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Nur die Nacht war Zeuge (Mord Azur) (German Edition)

Nur die Nacht war Zeuge (Mord Azur) (German Edition)

Titel: Nur die Nacht war Zeuge (Mord Azur) (German Edition)
Autoren: Judith Lawrenz
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schwach.“
    „Er war nicht zu schwach, Julien Villepin zu vertreiben.“
    Bernard gab keine Antwort. Er wiegte nur nachdenklich seinen Kopf. War Villepin zu schwach oder zu arbeitsscheu. Anne-Sophie sagte immer, er wäre beides.
    „Julien wird heute bei dem Meeting im Martinez den Gastgeber unserer Agentur zu spielen.“
    „Wieso das denn, er hat doch gekündigt?“
    „Harry will ihm eine Chance geben, sich von allen europäischen Manager zu verabschieden.“
    „Nun ja,“ überlegte Edda Cabernet, „er ist repräsentativer als dieser Drachmann, dieser Drachen, wie Anne-Sophie ihn immer nennt.“
     
     
     
    3.
     
    Julien Villepin, das V der VMC-Smith, Henderson, wie sie immer noch auf dem Papier hieß, ordnete seine Papiere auf seinem Schreibtisch. Es war ein antiker, englischer Schreibtisch, ein Familienerbstück.
    Estelle, seine Frau, stand im Türrahmen, wie so oft, als ob sie das Allerheiligste ihres Mannes nicht ganz betreten durfte. Bevor sie anfing zu reden, schüttelte sie ausgiebig den Kopf: „Was bezweckt Harry damit, dass du, obwohl du gekündigt hast, noch immer den Gastgeber für sie spielen sollst?“
    „Ich habe die Einladungen an alle herausgeschickt“, sagte Julien kurz angebunden.
    „Wird heute entschieden, ob dieser Piet Drachmann dein Nachfolger werden wird?“ fragte sie mit Neugier in den Augen.
    „Ich schätze sie werden keine Zeit dafür haben, es ist ein internationales Meeting.  Aber eins steht fest, sie werden nicht mehr zwei Geschäftsführer Beratung wollen, sie werden nicht mehr zwischen nationalen und internationalen Kunden trennen, was von Anfang an falsch war, aber zum Zeitpunkt der Fusion nicht vermieden werden konnte. Piet Drachmann jedoch werden sie nicht nehmen, das könnte Harry Miller seinem Chef nicht verkaufen.“
    „Und was könnte Harry ihm verkaufen?“
    „Ein völlig neues Management-Team.“
    „Ein neuer Manager Beratung würde doch genügen?“
    Julien Villepin zuckte mit den Schultern. Die Zukunft der VMC Smith, Henderson interessierte ihn nicht mehr.
     
     
    4.
     
    Harry Miller, Anfang fünfzig, strahlte die Lebendigkeit des Jetsetters aus, der mit schnellen, federnden Schritten durch die Flughäfen dieser Welt eilt, meist mehrere Tickets aus der Tasche ziehend, wohl wissend, dass die charmant lächelnde Stewardess sie mit hilfreichen Händen für ihn ordnen würde.
    An diesem Morgen eilte Harry Miller, Internationaler Präsident der Smith, Henderson Agenturengruppe, durch die Gänge des Hotel Martinez  in Cannes, Ted Ambers im Schlepptau. Der junge Mann war seine neueste Errungenschaft auf dem europäischen Manager-Markt. Ein großer, sportlicher, gutaussehender Typ, ganz nach Harry Millers Geschmack. Ted Ambers sollte heute den europäischen Partnern als der neue Europa Manager vorgestellt werden. Der internationale Präsident erhoffte sich, dass er ihm die Last einiger grauköpfiger Querdenker von den Schultern nehmen und mit der Kraft seiner Jugend das europäische Netz größer und geschickter spinnen würde als sein verschlafener Vorgänger.
     
    „Wo findet das gottverdammte Meeting statt“, fluchte Harry Miller bester Laune und bremste seine schnellen Schritte vor der schwarzen Tafel, die sich in der Lobby des Hotels befand. „Konferenzraum numero trois“, sagte er mit gespitztem Mund und deutete an, dass er an die drei Worte Französisch sprach.
    „Très bien“, sagte Ted Ambers mit übertrieben englischem Akzent.
     
    Julien Villepin stand im Eingang des Konferenzraums und begrüßte die geladenen europäischen Partner der Smith, Henderson Agenturengruppe. Es war Sitte, dass immer das jüngste Mitglied der Gruppe auch der Gastgeber war. In diesem Jahr war das Südfrankreich, die VMC hatte erst vor einem Jahr mit der Smith, Henderson fusioniert.
    „Statt Neugeschäft für uns zu machen, hat er gekündigt“, sagte Harry Miller zu Ted Ambers und stellte ihm den Ex-Geschäftsführer der Agentur-Niederlassung in Sophia Antipolis vor. Mit der gespielten Wendigkeit eines Profiboxers verpasste er Julien Villepin einen kleinen Hieb auf die Schulter. Die drei Männer lachten, Julien Villepin am lautesten.
     
    Anne-Sophie Marrais flüsterte gerade mit  Bernard Cabernet , als sie einen freundschaftlichen, deshalb nicht weniger schmerzvollen Klaps auf ihrem Rücken verspürte. Harry Miller beugte sich herab und drückte ihr einen Kuss auf die Wange.
    „Harry, schön dich zu sehen“, sagte Anne-Sophie mit übertrieben schmerzverzerrtem
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