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Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Titel: Nummer Drei: Thriller (German Edition)
Autoren: Nicholas Lake
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ich sie mir überhaupt machen lassen. Ich wollte ihn ärgern, und deshalb ärgerte mich die Tatsache, dass er sich nicht ärgerte.
    Wir steuerten geradewegs die Turnhalle an, wo die Prüfungen stattfinden sollten. Unterwegs hielt uns jedoch die Schauspiellehrerin Miss Fletcher auf. Wie immer saß ihre Brille schief, und ihr Haar sah aus wie nach einer Übernachtung im Gebüsch. Sie starrte mein Gesicht an, als hätte sie im Wohnzimmer eine Schlange entdeckt.
    »Miss Fields, was haben Sie sich dabei nur gedach t ? Sie kennen doch die Regeln in Bezug au f … Körperschmuck. Für dieses Vergehen könnten Sie der Schule verwiesen werden.«
    »Es ist meine letzte Prüfung«, widersprach ich. »Dann bin ich sowieso für immer weg.«
    »Genau«, beharrte Miss Fletcher. »Noch sind Sie Schülerin dieser Schule, und die Regeln sind eindeutig. Kommen Sie mit, junge Dame! Wir gehen zu Missis Brooks.«
    Mrs. Brooks war die Direktorin. Ich verdrehte für Carrie und Esme die Augen.
    »Bis später«, sagte ich.
    »Ä h … ja, bis später«, antwortete Carrie. Sie war anscheinend gleichermaßen beeindruckt wie besorgt.
    Miss Fletcher wartete draußen. Als ich über den Teppichboden des Büros ging, machte die Schulleiterin ein trauriges, ergebenes Gesicht, wie es die Eltern eines missratenen Kindes manchmal tun, was vermutlich aus der Sicht der Direktorin die Situation zutreffend beschrieb.
    »Miss Fields«, begann sie, »Sie wissen doch, dass Ihnen unsere Schule sehr mitfühlend und nachsichtig begegnet ist. Aber dieses Mal haben Sie es wirklich übertrieben.«
    »Es ist mein letzter Tag«, erinnerte ich sie.
    »Das weiß ich. Ich weiß auch, dass kürzlich der Geburtstag Ihrer Mutter war und dass erst zwei Jahre vergangen sind, sei t … nun j a …«
    Ich wollte es ihr nicht zu leicht machen und schwieg.
    Sie schlug die Augen nieder. Ich betrachtete die grauen Wurzeln der blonden Haare.
    »Also gut.« Mrs. Brooks heftete den Blick unverwandt auf den Schreibtisch. »Nehmen Sie an der Prüfung teil. Aber danach verlassen Sie sofort die Schule. Den Aufenthaltsraum dürfen Sie nicht betreten. Sie sollen den anderen kein schlechtes Beispiel geben.«
    »Soll mir recht sein«, willigte ich ein.
    Dann kehrte ich allein in die Sporthalle zurück. Zur Prüfung kam ich etwa zwei Minuten zu spät, deshalb schlich ich zu meinem Tisch und drehte das Papier herum. Ich suchte mir die Aufgaben heraus, die ich am besten konnte, und schrieb die Antworten mit Bleistift nieder. Als ich aufblickte, verriet mir die große Wanduhr neben den Kletterseilen, dass mir noch fünf Minuten blieben.
    Fünf Minuten, dann war die Schule für immer vorbei.
    Ich vergewisserte mich, dass die Aufsicht führenden Lehrer abgelenkt waren. Einer las ein Buch, der andere blickte aus dem Fenster und hatte die Hände hinter dem Kopf verschränkt.
    Also griff ich in die Tasche, zog eine Zigarette heraus und steckte sie mir in den Mund. Das Mädchen am Nachbartisch wandte sich um und starrte mich mit großen Augen an. Dann öffnete ich mein Federmäppchen, nahm die kleine Streichholzschachtel heraus und riss eins der Hölzchen an, hielt es an die Zigarette und hörte das Knistern, während ich den Rauch inhalierte.
    Dann atmete ich aus, und sofort waren die Aufsichtspersonen auf den Beinen und schleppten mich aus der Turnhalle. Ein paar Minuten später tauchte Mrs. Brooks auf und eskortierte mich zum Schultor.
    »Sehr schön«, sagte sie, als sie mich sogar noch bis zur Bushaltestelle begleitete. »Nun haben Sie Ihren großen Auftritt gehabt. Natürlich fallen Sie automatisch durch die Prüfung.«
    »Was?«, antwortete ich. »Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.«
    »Ich fürchte schon«, entgegnete sie. »Sie müssen begreifen, was Konsequenzen sind, Amy. Ein solches Verhalte n … es muss Grenzen geben.«
    Schweigend blickte ich zu Boden.
    »So«, fuhr sie schließlich fort, »da haben Sie ein schönes Durcheinander angerichtet. Fühlen Sie sich nun besser?«
    Nein, wollte ich erwidern . Nein, ich fühle mich nicht besser.
    Bei der letzten Prüfung, bei der ich mir mitten in der Turnhalle eine Zigarette angezündet hatte – wie Esme mir verriet, sollte der Vorfall zur Schullegende werden –, war es um Physik gegangen.
    Das passte gut.
    In Physik hatten wir etwas über Dynamik und die physikalischen Gesetze gelernt, die für Flüssigkeiten und Gase gelten. Es gab eine Zeit in meinem Leben, da glaubte ich, die Regeln zu kennen und alles zu verstehen, was unveränderlich
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