Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ohne Gnade

Ohne Gnade

Titel: Ohne Gnade
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
sie mit einer Situation fertigwerden wollten, die von Monat zu Monat schlimmer wurde.
    Grant kehrte zu seinem Sessel zurück, drückte seine Zigarette aus und vertiefte sich in die Akten.
    3

    Die Häuser in der Fairview Avenue waren für den wohlhabenden Stadtbewohner typisch. Groß und geräumig, von gewaltigen Rasenflächen umgeben, ohne deshalb schon herrschaftliche Villen zu sein. Die Erkenntnis, daß Nick Miller in einem dieser Häuser wohnte, trug nicht dazu bei, Jack Bradys Gereiztheit zu beschwichtigen.
      ›Four Winds‹ stand am Ende der Straße, eine spätviktorianische Stadtvilla mit halbkreisförmiger Einfahrt und doppeltem Eingang. Brady fuhr hinein, stellte seinen alten Wagen vor der Tür ab, stieg aus und läutete.
      Nach einer Weile wurde die Tür von einem schlanken, grauhaarigen Mann geöffnet. Er war ungefähr in Bradys Alter, hatte scharf geschnittene Züge und trug eine dicke Hornbrille, die ihn gelehrtenhaft erscheinen ließ.
      »Ja, bitte?« fragte er ungeduldig. Brady bemerkte, daß er Spielkarten in der Hand hielt.
      »Ich komme vom Polizeipräsidium. Ich versuche schon seit geraumer Zeit, Sergeant Miller zu erreichen, bekomme aber keine Antwort. Ist Ihr Telefon defekt?«
    Der andere schüttelte den Kopf.
      »Nick hat über den Garagen seine eigene Wohnung und sein eigenes Telefon. Soviel ich weiß, müßte er zu Hause sein. Ich bin sein Bruder – Phil Miller. Wollen Sie etwas von ihm?«
    »Das kann man sagen.«
    »Komisch, ich dachte, er hat bis Montag Urlaub.«
    »Das war mal. Kann ich zu ihm?«
      »Bitte. Nicht zu verfehlen. Über die Feuertreppe neben der Hauptgarage.«
      Brady stieg die Stufen hinunter und ging auf dem Kiesweg um das Haus herum zu einem Innenhof. Über der Hintertür brannte eine schmiedeeiserne Lampe.
      Die Schiebetüren der Garage standen halb offen. Er ging hinein und knipste das Licht an. Drei Wagen standen nebeneinander. Ein Zodiac, der Jaguar ›E‹ und ein grüner MiniCooper.
      Der Zorn, der plötzlich in Brady hochstieg, wollte sich nicht bändigen lassen. Er schaltete das Licht aus, ging hinaus und stieg die Feuertreppe hinauf.
      Nick Miller erwachte durch das unablässige, schrille Klingeln der Türglocke. Eine Weile lag er da und starrte an die Decke, während er seine Gedanken zu sammeln versuchte, dann warf er die Decke zurück und stand auf. Er ging ins Wohnzimmer, knipste im Vorbeigehen eine Tischlampe an und öffnete die Tür.
      Brady betrachtete den schwarzen, seidenen Schlafanzug mit den goldenen Knöpfen und dem Monogramm auf der Brusttasche, dann sah er Nick Miller ins Gesicht. Es war ein wohlgeformtes Gesicht, fast aristokratisch, mit ausgeprägtem Kinn, hohen Backenknochen und dunklen Augen, in denen alles Licht zu ertrinken schien.
      Zu jeder anderen Zeit hätte er sich zurückgehalten, aber die aufgestaute Wut wollte sich Bahn schaffen.
    »Sie sind Miller?« fragte er ungläubig.
    »Ja.«
      »Kriminal-Konstabler Brady. Das dauert ja eine Ewigkeit bei ihnen.« Brady ging an ihm vorbei in die Wohnung. »Hat der Butler seinen freien Tag oder was ist los?«
    Nick schloß die Tür und ging zum Kamin. Er öffnete eine
    silberne Dose auf einem Abstelltisch, nahm eine Zigarette heraus, und zündete sie mit einem Tischfeuerzeug an.
      »Wenn Sie bitte zur Sache kommen würden«, sagte er geduldig. »Ich wollte mal früher schlafen gehen.«
      »Das hat sich erledigt. Chefinspektor Grant braucht Sie im Präsidium. Offenbar hat er Verwendung für Ihre unschätzbaren Dienste.« Brady ging zum Telefon und legte den Hörer auf. »Kein Wunder, daß ich keine Antwort bekommen habe.« Er drehte sich zornig um. »Seit einer halben Stunde versuche ich Sie zu erreichen.«
      »Sie rühren mich zu Tränen.« Miller fuhr sich mit der Hand über das Kinn. »Sie brauchen nicht zu warten. Wir sehen uns im Büro. Ich nehme meinen eigenen Wagen.«
      »Was für einen, den Rolls-Royce?« Als Miller an ihm vorbeiwollte, packte ihn Brady am Arm. »Sofort, hat der Chef gesagt.«
      »Er wird sich gedulden müssen«, erwiderte Nick ruhig. »Ich muß mich zuerst duschen und rasieren. Sie können ihm sagen, daß ich in einer halben Stunde da bin.«
      Mit erstaunlicher Leichtigkeit machte er sich los und wandte sich wieder ab. Brady vermochte sich nicht mehr zu beherrschen. Er riß Nick herum und gab ihm einen heftigen Stoß.
      »Wofür halten Sie sich eigentlich? Nach lumpigen fünf Jahren im Polizeidienst tauchen Sie mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher