Bergmanns Digitalkamera hätte sie noch nie gesehen, sicher nicht, sie müsse sich Gesichter von Berufs wegen gut merken können, aber diese Frau wäre bestimmt noch nie bei ihr gewesen, kämen ja so gut wie nie Frauen herein um diese Jahreszeit. Wirklich eine Überraschung, dachte Schäfer, der jetzt schon das Gefühl hatte, von den Molekülen des unaufhaltsamen Abstiegs angeflogen zu werden, die das Wirtshaus aus jeder Pore des braun gemaserten Resopals auszuschwitzen schien. Steckten die Gäste damit das Lokal an oder umgekehrt?
    Nachdem Schäfer der Wirtin aufgetragen hatte, bis zum nächsten Tag eine Liste aller Stammgäste zu erstellen und sie mit einem lang gezogenen Seufzer eingewilligt hatte, verließen sie das Gasthaus. Auf dem Parkplatz saßen die beiden uniformierten Beamten in ihrem Streifenwagen, auf dem Rücksitz schlief Hans Albrecht, den Kopf an die Scheibe gelehnt. Schäfer und Bergmann stiegen hinten ein, weckten ihn und wiesen den Fahrer an, sie ins Kommissariat zu bringen. Als sie an einer U-Bahn-Station vorbeikamen, bat Schäfer den Fahrer anzuhalten. Dem überraschten Bergmann erklärte er, dass dieser sich bitte um die weitere Befragung kümmern und einen Kollegen die Vermisstenmeldungen durchsehen lassen sollte. Er wäre müde und hätte außerdem noch nichts gegessen.
    „Kommen Sie morgen?“, wollte Bergmann wissen, als Schäfer schon ausgestiegen war.
    „Wird wohl das Beste sein“, meinte dieser, schloss die Wagentür und ging zur U-Bahn.
    Schäfer
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