Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ohne Gnade

Ohne Gnade

Titel: Ohne Gnade
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
Haar, als sie auf ihn zutrat.
      Sie trug ihren Wildledermantel, lange Stiefel und einen Wollrock. Sie kam so nah, daß er nur die Hand auszustrecken brauchte, um sie zu berühren. Er fragte sich; ob das in einem Menschenleben öfter als einmal vorkam. Diese seltsame Mischung aus Liebe, Begehren und Qual, die beinahe körperliche Schmerzen verursachte.
      »Du bist schön«, sagte er und spielte weiter. »Schöner, als je eine Frau um diese Morgenstunde. Hast du schlafen können?«
    »Eigentlich nicht. Ich habe auf dich gewartet.«
      »Aber ich sagte doch, daß ich es vor Dienstschluß nicht schaffen werde.«
    »Bist du jetzt fertig?«
    Er sah zur Uhr hinauf.
    »Nicht ganz. Noch zehn Minuten.«
    Sie lächelte.
    »Bist du hergekommen, um mit mir zu frühstücken?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Nein, Jean. Ich bin nur gekommen, um dich mitzunehmen.«
      »Wohin?« Das Lächeln blieb, aber ihr Blick wurde hart. »Ins Präsidium etwa?«
    »Ja. Ich nehme dich wegen des Mordes an Ben Garvald fest.«
      Sie versuchte nicht, es zu bestreiten. Sie stand einfach da und sah ihn an, irgendwie losgelöst von allem, über den Dingen stehend, völlig ruhig, ohne jeden Ausdruck im Gesicht.
      Nick ließ die Hände von den Tasten gleiten. Er zog eine Packung aus der Tasche, steckte eine Zigarette zwischen die Lippen und suchte nach Streichhölzern. Er fand sie, zündete sich die Zigarette an und begann zu husten, als ihm der Rauch in die Kehle drang.
    »Kann ich auch eine haben?«
      Er schob ihr die Packung hin und gab ihr Feuer. Sie sog den Rauch tief in die Lungen und sah gelassen auf ihn hinunter.
    »Willst du nicht weitersprechen?«
      »Gut.« Er begann wieder zu spielen. Seine Hände glitten langsam über die Tasten und schlugen leise, traurige Akkorde an, die Herbst und Winter verschmelzen ließen. »Die ganze Nacht hindurch haben mich ein paar Einzelheiten beschäftigt. Der Brief zum Beispiel. Den Ben angeblich an Bella geschrieben hatte.«
    »Angeblich?«
      »Er mußte zuerst Chuck Lazer aufsuchen, um zu erfahren, wen sie geheiratet hatte. Er wußte nicht, wo sie wohnte. Wie kann er ihr da geschrieben haben? Ich nehme an, daß du dir im Gefängnis Briefpapier genommen hast, als du das letztemal bei ihm warst. Einfach genug. Im Besuchszimmer liegt es ja immer herum.«
    »Es würde dir schwerfallen, das zu beweisen.«
    »Der Meinung bin ich nicht.«
      Er zog ein zusammengefaltetes blaues Stück Papier aus der Brieftasche und legte es oben auf das Klavier. Es trug den Aufdruck:

    Vermerken Sie bei der Antwort bitte auf dem Umschlag:
    NUMMER………………………….................................
    NAME………………………………...............................
    STRAFANSTALT…………………………....................

    Auf dieser Seite war das Blatt leer. Er drehte es um. Auf der Rückseite stand Jean Flemings Name und ihre Telefonnummer, geschrieben von ihr selbst. Er holte Bens Brief, auf dem gleichen Papier geschrieben, heraus und legte ihn daneben.
    Jean seufzte.
    »Das war allerdings leichtsinnig von mir.«
      Was ihn entsetzte, war die Beiläufigkeit, mit der sie das aufnahm, ihre eiskalte Ruhe.
      »Das sind alles nur wacklige Indizien, Nick. Man müßte mir ein Motiv nachweisen.«
    »Das hattest du. Ben mußte an der Rückkehr gehindert werden, weil du nicht wußtest, wie er reagieren würde, wenn er erfuhr, daß kein Geld mehr für ihn da war. Du hast dich erkundigt, an welchem Tag er entlassen werden sollte und dann den Brief gefälscht.«
    »Um Bella Angst einzujagen?«
      »Nur teilweise. Du hast etwas gebraucht, das du Harry Faulkner zeigen konntest. Du wußtest, daß er eingreifen würde. Ein Denkzettel für Ben, um ihm die Rückkehr zu verleiden. Ben Garvald war aber nicht der Mann, der sich einschüchtern ließ. Zu uns bist du nur gekommen, damit es besser aussieht.«
    »Du bist bei Bella gewesen.«
    Er nickte.
      »Als ich ihr erklärt hatte, wieviel ich schon wußte, rückte sie bald auch mit dem Rest heraus. Sie erzählte mir sogar von der Scheidung. Ben hatte ihr vorgeschlagen, sich scheiden zu lassen, um bei der Polizei den Verdacht zu zerstreuen, sie sei im Besitz des Geldes.«
      »Hat sie dir auch gesagt, daß sie selbst Bens Wagen gesteuert hat, als er den Überfall auf die Stahlfabrik verübte?«
      »Du hast ihr ein Alibi geliefert. Vor der Polizei hast du angegeben, sie sei die ganze Nacht zu Hause gewesen. Anschließend hast du sie erpreßt.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher