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Nur ein Blick von dir

Nur ein Blick von dir

Titel: Nur ein Blick von dir
Autoren: S. C. Ransom
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gesetzt, als ich nach dem Vorfall in den Gärten von Kew noch im Koma lag, mich aber sofort gestrichen, als ich das Bewusstsein wiedererlangt hatte und für das Fahren ohne Begleitung mit einem vorläufigen Führerschein angezeigt wurde. Ich würde einen solchen Schein niemals auch nur zu Gesicht bekommen.
    Die Polizistin wirkte, als würde sie Dad gleich aus dem Raum schicken, weil er gesprochen hatte, ohne an der Reihe zu sein. Sie zog den Brief hinten aus dem Ordner und überflog ihn.
    »Bleib ganz ruhig. Du machst das echt gut«, sagte eine beruhigende Stimme in meinem Kopf. »Aber übertreib es nicht mit dem Rumschleimen.«
    Ich seufzte vor Erleichterung. Callum war zurück! Es war ein langer, aufreibender Vormittag gewesen, und ich hatte keinen Augenblick Zeit gehabt, ihn zu rufen. Aber nun war er endlich da und ließ mein Handgelenk wie üblich prickeln, als er seinen Arm so bewegte, dass sich unsere identischen Armreife überlappten – in seiner Welt und in meiner. Ich blickte schnell zu meinem Spiegelbild in der Glastür auf und erwischte einen kurzen Blick auf Callums strahlend schönes Gesicht hinter meiner Schulter. Alle meine Sorgen verblassten, als meine Liebe zu ihm jedes andere Gefühl überschwemmte. Er sah, wie ich hinblickte, zwinkerte kurz und wurde dann wieder ernst.
    Ich war jetzt seit zwei Wochen aus der Klinik, und seine Stimme in meinem Kopf war eine Quelle von Liebe und Trost.
    »Konzentrier dich! Vermassel es jetzt nicht!«
    Er hatte recht. Das Ende war in Sicht. Ich schaute die Polizistin kurz an, achtete aber darauf, nicht zu zeigen, wie zufrieden ich plötzlich war.
    Es klopfte, und etwas unsicher erschien ein junger Wachtmeister in der Tür. »Es tut mir leid zu stören, Inspektorin Kellie, aber Sie wollten informiert werden, wenn der forensische Bericht eintrifft.«
    Ich blickte schnell wieder zu der Polizistin. Ihr versteinertes Aussehen wurde nun von den gelben Lichtern widerlegt, die plötzlich um ihren Kopf tanzten. Ich wusste, was das zu bedeuten hatte: Entweder war sie sehr glücklich, endlich diesen Bericht zu bekommen, oder sie war sehr glücklich, diesen attraktiven Polizisten zu sehen. Ich hoffte für sie, dass es der Polizist war.
    Und ich war immer noch verblüfft darüber, welchen Unterschied es für mich machte, erkennen zu können, ob Menschen glückliche oder unglückliche Gedanken hatten. Es war offenbar eine Nebenwirkung meines wundersamen Erwachens aus dem vegetativen Koma. Nur zwei von uns wussten, was mir wirklich passiert war: ich und Callum, dessen geheimnisvolle Spiegelung nur ich sehen konnte.
    Callum wartete geduldig, wie er es immer tat. Ich gab mir große Mühe, nicht ständig in der schimmernden Glasfläche nach ihm zu schauen, sondern mich, wie er geraten hatte, auf die Polizistin zu konzentrieren. Aber es war so schwer, ihn nicht zu beachten. Ich empfand eine so tiefe Liebe zu ihm, und ich wusste, allein durch das, was er für mich riskiert hatte, dass auch er mich liebte. Doch deshalb waren wir getrennt. Ich schluckte und versuchte, mich zu erinnern – er war ertrunken –, aber das machte für die Intensität meiner Gefühle keinen Unterschied. Seitdem wir uns das erste Mal unter der Kuppel der
St. Paul’s Cathedral
gesehen hatten, liebte ich ihn über alles. Ich rief mich innerlich zur Ordnung und konzentrierte mich wieder auf Inspektorin Kellie, und während ich sie genau beobachtete, bemerkte ich, wie ihr Ausdruck weicher wurde, wenn sie den jungen Polizisten ansah. »Ich danke Ihnen, Wachtmeister«, sagte sie förmlich. »Ich bin gleich bei Ihnen, und Sie können mit mir die wesentlichen Punkte durchgehen.«
    Ich schaute schnell zu dem Polizisten. Auch bei ihm tanzten die gelben Lichter um den Kopf. Ich fragte mich, ob die beiden wohl jemals dem anderen etwas eingestehen würden. Aber was auch immer da als Nächstes passieren würde, für mich reichte es schon, dass die Inspektorin in guter Stimmung war. Vielleicht würde ich sogar noch einmal davonkommen.
    Sie wandte sich wieder mir zu und schob den Ordner von sich.
    »Also, Alexandra, ich sehe, dass du von der Schule schon eindeutig bestraft worden bist. Und ich bin der Meinung, dass unter diesen Umständen«, sie wedelte mit der Hand in Richtung des medizinischen Berichts, »nur wenig gewonnen wird, dich wegen dieser Verstöße weiter zu belangen.«
    Ich spürte, wie mein Herz bei ihren Worten leichter wurde, doch ich versuchte weiter, zerknirscht auszusehen.
    »Allerdings«, fuhr sie fort,
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