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Nuhr, Dieter

Nuhr, Dieter

Titel: Nuhr, Dieter
Autoren: Nuhr auf Sendung
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Erlöser gemacht, und wäre daher ausgebildeter Retter
aller Seelen. »Naja«, dachte ich, aber er meinte, ne, es gäbe ja viele
Bekloppte, aber er wäre echt ... Da habe ich ihm gesagt: »Weißt du was? Heute
kann nicht jeder x-beliebige als Messias daherkommen und das Übliche absondern
von wegen ewiges Leben und Ähnlichem.« Ein Retter muss heute die Sprache der
Menschen sprechen; nämlich nicht: »Wahrlich, ich sage euch«, sondern: »Ey,
krass, voll endgeile Message an alle!«
    Dann muss für uns Gläubige auch was rausspringen, hier
ganz konkret, nicht im nächsten Leben, heute will ich was sehen! Glaube, Liebe,
Hoffnung, die kann man sich bei jedem Dorfgeistlichen besorgen. Was ich von
einem Messias wissen will, das sind die Lottozahlen von nächster Woche! Der Typ
war völlig fertig, und meinte, dass Messias dann ja heute ein ganz schön
schwieriger Job sei. Und als er ging, wirkte er irgendwie total ernüchtert.
Neulich habe ich ihn wiedergetrof fen; er ist bei Gott ausgestiegen
und arbeitet jetzt als freier Versicherungsvertreter, und sagte dann: »War
alles bloß ein Irrtum.« Er meinte, tiefe Geborgenheit würde man in Gott niemals
finden, sondern nur in einem Rundum-Sorglos-Paket der Allianz. Man müsste nur
dran glauben. Ich hab dann auch gleich unterschrieben, weil ich ja ein
gläubiger Mensch bin.
    Und auf der Familienfeier habe ich das Paket dann der ganzen
Verwandtschaft angedreht, gegen gute Prämie natürlich. Das war das Einzige, was
mich aufrecht gehalten hat. Das war dann doch eine Erlösung.
     
    Kein Auto 21.
November 2000
    Das ist ja wieder ein Verkehr da draußen. Jeder will ans
Ziel, das verstehe ich ja, aber warum lassen die mich nicht mal vor ... Ich
glaube, dass in unserer Gesellschaft die hervorstechendste Eigenschaft der
Bürger die ist, dass sie sich gegenseitig ständig im Weg stehen.
    Das ist furchtbar, denn in seinem Blechhaufen fühlt der
Mensch sich so schön getrennt von den anderen, und dann traut er sich alles.
Das ist der Grund, warum der Mensch in seiner Ausformung als Autofahrer
automatisch zum Drecksack wird!
    Ich kenne das von mir selbst: Ich sitze im Auto, der
Fahrer vor mir macht einen kleinen Fehler, und schon brülle ich: »Führerschein
abgeben, Rübe runter, in siedendem Öl kochen« - ich entwickele am Steuer eine
enorme Fantasie, wobei ich natürlich weiß: So geht's nicht! Wer hat schon
unterwegs siedendes Öl dabei? Vielleicht sollte ich mir eine Reisefriteuse
zulegen? Aber jemanden in siedendem Öl zu kochen, wäre ein Eingriff in den
Straßenverkehr, der von der Straßenverkehrsordnung so gar nicht vorgesehen ist.
Da müsste der Gesetzgeber mal aktiv werden. Aber die tun ja nichts ...
    Wenn ich darüber nachdenke, wie es möglich ist, dass Diktaturen
entstehen, dass gefoltert wird, dass Menschen zu so etwas fähig sind, dann
denke ich, dass so ein Diktator in einem Zustand psychischer Enthemmung lebt,
den ich bei mir selbst nur am Steuer kenne. Ich bin im Grunde gegen
Todesstrafe, aber wenn vor mir einer mit genau 47 durch die Innenstadt gondelt, dann denke ich oft: »Warum
habe ich keinen Torpedo unter der Motorhaube?«
    Der Straßenverkehr ist ja ein Sinnbild des Lebens an sich.
Irgendwie kommt man nie richtig vorwärts ... und wenn man denkt: »Jetzt geht
gar nichts mehr«, dann steht hinter einem immer noch eine Drecksau und hupt.
    Der Mensch unterscheidet sich von anderen Wirbeltieren im
Grunde nur durch den Führerschein. Und selbst den hätten die meisten Menschen
gar nicht verdient, meine Nachbarin zum Beispiel, die grundsätzlich kurz vor
mir den letzten Parkplatz kriegt und dann beim Einparken eine halbe Stunde lang
die Straße blockiert. Wenn die mal stirbt, schicke ich einen Kranz mit der
Aufschrift: »Sie hinterlässt eine Lücke. Danke!«
     
    Österreich 4.
Dezember 2000
    Jetzt, nach dem Ende des EU-Boykotts, darf man da wieder
nach Osterreich in Skiurlaub fahren? Oder ist das nicht korrekt? Man traut
sich ja gar nicht mehr zu sagen, dass man da hinfährt. Ich war letztes Jahr in
Österreich - aber erzählt hab ich das keinem!
    Spanien - das kann man öffentlich erzählen, wenn man da
hinfährt. Wobei Spanien doch auch seine dunklen Seiten hat. Grade neulich ist
beim Stierkampf ein Torero aufgespießt worden, war wohl auch tot - und da hat
man den Stierkampf einfach abgebrochen. Was soll denn das? In der Bundesliga
wird ja auch nicht das Spiel abgebrochen, wenn die Gastmannschaft gewinnt.
Haben die keine Ersatzspieler?
    Aber über Osterreich
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