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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin
Autoren: James Clavell
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und schreiben zu lernen.« Bei dem Gedanken an die viele Arbeit, die vor ihm lag, verpuffte Tyrers Glücksgefühl.
    »Könnte es der Shōgun sein?«
    Canterbury lachte. »Keine Chance. Wenn er es wäre, hätten sie die ganze Gegend abgesperrt. Es heißt, daß er ständig einhunderttausend Samurai zur sofortigen Verfügung hat. Aber es dürfte ein bedeutender Mann sein, ein König.«
    »Was tun wir, wenn sie hier vorbeikommen?« wollte sie wissen.
    »Wir werden ihnen den königlichen Gruß erweisen«, erklärte Struan. »Wir ziehen den Hut und rufen dreimal Hurra. Und was werden Sie tun?«
    »Ich, chéri?« Sie lächelte; sie mochte ihn, dachte aber auch an das, was ihr Vater in Hongkong zu ihr gesagt hatte, bevor sie nach Yokohama abgereist war: »Ermutige diesen Malcolm Struan, aber behutsam, mon petit choux. Ich habe es schon getan, diskret natürlich. Er wäre eine wunderbare Partie für dich, deswegen befürworte ich diese Besichtigungstour nach Yokohama ohne Anstandsdame, vorausgesetzt, er begleitet dich auf einem seiner Schiffe. In drei Tagen wirst du achtzehn, Zeit, daß du endlich heiratest. Ich weiß, er ist erst knapp zwanzig und ein wenig jung für dich, aber er ist intelligent, der älteste Sohn, in einem Jahr wird er das Noble House erben – es heißt, daß Culum, sein Vater, weit kränker ist, als die Compagnie öffentlich zugeben will.«
    »Aber er ist Engländer«, hatte sie nachdenklich eingewandt. »Die haßt du doch, Papa, und sagst immer, wir müßten sie auch hassen. Das stimmt doch, oder?«
    »Ja, mon petit choux, aber nicht öffentlich. England ist das reichste Land der Welt, das mächtigste, in Asien sind sie Könige, und Struan’s ist das Noble House – Richaud Frères ist klein. Wir würden unendlich davon profitieren, wenn wir ihre Geschäfte in Frankreich hätten. Mach ihm doch bitte diesen Vorschlag.«
    »Das kann ich nicht, Papa, das wäre… Ich kann’s nicht, Papa.«
    »Du bist jetzt eine Frau und kein Kind mehr, mein Kleines. Du mußt ihn betören, dann wird er es von selbst vorschlagen. Unsere Zukunft hängt von dir ab. Bald wird Malcolm Struan der Tai-Pan sein. Und du, du könntest alles mit ihm teilen…«
    Selbstverständlich würde ich einen solchen Ehemann anbeten, dachte sie, wie klug Papa ist! Wie wundervoll, Französin und daher überlegen sein! Es ist leicht, diesen Malcolm mit seinen seltsamen Augen zu mögen, vielleicht sogar zu lieben. Ach, ich hoffe so sehr, daß er mich fragt.
    Sie seufzte und wandte ihre Aufmerksamkeit der Gegenwart zu. »Ich werde den Kopf neigen, wie wir es im Bois vor Seiner Majestät, dem Kaiser Louis Napoleon, tun. Was ist denn, Phillip?«
    »Vielleicht sollten wir lieber umkehren«, meinte Tyrer voll Unbehagen. »Alle sagen, daß sie nervös werden, wenn wir uns in der Nähe ihrer Fürsten aufhalten.«
    »Unsinn!« widersprach Canterbury. »Es besteht keine Gefahr. Es hat noch nie einen Massenangriff gegeben – wir sind hier nicht in Indien oder Afrika, oder China. Wie ich schon sagte, sind die Japaner äußerst gesetzestreu. Wir halten uns innerhalb der Vertragsgrenzen auf und werden tun, was wir immer tun: sie einfach ruhig vorbeimarschieren lassen, höflich den Hut ziehen wie vor jedem Potentaten und dann weiterreiten. Sind Sie bewaffnet, Mr. Struan?«
    »Selbstverständlich.«
    »Ich nicht«, sagte Angélique schmollend, während sie die Banner beobachtete, die inzwischen nur noch knapp einhundert Meter entfernt waren. »Ich finde, wenn Männer Pistolen tragen, sollten Frauen das ebenfalls tun dürfen.«
    Alle waren zutiefst entsetzt. »Unmöglich! Tyrer?«
    Ein wenig verlegen zeigte Tyrer Canterbury seine kleine Derringer. »Ein Abschiedsgeschenk von meinem Vater. Aber ich habe noch nie damit geschossen.«
    »Das wird auch jetzt nicht nötig sein, nur vor den einzelnen Samurai müssen Sie sich in acht nehmen, entweder allein oder zu zweit, denn das sind die fremdenfeindlichsten Fanatiker. Und vor den Ronin«, ergänzte er dann, ohne nachzudenken. »Keine Angst, wir haben seit über einem Jahr keine Probleme mehr gehabt.«
    »Probleme? Was für Probleme?« fragte sie.
    »Ach, nichts«, antwortete er abwehrend. Er wollte sie nicht beunruhigen und versuchte den Ausrutscher zu kaschieren. »Ein paar Überfälle von einzelnen Fanatikern – nichts Wichtiges.«
    Sie runzelte die Stirn. »Aber M’sieur Tyrer sagte, es hätte einen Massenangriff auf Ihre britische Gesandtschaft gegeben und mehrere Soldaten seien getötet worden. Ist das nicht
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