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Nur zu deinem Schutz (German Edition)

Nur zu deinem Schutz (German Edition)

Titel: Nur zu deinem Schutz (German Edition)
Autoren: Harlan Coben
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absichtlich in die Länge, »habe ich mir überlegt, dass ich Ashley helfen könnte.«
    »Helfen? Wie meinen Sie das?«
    »Na ja, dass ich ihre Hausaufgaben für sie mitnehmen könnte.«
    Mrs Friedman war gerade dabei gewesen, die Tafel zu wischen. Die meisten Lehrer benutzten Smartboards, aber Mrs Friedman scherzte gern, dass sie eine Verfechterin der »alten Schule« sei, und zwar im eigentlichen Wortsinn. Jetzt hielt sie inne und sah mich an. »Hat Ashley Sie darum gebeten, die Hausaufgaben für sie mitzunehmen?«
    »Äh … nein.«
    »Ach so, Sie wollten sich nur netterweise dafür anbieten?«
    Es war ein bescheuerter Einfall gewesen. Selbst wenn sie mir die Hausaufgaben für Ashley geben würde – ich wusste ja noch nicht einmal, wo sie wohnte. »War nur so eine Idee«, sagte ich und wandte mich zum Gehen. »Trotzdem danke.«
    Sie ließ den Tafelschwamm sinken. »Mr Bolitar?«
    Ich blieb stehen.
    »Wissen Sie, warum Ashley Kent nicht in der Schule erschienen ist?«
    Mein Herz schlug schneller. »Nein, Ma’am.«
    »Aber Sie machen sich Sorgen?«
    Ich sah keinen Grund, sie anzulügen. »Ja, Ma’am.«
    »Sie hat sich nicht bei Ihnen gemeldet?«
    »Nein.«
    »Seltsam.« Mrs Friedman runzelte die Stirn. »Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich eine Nachricht erhalten habe, in der mir mitgeteilt wurde, dass ich nicht mit Ashleys Rückkehr rechnen soll.«
    »Ich verstehe nicht …«
    »Mehr weiß ich auch nicht«, sagte Mrs Friedman. »Wahrscheinlich ist sie weggezogen. Aber …«
    Sie verstummte.
    »Aber?«
    »Ach, schon gut, Mr Bolitar.« Sie fuhr damit fort, die Tafel zu wischen. »Nur … seien Sie vorsichtig.«
    In der Mittagspause reihte ich mich in der Cafeteria in die Schlange vor der Essensausgabe ein.
    Es war genau so, wie ich es mir immer vorgestellt hatte – die Cafeteria an einer Highschool ist so etwas wie eine große Showbühne, auf der sich die Schüler selbst darstellen. Es gab jede Menge unterschiedlicher Cliquen. Die Sportskanonen nannten sich hier »Lax Bros« von Lacrosse Brothers. Sie hatten lange Haare, muskelgestählte Körper und fingen fast jeden Satz mit » Ey« an. Dann gab es einen Tisch für die »Cosplayer« – weiße Kids, die sich für Asiaten hielten und auf Mangas und Animes standen. Die hübschen Mädchen waren weniger hübsch als superdünn, stöckelten auf viel zu hohen Absätzen herum und trugen teure Designerklamotten. Dann gab es noch die Zocker, die Bohemiens, die Skater, die Kiffer, die Nerds und die Emos.
    Echte Klassenkämpfe schienen hier aber nicht stattzufinden. Jeder kannte jeden, und das schon so lange, dass man sich gegenseitig in Ruhe ließ. Die sogenannten Außenseiter, die immer allein saßen, saßen schon so viele Jahre allein, dass es weniger Gemeinheit als Gewohnheit war. Ich war mir allerdings nicht sicher, ob das besser oder schlimmer war.
    Auf einmal kam ein Schüler, dem seine Zugehörigkeit zur Splittergruppe der Nerds deutlich anzusehen war, zielstrebig mit einem Tablett auf mich zu. Er trug eine Hochwasser-Cordhose und schneeweiße Turnschuhe ohne Logo.
    Er schob sich seine Harry-Potter-Brille auf der Nase hoch und deutete mit dem Tablett in meine Richtung.
    »Hey, willst du vielleicht meinen Löffel?«, fragte er mich. »Ich habe ihn kaum benutzt.«
    Ich blickte auf sein Tablett. »Kaum ? «
    Er nickte freundlich und hielt das Tablett ein bisschen höher, sodass ich den Löffel sehen konnte, der in einem leer gekratzten Joghurtbecher steckte.
    »Nein danke«, sagte ich.
    »Bist du sicher?«
    »Sind Löffel hier vielleicht Mangelware?«
    »Was? Nein, überhaupt nicht.«
    Oh-kay. »Tja dann, nein danke.«
    Er zuckte mit den Achseln. »Wie du willst.«
    Nachdem ich mir mein Mittagessen gekauft hatte, sah ich, dass Löffel – wie ich ihn in Gedanken nannte – am Ende der Essensausgabe auf mich wartete.
    »Wo sitzt du?«, fragte er.
    Seit Ashley verschwunden war, setzte ich mich immer irgendwo allein draußen hin. »Keine Ahnung. Mal hier, mal da.«
    Löffel ging neben mir her. »Du bist groß und du bist lieber für dich. Wie Shrek.«
    Dazu gab es nicht viel zu sagen.
    »Ich könnte dein Esel sein, du weißt schon.«
    Ooohhh-kay. Würde ich nach draußen gehen, würde er mir garantiert folgen, also schaute ich mich nach einem sicheren Rückzugsort innerhalb der Cafeteria um.
    »Oder dein Robin. Wie Batman und Robin. Oder Sancho Panza. Hast du Don Quijote mal gelesen? Ich auch nicht, aber ich habe das Musical Der Mann von La Mancha gesehen. Ich liebe
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