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Nudeldicke Deern

Nudeldicke Deern

Titel: Nudeldicke Deern
Autoren: Groener Anke
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Grundausstattung an Geschmäckern und Noten, mit denen der Händler oder die Händlerin was anfangen können.
     
    Zum Fisch gibt es meinen bisherigen Lieblingswein, der einzige, dessen Namen ich mir irgendwann mal gemerkt hatte: Muscadet. Das Verkosten geht so: erst mal einschenken (ach was) und das Glas gegen etwas Weißes halten, um die Farbe zu beurteilen. Die Beschaffenheit des Weines zur Kenntnis nehmen: klar, trüb, moussierend … Dann die erste Nase. Wein noch nicht schwenken, sondern nur die Nase reinhalten und einen ersten Einruck mitnehmen. Der Muscadet riecht für mich nach Atlantikbrise. Dann kommt die zweite Nase: den Wein schwenken und nochmal riechen. Auf einmal ist ein Hauch von Zitrone zu spüren. Und jetzt geht der Spaß los: einen Schluck nehmen, ihn im Mund verteilen und von außen ein bisschen Luft einsaugen. Da wir seit Montag jeden Abend Wein getrunken haben, kann ich inzwischen Luft in den Mund holen, ohne zu sabbern, worauf ich sehr stolz bin. Die Geräusche sind zwar alles andere als damenhaft, aber das Luftreinholen ist kein doofes Chichi, sondern verändert den Geschmack wirklich. Aus dem Zitronenhauch wird eine schöne, saftig-gelbe Zitrone, die aber nur ganz kurz im Mund bleibt, um dann mit der Brise im Rachen zu verschwinden. Keine Sekunde später ist alles weg, wie bei Ebbe das Meer.
     
    Zum Fisch passt der Muscadet angeblich hervorragend. Ich sage da mal «ja» zu, weil ich mich in der nächsten Zeit mehr auf das Meeresgetier konzentriert habe und weniger auf den Wein. Das Pangasiusfilet hat einen sehr unaufdringlichen, sanften Geschmack mit einer winzigen Eiernote, die aber verfliegt, sobald Zitronensaft dazukommt. Der Seelachs schmeckt fischiger, hat eine mir zu weiche Konsistenz und ist von allen Fischen, die wir probiert haben, der banalste. Das Lachssteak hat mich umgehauen. Ich hatte einen Heidenrespekt vor den Gräten, die aber netterweise so riesig sind, dass ich sie vorher gesehen habe. Und dann kam ein ganz anderer Geschmack als der Lachs, den ich von Sushi kannte. Phantastisch. Der Seeteufel hat mir noch besser gefallen; er war sehr markant, ohne anstrengend zu sein.
     
    Den Viktoriabarsch bereitet Lu mit unserem selbsthergestellten Würzsalz zu, während nebenbei eine Runde mediterranes Gemüse mit Rosmarin und Meersalz zu einem Ratatouille einköchelt. Wir waren aber alle nach dem Fisch schon so satt, dass das Gemüse erst morgen Mittag zum Einsatz kommt. Den Barsch mag ich auch, aber ich glaube, ich würde am ehesten den Seeteufel und das Lachssteak nochmal essen wollen.
     
    An den geräucherten Fisch habe ich mich zunächst nicht rangetraut, obwohl das Raucharoma natürlich toll riecht. Aber nachdem Lu und der Kerl die Haut vom Aal abgezogen und das weiße, weiche Fleisch auf ein Stück Graubrot gelegt haben, will ich auch probieren – und bin angenehm überrascht. Würzig, fettig, rauchig, lecker. Die Schillerlocke hat einen etwas edleren Geschmack als der Aal, war aber noch fetter. Die werden wir sowieso nicht mehr kaufen, denn der Dornhai soll gefälligst seine Bauchlappen behalten. Der Supermarkt-Räucherlachs ist okay, stinkt aber nach dem ganzen Frischfisch total ab.
     
    Für den Kerl war der Abend beendet, für Lu und mich fängt er an. Denn jetzt kommen die restlichen zwei Weißweine und ein roter, zu mehr waren wir dann doch nicht mehr fähig. Wir haben alle Weine mit jeweils Parmesan, Scamorza und Ziegenkäse probiert, dazu ein bisschen von dem mediterranen Gemüse. In die Mitte vom Tisch kam der Spucknapf (vulgo: meine liebste Kuchenrührschüssel), den wir aber nur dazu benutzt haben, die Restweine zu verklappen. Wenn man mehrere Weißweine hintereinander verkostet, muss man übrigens nicht dauernd ein neues Glas nehmen. Man kippt den alten Wein weg, gießt ein bisschen vom neuen ein, schwenkt das ordentlich durch und kippt das dann auch weg. Jetzt ist eher der neue Wein im Glas. Da geht der Muscadet hin. Enter the Riesling.
     
    Unser erster Wein: ein deutscher Riesling vom Weingut Hammel & Cie, Pfalz, 2008, 12%, aus dem Supermarktregal.
     
    Der Wein ist goldgelb und klar. Erste Nase sagt Mango, Lus erste Nase sagt Birne. Zweite Nase bleibt bei Mango (Weinbuch sagt Aprikose). Beim Verkosten kommt ganz hinten im Rachen noch ein Stück Banane dazu. Und außerdem ein seliges Lächeln, denn, meine Fresse, ist dieser Wein großartig. Er bleibt für mehrere Sekunden im Mund, auch wenn der Schluck längst im Magen ist.
     
    Mit Ziegenkäse: Die beiden
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