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Nybbas Nächte

Nybbas Nächte

Titel: Nybbas Nächte
Autoren: Jennifer Benkau
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dass der Bauplan, den Elias besorgt hatte, fehlerfrei war. Da bisher kein Alarm angeschlagen hatte, war dem wohl so. Stiller Alarm existierte für die Nacht nicht in Joanas Welt, die Option hätte sie zu nervös gemacht.
    Tausend Stolpersteine lagen in seinem Weg. Würde er zurückkommen? Ein weiteres Mal?
    Sie hatten sich versteckt gehalten, bis der Luzifer die Geduld verloren und die Stadt verlassen hatte. Geradewegs Richtung Island, wo Demjan, sollte der erste Fürst ihn aufsuchen, erzählen würde, sie wären beide gefallen. In Wahrheit spionierten Nicholas und Joana längst das umgebaute Fabrikgebäude aus, in dem der Luzifer die Inanen in großer Anzahl schuf und mit der Droge Obs 11 gefügig machte.
    Ihren Beobachtungen zufolge hielten sich nahezu alle Inanen bei Nacht in dem Gebäude auf. Tagsüber dagegen waren die menschlichen Wissenschaftler anwesend, weshalb sie darauf bestanden hatte, dass Nicholas seinen Plan nachts in die Tat umsetzte. Es war schlimm genug, ein Dutzend Inanen zu töten. Doch diese Menschen waren ohnehin verloren. Die Wissenschaftler waren es nicht.
    Eine Wolke trieb vor den Mond und für eine Weile wurde es so dunkel, dass Joana die Hausfassade kaum mehr erkannte. Ihre Möglichkeiten, Nicholas den Rücken freizuhalten, sanken ins Bodenlose. Andererseits war da kein Rücken, den sie freihalten konnte. Wo blieb er nur? Wie lange dauerte es, unbemerkt ein halbes Dutzend Ladungen Plastiksprengstoff in einem Haus zu verteilen?
    Entschieden zu lange.
    Shit, sie konnte nichts sehen, ihr mögliches Ziel nicht mehr anvisieren.
    Es hätte sie entsetzen müssen, mit welcher Kaltblütigkeit sie die Armbrust hielt, bereit, jedem Dämon oder Menschen, der Nicholas zu nahe kam, einen Bolzen in die Brust zu jagen, als wäre er nichts als einer der Baumstämme, an denen sie regelmäßig übte. Statt sich zu fürchten, erinnerte sie sich an Nicholas’ Worte.
    Wenn es hart auf hart kommt, musst du dein Leben retten. Mit allem, was du hast.
    So war es. Genau so. Und da ihr Leben das Seine mit einschloss, war die Sache plötzlich sehr einfach, als der Mond hinter der Wolkendecke hervorkam, Nicholas’ Umrisse auf der Feuerleiter freigab, und neben ihm eine zweite Silhouette, hinter einem Mauervorsprung verborgen, sodass Nicholas sie nicht bemerkte.
    Der Bolzen schnitt pfeifend durch die Luft. Joana unterdrückte einen Fluch, da er verfehlte und ins Gemäuer schlug. Doch Nicholas reichte dies als Warnung. Es gab ein ploppendes Geräusch, als der Schallschutz seiner Glock den Knall schluckte und der Angreifer die Kugel. Nicholas sprang aus drei Meter Höhe, während Joana mit schnellen, sicheren Griffen die Armbrust nachlud. Ein zweiter Mann kam um die Ecke und Joana schoss. Sie achtete nicht darauf, wo sie ihn getroffen hatte. Er lag am Boden, bevor er einen Schuss abfeuern konnte, damit gab sie sich zufrieden. Nicholas rollte sich durch die Lücke im Zaun und Joana ließ die Armbrust auf den Rücksitz fallen und sprang auf den Fahrersitz. Der Wagen schoss vor, ohne dass sie durch quietschende oder durchdrehende Reifen eine Sekunde Zeit verlor. Sie bremste dicht bei Nicholas und jagte weiter, sobald er auf dem Beifahrersitz saß.
    Er sah sich über die Schulter um und dann auf seine Uhr, während Joana beschleunigte und den Berg hochraste. Ein Schuss erwischte das Auto. Vermutlich am Kotflügel. Vierzig Meilen, zeigte der Tacho, fünfzig, sechzig. Dann bremste sie abrupt.
    „Jetzt“, raunte Nicholas im gleichen Moment.
    Die Explosion im Tal stach schmerzhaft laut in ihre Trommelfelle. Das Wummern war bis in jeden Knochen zu spüren. Etwas zeitversetzt loderte das Inferno auf. Ein plötzliches Lichterloh aus blauen, gelben und roten Flammen, die zwischen Unmengen schwarzem Qualm hervorzuckten.
    Joana schluckte mehrmals, während sich auf Nicholas’ Gesicht der Hauch eines mokanten Lächelns abzeichnete. Ein Tropfen Blut lief ihm die Schläfe hinab, er musste sich am Draht verletzt haben.
    „Da wird jemand sehr, sehr wütend werden“, überlegte er laut. „Aber nun muss der Luzifer wieder mit Wasser kochen, und das kann ich auch.“
    „Wir.“ Ihre Stimme klang heiser, sie räusperte sich. „Wir können das auch.“
    „Ja. Es sei denn, es gelingt mir vorher, dich irgendwo anzuketten, wo es sicher für dich ist.“
    Sein Blick bekam unvermittelt etwas derart Zärtliches, dass sie nicht wusste, ob die plötzliche Hitze derExplosion und der Brände entsprang, oder aus ihrem Inneren kam. Er strich ihre
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