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Öl!

Titel: Öl!
Autoren: Upton Sinclair
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Ansicht wie jener berühmte Fabrikant eines amerikanischen Standardautomobils, dass nämlich Geschichte samt und sonders Humbug ist. 4
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    Die Straße war jetzt aus Asphalt; sie schimmerte in der Hitze, und wenn sie etwas abfiel, ließ eine Luftspiegelung sie wie Wasser aussehen. Sie war gesäumt von Orangenplantagen, dunkelgrünen, glänzenden Bäumen, golden von einem Teil der letztjährigen Ernte und schneeweiß von den Blüten des neuen Jahres. Ab und zu kam ein leichter Windhauch herübergeweht und mit ihm ein hinreißender Duft. Walnusshaine, ausladende Bäume mit üppigem Laub, warfen dunkle Schatten auf den sorgsam kultivierten, pulverfeinen braunen Erdboden. Über weite Strecken zogen sich acht bis zehn Fuß hohe blütenübersäte Rosenhecken hin. Für Windschutz sorgten turmhohe dünne Eukalyptusbäume mit langen, verdrehten Blättern und sich schälenden, nackten Stämmen; alle Welt kennt sie aus Filmen, wo sie stämmige Eichen, uralte Ulmen, ausladende Kastanien, arabische Dattelpalmen und Zedern des Libanon darstellen – oder was immer das Drehbuch verlangt.
    Hier musste man die Geschwindigkeit drosseln und unaufhörlich auf der Hut sein; es gab Kreuzungen, Straßeneinmündungen und vielerlei Warnschilder; es gab regen Verkehr in beiden Richtungen, und es standen heikle Entscheidungen an, zum Beispiel, ob man ein Auto noch überholen konnte, bevor sich der Wagen aus der Gegenrichtung auf einen stürzte und man wie in einer Schere eingeklemmt wurde. Es war faszinierend, Dad dabei zu beobachten, wie er mit diesen kritischen Situationen umging, seine Absichten zu erkennen und zu sehen, wie er sie in die Tat umsetzte.
    Jetzt gab es alle fünf oder zehn Meilen Städte, ständig wurde man vom Verkehr gebremst und gezwungen, sich Geschwindigkeitsbegrenzungen zu fügen, die selbst eine tüchtige Schnecke verärgert hätten. In allen Städten verlief der Highway über die Main Street, dafür sorgten schon die Geschäftsleute, sagte Dad, weil sie hofften, dass man haltmachte und etwas kaufte. Wenn man den Highway an den Stadtrand verlegen würde, um Verkehrsstaus zu vermeiden, würden alle Läden unverzüglich nach draußen übersiedeln. Manchmal zeigten Schilder einen angeblichen Knick des Highways an, um die Autofahrer in eine bestimmte Geschäftsstraße zu locken. War man dann am Ende dieser Straße angelangt, lotsten sie einen wieder auf den Highway zurück. Dad durchschaute solche Tricks mit der belustigten Nachsicht eines Mannes, der sie selbst an anderen ausprobiert hat, sich seinerseits aber nicht aufs Glatteis führen lässt.
    Jede Stadt bestand aus einigen zehn oder hundert oder tausend vollkommen rechtwinkligen Blocks, unterteilt in vollkommen rechtwinklige Grundstücke, auf jedem davon ein hochmoderner Bungalow mit einem Rasen und einer Hausfrau, die einen Gartenschlauch in der Hand hielt. An den Stadträndern gab es sogenannte Erschließungsgebiete, dort wurden ehemals landwirtschaftlich genutzte Flächen in Bauplätze parzelliert und mit einer Reihe von roten und gelben, fröhlich im Wind flatternden Fähnchen geschmückt sowie reihenweise roten und gelben Schildern, die Fragen stellten und sie auch gleich befriedigend beantworteten. «Gas? Ja.» – «Wasser? Das allerbeste.» – «Beleuchtung? Jawoll.» – «Baubeschränkungen? Und ob.» – «Schulen? Im Bau.» – «Landschaft? Grandioser als die Alpen» und so weiter. Am Straßenrand stand ein Bürogebäude oder ein Zelt und davor ein rühriger junger Mann mit Schreibblock und Füller, bereit, nach einem Gespräch von zwei Minuten einen Kaufvertrag aufzusetzen. Diese Erschließer hatten das Land für tausend Dollar pro Acre gekauft, und kaum hatten sie ihre flatternden Fähnchen und das Zelt aufgepflanzt, war jeder einzelne Bauplatz 1675 Dollar wert. Auch dies erklärte Dad amüsiert und nachsichtig. Ein großartiges Land!
    Jetzt kamen sie an den Stadtrand von Angel City. Hier gab es Straßenbahngleise und Eisenbahnen und Erschließungsgebiete ohne «Baubeschränkungen» – man durfte also jede beliebige Art von Haus bauen und es an Leute jeglicher Herkunft und Hautfarbe vermieten. Das bedeutete Hütten aus Blech, Teerpappe und rohem Holz, ein hässliches Elendsquartier, das sich wie ein riesiges Geschwür ausbreitete. Eine Menge Kinder spielten hier – aus irgendeinem merkwürdigen Grund schien es immer dort die meisten Kinder zu geben, wo sie am schwersten großzuziehen waren.
    Durch ständiges Gasgeben und Überholen hatte Dad es
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