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Noch nicht mal alleinerziehend

Noch nicht mal alleinerziehend

Titel: Noch nicht mal alleinerziehend
Autoren: Dunja M Pechner
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war, hatte sie jede Menge Figuren um sich, alias Kim Possible, die mutige Comic-Heldin, aufgereiht.
    »Meine Güte, Nora, da stehen Sie ja inmitten einer wahren Menschenansammlung. Spielen all diese Menschen tatsächlich eine Rolle in Ihrem Leben?«
    Nora nickte. »Irgendwie schon.« Sie erklärte detailliert, warum.
    »Wie wirkt das auf Sie, wenn Sie sich dieses Bild aus der Distanz anschauen?«, fragte Rosa und machte ein Foto von Noras Arrangement auf dem Boden.
    Nora überlegte. »Irgendwie wie eine Belagerung. Da ist gar nicht genug Platz für alle.«
    »Wie wäre es, wenn Sie sich Ihr System noch einmal in Ruhe anschauen? Überlegen Sie ganz genau, wen Sie gerne in Ihrem engeren Kreis haben möchten. Wer ist gut für Sie? An wem haben Sie ein aufrichtiges Interesse? Auf wen möchten Sie nie und nimmer verzichten? Wen lieben Sie bedingungslos und wer liebt Sie genauso? Entscheiden Sie das ganz ohne Scheu. So wie Sie es empfinden!«
    Nora überlegte gewissenhaft. Wie in einer Schachpartie fielen die Figuren auf dem Boden, eine nach der anderen. Am Ende hatte sich das Feld mehr als gelichtet: Um Nora standen nur noch ihre Eltern, Geschwister, Neffen und Nichten, Frauke, Sven und Kira, Kim, Marie, Anton und Claire, Luna, Kiki, Senta und Tobi. »Das heißt aber nicht, dass ich die anderen nicht mag.«
    »Darum geht es auch nicht, sondern darum, wer für Sie unersetzlich ist. Wen Sie in Ihrem Leben brauchen. Wenn Sie sich diesen Kreis anschauen, wie viele gibt es, die Sie nicht mit allen Konsequenzen so nehmen, wie Sie sind?«
    Nora überlegte. »Im Grunde nehmen mich alle von denen so, wie ich bin. Natürlich gibt es immer mal wieder Situationen, wie mit meiner kleinen Schwester, die mich für neurotisch hält und gerade nicht mit mir reden will …«
    »Wird sie Sie deshalb ausschließen aus ihrem Leben?«
    Nora musste lächeln. »Nein, ich glaube nicht.«
    »Und können Sie alle, die hier jetzt noch stehen, so nehmen, wie sie sind? Mit allen Konsequenzen?«
    »Ja!«
    »Menschen spiegeln sich gegenseitig, Nora. Und wir sind alle unterschiedlich. Im besten Fall ergänzen wir uns gegenseitig, in anderen Fällen trennt uns das voneinander. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass dies schlecht ist oder dass etwas mit uns nicht stimmt. Wenn wir sicher sind, für uns die richtigen Entscheidungen getroffen zu haben, aus tiefster Überzeugung, dann zeigt dies uns vielmehr, wo wir hingehören, wo wir gut aufgehoben sind und wo nicht. Niemand außer Ihnen entscheidet, in welcher Form und wie Sie Ihr Leben gestalten.«
    Nora traten schon wieder die Tränen in die Augen.
    »Nichts ist in Stein gemeißelt. Sie können sich jeden Tag, jede Stunde und jede Sekunde dazu entscheiden, Ihr Leben zu ändern. In jeder Hinsicht. Wenn Ihnen eine Situation nicht gefällt, dann können Sie entweder versuchen, sie zu verändern, Sie können sie so akzeptieren, wie sie ist, oder Sie können sie verlassen. Das sind Ihre Optionen. Wenn Sie sich entschieden haben, haben Sie lediglich die Konsequenzen zu tragen, bis Sie eine neue Entscheidung treffen. Alles ist selbst gewählt und somit selbst zu verantworten. Solange Sie nicht einen Weg einschlagen, der gegen Sie arbeitet, sind Sie auf dem richtigen Weg.«
    Nora nickte. Sie wollte ihre eigenen Bedürfnisse nicht länger ignorieren, ganz im Gegenteil. Sie hatte viel zu viel Zeit und Energie damit verschwendet, sich zu rechtfertigen, warum sie weder Ehe noch Kinder wollte.
    »Eines möchte ich Sie noch fragen.« Rosa sah ihr direkt in die Augen.
    »Ja?«
    »Wo ist der junge Mann, den Sie zurzeit sehen? Sie haben ihn nie mehr erwähnt, und er scheint in Ihrem System keine Rolle mehr zu spielen.«
    »Das liegt daran, dass ich ihn nicht mehr treffe. Wir hatten unterschiedliche Bedürfnisse. Ich habe das letzte Woche beendet.«
    »Welche Rolle hat Angst bei dieser Entscheidung gespielt?«
    Nora schaute Rosa fragend an. »Angst? Wovor hätte ich Angst haben sollen?«
    »Vor Nähe? Vor Bindung? Vor Verbindlichkeit?«
    »Nein, darum ging es nicht. Ich habe keine Angst, mich zu binden, wenn ich verliebt bin. So viel habe ich herausgefunden. Ich sehe mich nach wie vor nicht vor einem Altar oder im weißen Brautkleid. Aber ich weiß, dass ich das Bedürfnis nach Nähe und Verbindlichkeit habe, wenn ich jemanden liebe. Aber ich war nicht in ihn verliebt. Vielleicht hätte ich das Ganze noch eine Zeit lang aufrechterhalten können, aber dann hätte ich ihn nur noch mehr verletzt. Und dazu mochte ich ihn zu
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